Kuszis Jägerlatein In der Kolumne "Hausfrau & Mutter, berufstätig" geht es weiter mit dem 4. Teil von „Münster – Mariupol“

Ein guter Jäger. (Foto: privat)
Ein guter Jäger. (Foto: privat)

Die heutige Folge zum Thema „Münster – Mariupol“ in unserer Kolumne übernimmt Seniorkater Kusya, Jäger- und Yogameister, jung im Herzen.

Meinen Namen bekam ich bei meiner ersten Begegnung mit Natalie, an einem warmen Septembertag vor vierzehn Jahren. Sie kam gerade von einer Feier am Strand von Mariupol. Neben ihrem Auto hielt ein kleines Mädchen mich auf dem Arm. Es schaute Natalie an, legte mich am Boden ab und lief davon. Natalie lief entsetzt hinterher, aber das Mädchen blieb verschwunden. Ich war ein winziges Baby, verdreckt und voller Parasiten. Meine Augen leuchteten wie die des schmuddeligen Kerlchens Kuszya aus einer Zeichentrickserie. So wurde ich zugleich adoptiert und getauft. Weil ich für immer so niedlich bin wie ein Katzenbaby, nennen alle mich Kuszi, mit weichem „s“. Täuscht euch nicht, ich bin ein Jäger, und kein schlechter! Ich bekam eine junge und wagemutige Katzenmutter. Nyusha war selbst ein Findelkind aus der Mülltonne und hat mir alles beigebracht, was einen echten Jäger ausmacht. Meine gute Fangquote ist der beste Beweis dafür.

Beim Jagen denke ich oft an meine Katzenmutter Nyusha in Mariupol. (Foto: privat)
Beim Jagen denke ich oft an meine Katzenmutter Nyusha in Mariupol. (Foto: privat)

Ein Jahr später kam der kleine Küchenchef Fila ins Haus, da konnte ich meine Vaterqualitäten zeigen. Jagdqualitäten hat der Junge allerdings nicht. Dabei war er so ausgehungert, dass er niemals richtig satt wird. Er kapiert bis heute nicht, dass ein frischer Fang das beste Futter ist.

Leider wollte meine Katzenmama nicht mitkommen, als wir von zu Hause geflohen sind. Am Tag der Abreise war sie verschwunden. Wir haben alle geweint, besonders Natalie und ich. Viel später schickten Nachbarn ein Bild. Meine Katzenmutter lebt. Sie ist weiterhin als freie Jägerin unterwegs in der Stadt, in der nichts mehr ist wie früher.

Neues Glück in der neuen Stadt. (Foto: privat)
Neues Glück in der neuen Stadt. (Foto: privat)

Nach all dem Stress und der Angst vor den Bomben war ich nur froh, bei netten Menschen in Sicherheit zu sein. Dann hat es mich aus heiterem Himmel richtig erwischt. Keine Ahnung, woher ich den Mut hatte – plötzlich saß ich auf ihrem Schoß und wollte nie wieder aufstehen. Sie blieb eine Ewigkeit mit mir sitzen. Inzwischen ist Fila meinem Beispiel längst gefolgt und ich bin flexibler geworden. Wir wechseln in der Familie von Schoß zu Schoß. Die Nachbarn im Haus haben wir auch gern, mögen Opa und Oma und natürlich lieben wir Natalie und Sascha immer noch. Aber meine neue Liebe – das ist Magie. Ob es daran liegt, dass wir gemeinsam singen? Ja, wirklich, wir machen Katzenmusik vom Feinsten!

Neues Glück in der neuen Stadt. (Foto: privat)
Heldentenor. (Foto: privat)

Meine Stimme hatte ich bisher nur genutzt, um Rivalen zu warnen, bevor sie sich Krallenhiebe einfangen. Nach Futter habe ich auch ab und zu gefragt. Dank unserer Gesangsstunden aber habe ich ein ganz neues Ausdrucksniveau erreicht. Anfangs war ich noch stockheiser, von der trockenen Luft im Auto oder vielleicht auch durch die vielen Angstschreie. Tage hat es gedauert, bis ich endlich Töne formen konnte. Jetzt bin ich ein Heldentenor und ernte beste Kritiken.

Auch sportlich habe ich meiner neuen Liebe viel zu bieten. Seit meiner Jugend trainiere ich Körperspannung und Konzentration. Logischerweise ist Yoga unser gemeinsames Hobby. Sie kann noch viel von mir lernen. Bei Rückenübungen gebe ich sanften Druck von oben, bei Bauchmuskel-Posen liege ich wie zufällig unter ihren angehobenen Gliedmaßen. Das gibt Kraft, noch etwas durchzuhalten. Ihre größte Herausforderung bleibt die Entspannungsphase. Bis ich kam, war das reine Theorie. Jetzt liege ich genau im passenden Moment für genau fünf Minuten reglos auf ihrem Bauch. Schummeln gilt nicht!

Entspannung im Alltag – für einen Yogi selbstverständlich. (Foto: privat)
Entspannung im Alltag – für einen Yogi selbstverständlich. (Foto: privat)

Kleinen Altherrenproblemchen begegne ich übrigens durch vorbildliche Kooperation mit der Tierarztpraxis. Alle lieben mich, weil ich so hübsch bin und völlig stillhalte. Natürlich fresse ich immer brav mein Diätfutter, damit die blöden Blasensteine nicht wiederkommen. Es schmeckt super, Fila kann das bestätigen. Fila unterstützt mich beim Projekt Ruhepol. Für die Menschen hier ist Abschalten ein Fremdwort. Wir sorgen dafür, dass sie ein paarmal am Tag richtig runterfahren. Notfalls schalte ich heimlich das Internet ab. Den Feierabend läutet Fila ein – er freut sich so auf das Leckerchen. Und dann ist Ruhe im Karton. Wir schnurren, sie atmen. Von uns aus kann das ewig so weitergehen!

… dieser Anschluss ist vorübergehend nicht erreichbar. (Foto: privat)
… dieser Anschluss ist vorübergehend nicht erreichbar. (Foto: privat)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert