Grüne sind Gewinner der Kommunalwahl 2020 Markus Lewe (CDU) muss in zwei Wochen in die Stichwahl gegen Peter Todeskino (Grüne) / Keine klare Mehrheit bei 10 Parteien im Rat / SPD größter Verlierer

Sie gehen am 27. September in die Stichwahl zum Amt des Oberbürgermeisters von Münster: Peter Todeskino (Grüne) und Markus Lewe (CDU) (Fotos: Ralf Clausen, Stephan Günther)

Die Grünen sind der große Gewinner der Kommunalwahl 2020 in Münster: sie holten 30,25 % und steigerten damit ihr gutes Ergebnis von 2014 um etwas mehr als 10 Prozentpunkte. Auch wenn es während der Auszählung zwischenzeitlich nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen aussah, landeten sie damit hinter der CDU, die 32,70 % einfuhr. Dafür zwingt das Ergebnis der gleichzeitigen OB-Wahl den Amtsinhaber Markus Lewe (CDU) in eine Stichwahl gegen den Grünen OB-Kandidaten Peter Todeskino. Als weitere Gewinner sind einige kleine, neue Parteien zu betrachten, allen voran die betont europafreundlich und jugendlich auftretende Partei „Volt“, die gleich zwei Vertreter in den Rat schicken wird.

Als größter Verlierer ist die SPD zu betrachten, die von bisher 26,98 % auf 17,60 % fällt. Verloren hat auch die Piratenpartei, die es nach zwei Legislaturperioden nicht wieder in den Rat schafft. Die AfD verliert ebenso Stimmen – gegen den Trend in NRW – und erringt mit 2,19 % nur noch einen Sitz. Die Wahlbeteiligung lag mit 62,96 % leicht über der von 2014 (59,7 %) und erneut deutlich über dem Durchschnitt in NRW (51,5 %).

Die Umfragen von WDR und „Westfälischen Nachrichten“ hatten dem amtierenden Oberbürgermeister Markus Lewe vor kurzem noch eine knappe, aber absolute Mehrheit von 50 bzw. 51 % für seine Wiederwahl in Aussicht gestellt – aber so leicht wollten es ihm die Wähler in Münster wohl doch nicht machen. Nun muss er in 14 Tagen in die Stichwahl gegen Peter Todeskino (Bündnis 90/Die Grünen) gehen, der mit 28,47 % letztlich der erfolgreichste Herausforderer war. Dr. Michael Jung (SPD) blieb mit 16,30 % als Dritter deutlich dahinter.

Anfangs war es noch recht leer im Rathausfestsaal, wo Jochen Temme die Zwischenergebnisse moderierte. Am Eingang wurde jeder Zutritt kontrolliert und gezählt. (Foto: Stephan Günther)
Anfangs war es noch recht leer im Rathausfestsaal, wo Jochen Temme die Zwischenergebnisse moderierte. Am Eingang wurde jeder Zutritt kontrolliert und gezählt. (Foto: Stephan Günther)

Immerhin stolze 44,55 % holte Lewe gegen acht Mitbewerber um das höchste Verwaltungsamt der Stadt. Aber nachdem Moderator Jochen Temme die Ergebnisse verkündet hatte, gab sich Todeskino uns gegenüber im kurzen Gespräch sicher, die Anhänger der anderen Parteien für sich gewinnen zu können. Und genau deswegen wollte er sich auf unsere Nachfrage nicht darauf festlegen, mit wem die Grünen am liebsten koalieren würden. „Jetzt geht der Wahlkampf erst richtig los!“ meinte der grüne OB-Kandidat stattdessen angriffslustig. Und wie will er die Wähler aus den anderen Parteilagern von sich überzeugen? „Oh, da gibt es viele Schnittmengen,“ ist Todeskino überzeugt, „außerdem hat Lewe sich bei all den Diskussionen nicht gezeigt, weder bei den Hafenvereinen noch bei Fridays for Future.“ Markus Lewe ließ sich dagegen von den zahlreich im Rathaus anwesenden CDU-Mitgliedern feiern. Und auch er gab sich kampfbewusst und visierte die Stichwahl am 27. September an: „Wir machen Angebote, nicht Verbote!“

Beim Jubel der Christdemokraten hätte man fast vergessen können, dass ihre Partei zukünftig gar nicht so unbedingt die Stadt regieren wird. Die CDU stellt zwar mit 22 Sitzen die stärkste Fraktion, für eine regierungsfähige Mehrheit im 66köpfigen Rat bräuchte sie aber einen starken Partner wie die Grünen oder die SPD. Wenn diese wiederum sich einigen sollten, reichen ihnen nur zwei Ratsmitglieder der kleinen Parteien, um den Stadtrat ohne die CDU zu führen. Und es haben diesmal noch mehr kleine Parteien und Wählerlisten in den Rat geschafft, als bei der letzten Kommunalwahl 2014. Einige davon sind zum ersten Mal dabei und daher wahrscheinlich schwer einzuschätzen: „Die PARTEI“ und die „Münster Liste – bunt und international (MBI)“ mit je einem Sitz, die Shooting Stars der jungen Partei „Volt“ sogar mit zwei. Dazu kommen FDP und Die Linke mit je drei, ÖDP und AfD mit jeweils einem Vertreter im Stadtrat.

Noch bevor das Endergebnis bekannt war, erschien der OB-Kandidat und Fraktionsvorsitzende der SPD, Dr. Michael Jung, im Rathaus, um seinen politischen Gegnern von den Grünen und der CDU zu gratulieren. Dabei gestand er vor dem versammelten Publikum ein, dass es „ein katastrophaler Wahlabend für die SPD“ sei. Jung ist als scharfer Analytiker bekannt und gefürchtet – damit verschont er offensichtlich auch nicht sich selbst und seine Partei. Ob diese zukünftig Junior-Partner der CDU oder der Grünen wird oder Jung der Oppositionsführer gegen eine Neu-Auflage von Schwarz-Grün, das werden die nächsten Wochen zeigen. Sehr wahrscheinlich erst nach der Stichwahl zum OB am 27. September.

Die detaillierten Ergebnisse der Kommunalwahl - auch für die Bezirksvertretungen und den Integrationsrat - gibt es auf der offiziellen Seite der Stadt.

 

P.S.: Unser Live-Ticker zur Kommunalwahl wurde gestern Abend über 128.000 mal angeklickt. Wir bedanken uns bei allen, die sich für unsere Berichterstattung interessieren. Und hier noch ein paar Fotos aus dem Rathaus:

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