Ömmes bekane! Urlaub in Mochum anne Öle Im 5. Teil der Masematte-Kolumne preist Marion Lohoff-Börger den Sommer in Münster, besonders am Kanal

Inne Öle kannste im Sommer jovel plümpsen gehen oder kneistern, wie die Pünten da entlangtuckern.(Foto: Michael Bührke)
Inne Öle kannste im Sommer jovel plümpsen gehen oder kneistern, wie die Pünten da entlangtuckern. (Foto: Michael Bührke)

Wenn du in Münster lebst, dann musst du im Sommer nicht nach Malle peseln, da kannste ambach jovel Urlaub machen und zwar: in Mochum anne Öle! Auch bekannt als Klein-Muffi. Da hegste alles, wat dein Herz begehrt.

Inne Öle kannste im Sommer jovel plümpsen gehen. Wenn der Lorenz knallert, dann sitz du mit deiner Kaline oder deinem Seegers auffe kratzige Wolldecke am Rand von der Öle. Und, ömmes bekane, mit ner Lowine anne Strotte lässt sich dat gut aushalten. Dann kneistert ihr zusammen (mit den anderen elof Kalinen und Seegers …), wie die Pünten da entlangtuckern und der Lorenz hinter de Schleuse untergeht! Oh, wat ömmes hamel tofte jovel! Dann habt ihr euern Tag jovel gemasselt.

Und wenn ihr echte Masselfreier seid, dann kneistert ihr sogar, wie die MS-Günther vorbeijuchelt. Dat is die Pünte von den kochumen Seegers, der im Kneisterkasten nen Koni voll Penunzen gewonnen hat, weil der hamel mucker in sein Schero drin ist. Und dann hat der dat ganze Moos für son ne Party-Pünte ausgegeben! Maschemau! Aber inzwischen kann der bestimmt jeden Abend kimmel mal so viele Konis mit seine Penunzen in sein Keller schleppen, so hamel makeimert der die Masematten damit. Ja, der Seegers ist „kochum für Mochum“.

Aber wenn ihr nicht den Massel (oder dat Moos) habt, mit der Party-Penunzen-Pünte zu jucheln, dann ist direkt an der Öle ne jovle Pieselbendine. Ömmes bekane, ambach kannste frengeln, picheln, schwofen und joveln. Und nen schummer Kneistertempel und nen paar Jubelschuppen sind da auch. (Unter uns: Den besten Schocklamai von Münster, den hegste am Hansaring inne Kaffeegiesserei (nicht bezahlte Reklame! Ömmes bekane!). Ne tofte Knierfte mit Grünachile oder lecker Kuchen gibt’s ambach auch. Und die Kalinen, die da malochen, die sind kurant und mucker. Böscht da mal hin!

Und jetzt hegt ihr von mich noch nen bisken Klugscheißerwissen für eure Bildung: Wisst ihr eigentlich, warum dat Viertel Mochum, da zwischen Bennohaus und Hafen, auch noch „Klein Muffi“ heißt? Dat will ich euch gerne verkasematuckeln.

Als am Ende des 19. Jahrhunderts der Dortmund-Ems-Kanal gebaut wurde, damit zwischen dem Ruhrgebiet und der Ems eine Verbindung besteht, brauchten die Münsteraner Malocher, die davon Zerche hatten und hamel jovel mit der Lapane und der Spitzhacke wullachen konnten. Und welcher Nachbar is da jovel drin, in dat Bauen von Ölen? Ömmes bekane! Die Holländer! (Polen und Italiener waren da aber auch bei. Nicht, dat die nen Rochus auf mich hegen, weil ich nicht von denen rakawehlt habe… ).

(Foto: Michael Bührke)
(Foto: Michael Bührke)

Und diese Seegers, die hatten ihre Beiskes genau da in der Bendine zwischen der Wolbecker Strehle, der Herz-Jesu-Tiftel und der Öle. Dat is Klein-Muffi. Nach und nach wurde dat ne schofle Bendine. Mackelei und Zoff, schofler Sorrof und Schaumelbeis waren ambach. Für die püken und koscheren Münsteraner war dat nix, vor allem, als sich ambach auch noch ein Lager mit Sinti und Roma ansiedelte und, modewehl, auch noch Kommunisten ihr Unwesen trieben. Die Bendine, die zirochte den Münsteraner hamel in ihre kuranten Zinken und dann hieß die Bendine tacko „Klein-Muffi“.

Wat die jovelste Ironie ist, dat muss ich euch noch verkonsemaknispeln: Die ungeliebten Deutschen werden seit dem zweiten Weltkrieg, wenn sie in Holland abfällig bewertet werden, die „Moffen“ genannt.
„Moffen, Möff, Muffel, muffen, möffeln, Muff, Muffe …“, all diese Wörter haben dieselbe Sprachwurzel und bedeuten „modrig riechen“ oder „verdrießlich dreinschauen“.

Jovel, wat Rakawehle alles kann. Salto rückwärts. Aber gekonnt! Ömmes bekane! Dat müsst ihr euch mal bei der Lowine anne Öle, wenn der Lorenz hinter des Schleuse untergeht, so richtig in euren Schero verdollewinieren.

Is doch alles jovelino in Münster, oder?


Glossar:
peseln: fahren / ambach: da / Mochum: Herz-Jesu-Viertel / Öle: Kanal / Klein-Muffi: Herz-Jesu-Viertel / hegen: haben, bekommen / jovel: gut / plümpsen: schwimmen, baden / Lorenz: Sonne / Kaline: Frau / Seegers: Mann / ömmes bekane: Klarer Fall! / Lowine: Bier / Strotte: Hals, Kehle / kneistern: sehen / elof: tausend / Pünte: Boot, Schiff / ömmes hamel tofte jovel: super gut! / jovel masseln: glücken / Massefreier: Glückspilz / jucheln: fahren / kochum: schlau / Kneisterkasten: Fernseher / Koni: Sack / Penunzen: Geld / hamel mucker: sehr clever / Schero: Kopf / Moos: Geld / Party-Pünte: Vergnügunsschiff / Maschemau: Oh! / kimmel: drei / makeimern: machen / Masematten: Geschäfte / Massel: Glück / Pieselbendine: Kneipenviertel / frengeln: essen / picheln: trinken / schwofen: tanzen / joveln: feiern / schummer Kneistertempel: großes Kino / Jubelschuppen: Disco / Schocklamai: Kaffee / tofte Knierfte: schönes Butterbrot / Grünachile: Salat / malochen: arbeiten / kurant: nett / mucker: schlau / böschen: gehen / verkasematuckeln: erklären / Malocher: Arbeiter / Zerche haben: Ahnung haben / Lapane: Schüppe / wullachen: schwer arbeiten / Rochus: Wut / rakawehlen: erzählen / Beiskes: Häuser / Bendine: Gegend / Mackelei: Prügelei / Zoff: Ärger / schofler Sorrof: schlechter Schnaps / Schaumelbeis: Puff / pük: fein / koscher: in Ordnung, rein / zirochen: riechen / kurante Zinken: hübsche Nasen / tacko: schnell / verkonsemaknispeln: erklären / Rakawehle: Sprache / verdollewinieren: nachdenken, sich etwas durch den Kopf gehen lassen

Wortkunde:

  • Mochum: Jüdisch-deutsch mokem „Stadt, Dorf“; Jiddisch: mokom „Stadt“
  • muffen: furzen. Rotwelsch muffen „stinken, riechen“
  • Muffe: Angst, Hintern, Po, „A-Loch“.
  • Muffensausen: Angst
  • Muffi: Herz-Jesu-Viertel
  • Muffköppe: Holländer
  • Muffen: Schimpfwort der Holländer für Deutsche (!!!!)
  • Möf: Gesicht, Kopf

Für „Geld“ findet man in Siewerts Wörterbuch der Masematte mindestens 15 verschiedene Wörter. Vielleicht weil man in der Funktion der Verdunklung in einer Geheimsprache immer wieder andere, neue Wörter für „Geld“ brauchte? Man sieht zudem hier auch deutlich den Meltig-Pot-Charakter der alten Geheimsprache. Rotwelsch, Jüdischdeutsch, Jiddisch und Romanes sind die unterschiedlichen Quellen aus denen sich die Masematte speist. (Siehe auch alles Münster Masematte-Kolumne Teil II)

  • Balachesen: Geld, Groschen, Gehalt, Finanzen. Rotwelsch bachen „Groschen“
  • Kies: Geld. Rotwelsch: kies „Beutel“
  • Knete: Geld. Ugspr. Deutsch: „Knetmasse“ (weil man Geld lange in Hand hält ???)
  • Lobi: siehe Lowi
  • Lowi: Geld. Romanes: lowo „Geld“
  • Masumm: Jüdischdeutsch: mesummen „Geld“; Jiddisch: mesummonim „Bargeld“
  • Masummes: viel Geld (siehe Masumm)
  • Moos: Geld. Jüdischdeutsch: moos „Geld“
  • Mücken: Geld. Rotwelsch: mücken „Geld“
  • Patte: Geldbörse, Geldttasche, Geld. Romanes: potisa „Tasche“
  • Penunzen: Geld, Gelder, Finanzen. Rotwelsch: penunse „Geld“
  • Poscher: Geld. Jüdischdeutsch: poschet „einfach“; Jiddisch: poschut „Pfennig“
  • Schotter: Geld, viel Geld. Rotwelsch: schoder, schotter „Kupfergeld“
  • Zacharias: Geld
  • Zaster: Geld. Romanes: saster „Eisen“
Quellen:
Siewert, Klaus: von achilen bis zulemann. Das große Wörterbuch der Münsterschen Masematte. Münster, 2009.
Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Berlin, 1999
https://de.wikipedia.org/wiki/Münster-Herz-Jesu-Viertel

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