Ratsparteien streiten über Schwimmbäder Prüfbericht der Verwaltung stellte Fehlfunktionen der Kassenautomaten und andere Schlampereien fest / Läuten Parteien mit Streit Wahlkampf ein

Falsch programmierte Kassenautomaten und andere Schlampereien rund um die städtischen Bäder führen jetzt zum Streit zwischen den Parteien im Stadtrat. (Foto: Thomas Hölscher)
Falsch programmierte Kassenautomaten und andere Schlampereien rund um die städtischen Bäder führen jetzt zum Streit zwischen den Parteien im Stadtrat. (Foto: Thomas Hölscher)

Für kommunalpolitischen Wirbel sorgte in dieser Woche ein interner Prüfbericht der Verwaltung über die Schwimmbäder der Stadt Münster. Bemängelt wurde vor allem, dass sie viel weniger Besucher hätten als angegeben, es durch eine Fehlfunktion der Kassenautomaten „zu Einnahmeverlusten in bis zu sechsstelliger Höhe gekommen“ sei und darüber weder die Ratspolitiker noch die Verwaltungsspitze informiert worden seien. Nachdem die Kollegen von den Westfälischen Nachrichten in dieser Woche nahezu täglich darüber berichteten, haben sich inzwischen auch einige der Parteien zu den Vorgängen gemeldet. Denn schließlich wird der Rat in diesem Herbst neu gewählt, da müssen sich die Politiker schon mal für den Wahlkampf in Stellung bringen.

„Bei den Bädern gehört jetzt alles auf den Prüfstand“, stellte der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Michael Jung laut einer Pressemeldung seiner Partei fest. Nachdem CDU und Grüne zwei Jahre damit vergeudet hätten, die Sportverwaltung damit zu beschäftigen, eine Ausgliederung durchzuführen, die dann doch nicht stattfindet, sei nun klar, dass offenbar die Kontrolle im Alltagsgeschäft völlig verlorengegangen sei. „Man sieht nun, wohin fehlende politische Führung durch Oberbürgermeister Lewe in Kombination mit sinnfreien Prüfaufträgen der Ratsmehrheit führen“, so Jung. Bereits früher sei festgestellt worden, dass die überwiegende Zahl an Eintrittskarten ohne Berechtigungsnachweis zum halben Preis ausgegeben werde, nun seien es viel weniger Besucher als berechnet. Offenbar seien die Bäderbetriebe grundlegend falsch organisiert. Nötig sei jetzt eine umfassende Aufarbeitung des Vorgangs. „Eines ist jedenfalls jetzt schon klar. Münsters Bäder ziehen in ihrer jetzigen Struktur noch weniger Menschen an, als wir bisher schon wussten“, meinte Jung und eröffnete schon mal den Wahlkampf: „Wir brauchen endlich auch eine offene Diskussion über die verfehlte Bäderstruktur und einen Neuanfang mit einem attraktiven Angebot.“ Wir erinnern uns: ein Familien- und Spaßbad für Gievenbeck war bei der letzten Kommunalwahl 2014 eines der großen Wahlversprechen der SPD.

Die Replik der so angegriffenen CDU kam prompt: sie erinnert daran, dass bis zu den von ihr durchgesetzten Neuverteilung der Dezernatskompetenzen die Stadträtin Cornelia Wilkens von der SPD für das Sportamt zuständig gewesen sei. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Stefan Weber baut nun darauf, dass der seit 1. Januar 2020 nun auch für die Bäder zuständige Stadtdirektor Thomas Paal (CDU) „wirksam duchgreifen“ wird. „Wir sind schon länger unzufrieden gewesen mit der Bäderverwaltung und haben deshalb die Zuständigkeiten neu geregelt“, sagte Weber. Diese Ratsentscheidung aus dem Sommer 2019 sei auf Initiative der CDU mit den Grünen beschlossen worden, gegen die Stimmen von SPD, FDP, Linke, Piraten/ÖDP und AfD, wie die Pressemitteilung betont. „Thomas Paal ist ein versierter und durchsetzungsstarker Spitzenbeamter, der für Ordnung sorgen wird“, fügte Weber für die Zukunft optimistisch hinzu.

Rüdiger Sagel, der seit seinem Austritt bei den Linken als Fraktionsloser im Stadtrat sitzt und im September mit einer kürzlich neu gegründeten „Aktiven Liste Münster“ wieder in den Stadtrat ziehen will, fordert einen „Runden Tisch zur Aufklärung der Misstände“, zu dem Oberbürgermeister Lewe kurzfristig einladen müsse. „Das erneute Desaster in der Verwaltung und der Bäderlandschaft Münsters wirft ein katastrophales Bild auf die Verwaltungszustände, für die der Oberbürgermeister die Verantwortung trägt“, so Sagel, der derzeit Mitglied im Finanzausschuss ist. „Nach der bereits gescheiterten Bäderübertragung vor zwei Jahren wurden offensichtlich in der Verwaltungsspitze konsequenzlos weiter gemacht wie gehabt. Damals musste bereits kurzfristig auf höchster städtischer Ebene eingeladen werden, um ein finanzielles Debakel zu vermeiden. Nun liegt hier erneut ein eklatantes Versagen der Verwaltungsspitze vor. Bereits damals wurden warnende Hinweise, die es durchaus gegeben hat, seitens der Stadt immer beiseite gelegt. Jetzt ist das Kind offensichtlich erneut in den Brunnen gefallen und auch die CDU/Grüne Koalition muss sich fragen lassen, wie in ihrer städtischen Führungsriege gearbeitet wird.“

Der Ton ist also gereizt, wir werden in den kommenden Wochen und Monaten sicher noch weitere Stimmen zum Thema hören. Es scheint sich bei der Gemengelage jedenfalls zum Wahlkampf zu eignen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert