Friedlich, bunt und laut 30.000 Menschen protestierten gegen den Neujahrsempfang der AfD

Die Demonstrierenden gegen den AfD-Neujahrsempfang strömten von allen Seiten auf den Prinzipalmarkt. (Foto: Michael Bührke)
Die Demonstrierenden gegen den AfD-Neujahrsempfang strömten von allen Seiten auf den Prinzipalmarkt. (Foto: Michael Bührke)

Waren es in den vergangenen Jahren meist zwischen 5.000 und 10.000 Menschen, die gegen den Neujahrsempfang der AfD im historischen Rathaus demonstrierten, versammelten sich diesmal nach Polizeiangaben beeindruckende 30.000 Menschen auf dem Prinzipalmarkt und dem Domplatz, um sich für die Demokratie und gegen faschistisches Gedankengut zu engagieren. Musikalisch unterstützt wurden sie dabei unter anderem von den „Donots“, „Kapelle Petra“ und zahlreichen Rednerinnen und Rednern unterschiedlicher sozialer und politischer Organisationen.

Es war laut, sehr laut sogar. Sollte es das Ziel der AfD gewesen sein, einen ungestörten Neujahrsempfang im Rathausfestsaal abzuhalten, dürfte der Plan ins Wasser gefallen sein. Anders als bei vorangegangenen Veranstaltungen, in denen auch schon mal Parteigrößen wie Frauke Petry oder Björn Höcke als Hauptredner antraten, waren diesmal mit dem stellvertretenden Bundessprecher Peter Boehringer und dem Landesvorsitzenden der AfD in Sachsen-Anhalt, Martin Reichardt, eher weniger prominente Vertreter der Rechtsaußenpartei am Start. Mit dem demokratischen Rechtsstaat stehen allerdings beide auf Kriegsfuß, wie sie mehrfach bewiesen haben. Direkt abgedreht hat der dritte eingeplante Redner Dr. Martin Vincentz, Vorsitzender der NRW-AfD, als er die Gruppe von Demonstrierenden sah, die am Syndikatplatz versuchte, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Neujahrsempfangs am Zutritt zu hindern.

Aufgrund des hohen Andrangs wurde bereits im Vorfeld der Domplatz als Ausweichfläche genannt. (Foto: Michael Bührke)
Aufgrund des hohen Andrangs wurde bereits im Vorfeld der Domplatz als Ausweichfläche genannt. (Foto: Michael Bührke)

Eines war den Organisatorinnen und Organisatoren des Bündnis „Keinen Meter den Nazis aus Münster“ nach den Erfahrungen mit der Demo gegen Rechts vom 19. Januar allerdings klar: Es wird nicht nur laut, sondern auch groß, sehr groß! Aus diesem Grund wurde erstmals auf dem Domplatz ein Ausweichort mit Live-Übertragung der Reden vom Prinzipalmarkt angeboten. Der Zugang zwischen Prinzipalmarkt und Domplatz allerdings wurde gesperrt. Dass dann leider der Großbildmonitor schwarz blieb, war zwar ärgerlich, hielt Tausende Menschen aber nicht davon ab, auf der Ausweichfläche auszuharren und wenigstens den Reden zuzuhören. Und derer gab es einige.

Carsten Peters vom Bündnis machte in seiner Rede klar, warum es notwendig ist, im Kampf gegen Rechts nicht nachzulassen: „Wir müssen uns positionieren und wir müssen unmissverständlich klarmachen, keinen Schritt weiter, keinen weiteren Ruck nach rechts, keinen Meter den Nazis. Die faschistischen Gedanken sind längst wieder unter uns. Sie waren auch nie vollständig weg. Viel zu lang wurde um eine Einordnung der AfD gerungen. Nun sitzt sie in den Parlamenten und es ist klar, es ist eine Partei, in der Faschistinnen und Faschisten den Ton angeben und die genau deshalb gewählt werden. Jede Generation ist aufgefordert, diese tödliche Ideologie zu bekämpfen. Jetzt sind wir gefordert, denn nie wieder ist jetzt.“

Bei den zahlreichen Redebeiträgen kam auch das Recherchekollektiv "Busters" zu Wort. (Foto: Jasmin Otman)
Bei den zahlreichen Redebeiträgen kam auch das Recherchekollektiv „Busters“ zu Wort. (Foto: Jasmin Otman)

Deutliche Worte fand zum Beispiel Gabriel Löw von den Busters, der rechte Politik nicht nur bei der AfD ausmachte: „Rechte Politik muss bekämpft werden, egal ob sie von der AfD, oder von den Parteien der ‚Mitte‘ kommt. Wir dürfen rechte Politik nicht mit rechter Politik bekämpfen. Denn die Realität zeigt: Wenn die Parteien der sogenannten Mitte rechtsradikale Themen aufgreifen, dann legitimieren und normaliseren sie den rechtsradikalen Diskurs und stärken die radikale Rechte langfristig.“

Martin Mustroph von der evangelischen Kirche appellierte an den Durchhaltewillen der demokratischen Kräfte in Münster: „Jedes Jahr im Februar müssen wir uns hier auf dem Prinzipalmarkt die Füße platt stehen, weil eine rechtsextremistische Partei in unser schönes münstersches Rathaus zum Neujahrsempfang eingeladen hat. Es nervt, aber was bleibt uns da anderes übrig als mal wieder und jetzt erst recht hier nach dem Rechten zu schauen? Wann begreift die AfD endlich, dass sie in unserer Stadt nicht willkommen ist?“

(Foto: Tessa-Viola Kloep)
(Foto: Tessa-Viola Kloep)

Musikalisch war der Abend ähnlich bunt wie die Fahnen und Plakate der Demonstrierenden. Das Akustikduo Cuppatea, die Leute des BlumeBlau-Labels, Mayomann & Backfischboy, Mujo, Teleluke & Melchior und natürlich die Haupt-Acts des Abends, Kapelle Petra und die Donots, unterstützen die Besucherinnen und Besucher der Kundgebung nach Kräften bei ihren Bemühungen, dem Neujahrsempfang der AfD akustisch etwas entgegen zu setzen.

Für eine Veranstaltung in dieser Größenordnung musste die Polizei nur selten einschreiten. (Foto: Thomas Hölscher)
Für eine Veranstaltung in dieser Größenordnung musste die Polizei nur selten einschreiten. (Foto: Thomas Hölscher)

Nach Aussage der Polizei war die Veranstaltung insgesamt sehr friedlich. Einige Demonstranten versuchten allerdings, Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Zugang zur AfD-Veranstaltung zu hindern. Dabei kam es vereinzelt zu Rangeleien. Die Polizei fertigte insgesamt 17 Strafanzeigen, unter anderem wegen Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und Verstoß gegen das Vermummungsverbot aus dem Versammlungsgesetz. 12 Personen erhielten Platzverweise (Stand: 20:30 Uhr).

Münster hat mal wieder gezeigt, dass es bunt und weltoffen ist, rechtes Gedankengut, Rassismus, Ausgrenzung und Menschenverachtung treffen hier zuverlässig auf den geballten Widerstand einer breiten bürgerlichen Mehrheit innerhalb der Bevölkerung und das über Partei- und Interessensgrenzen hinweg. Danke Münster!

Fotostrecke: Demo gegen die AfD (16.02.24)

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