Alles jovelino in Münster ambach, oder? Teil 1 unserer neuen Masematte-Kolumne mit Autorin Marion Lohoff-Börger

Die andere Seite von dat „jovle“ Münster. (Foto: Michael Bührke)
Die andere Seite von dat „jovle“ Münster. (Foto: Michael Bührke)

Masematte gehört zu Münster wie der Aasee, die Promenade und die Fahrräder. Doch nur wenige Menschen kennen diese alte Geheimsprache so gut wie die Autorin Marion Lohoff-Börger. Ab heute veröffentlicht die Masematte-Expertin bei ALLES MÜNSTER regelmäßig in ihrer Kolumne „…alles jovelino?“ Spannendes, Witziges, Hintergründiges und Nachdenkliches rund um unsere Domstadt. Und nun hamel Jontef!

Münster, dat is ja ne tofte Stadt, wo alles jovel pük und koscher is. Auffe Nobelstrehle, da glänzt, wenn es meimelt, dat Kopfsteinpflaster mit de kuranten Sachen inne Fineten vonne Kabachen umme Wette. Aber wenn de die Strehlen ausse Stadt rausböscht, Richtung Kinderhaus, Coerde oder Berg Fidel, dann kneisterste die andere Seite von dat „jovle“ Münster. Dann ist Münster mehr schofel als jovel. Ömmes. Lasst euch dat mal von mich verkasematuckeln:

Die Seegers und Kalinen, die da in die großen Bauks an wohnen sind, die ham nich so kurante Beiskes wie auffe Nobelstrehle. Die Bauks sind tofel und oft machulle. Da gibt dat so Stachos, die biggen die Bauks und fordern ne jackes Miete, aber makeimern nix an die. Dat die von innen mal nen Krauter gereunt hätten (also die Bauks, nich die Stachos, sonst wär dat ja nen Schmarrer … haha ), dat muss hamel lange her sein. Die Dickbälger nennt man Heuschrecken. Da ham die inne Masematte kein Wort für, die würden schmusen, dat dat Figinenköster sind. Oder schofle Juchelos! Ömmes.

Und die Seegers und Kalinen, die da wohnen, die müssen oft nach dat Burkbeis hin. Lau Maloche ambach. Und dann fühlen die sich wie die Wahlis. Ömmes bekane. Und als nächstes glauben die, die müssten sich einen anschickern, weil dat sonst nich auszuhalten wäre. Modewehl! Ja und wat is mit die Kotens von die Burkanten, Boofken und Bunken? Auf’n jovlen Patt für ihr eigenes  Leben werden die nich gebracht. Und dann geht die ganze Schonte von vorne los. Ömmes bekane: Schickern, Schoren, Schmisse, später ab und zu in Schemmbeis rein oder inne Nasenbleiche. Und die Kotens sind an Planningen. Wenn se nich auf ihre geschorten Handys kneistern. Modelwehl.

Und wenn ich mich dat dann verdollewiniere, wat da schon wieder für Stachos in unser „kurantes“ Ratsbeis inne Nobelstrehle an sitzen sind … . Maschemau, da heg ich aber die Sorgenrunzeln in mein Jöl. Dat ganze Geseiere, von wegen die Kalchusen und Pattjacken, dat die nich ambach sein sollen …, wenn meine Lauschers dat hören, heg ich voll den Rochus.

Damals die Masematten-Sprecher, dat waren zum großen Teil ticknoe Klünts, Krauter, Halbkarötter und Tippeljöner, die jeden Tag ums Überleben kämpfen mussten und oft Brassel mit de Husche hatten. Viele davon waren Sinti und Roma (Zintis) und viele auch Juden(Keimkes, Matzeachiler oder Beisrols* würden die auf Masematte schmusen). Und wat is mit die passiert? Muckert dat eigentlich jemand in Münster, dat die Masematte nich mehr rakawehlt wird wegen die nerbelo und schoflen Nazis und den zweiten Weltkrieg? Muckert dat einer? Alle mulo gemacht und die Beis sind von Krieg machulle. Verdolleweniert euch dat mal in euren Schero.

Aber heute is auf Münsters Nobelstrehle, wie es scheint (und glitzert …), alles jovelino ambach, oder? Hauptsache die Nobelstrehle glänzt.


Glossar

jovelino: bestens / ambach: da, hier / tofte: gut, schön / jovel: gut, schön / pük: fein / koscher: sauber / Nobelstrehele: Prinzipalmarkt / meimeln: regnen / kurant: hübsch / Fineten: Fenster / Kabache: Laden / Strehle: Straße / böschen: gehen / kneistern: sehen / ömmes: in der Tat / verkasematuckeln: erklären / Seegers: Männer / Kalinen: Frauen / Bauks: Haus / Beiskes: Häuschen / tofel: alt / machulle: kaputt / Stachos: übler Kerl / biggen: kaufen / jackes: teuer / makeimern: machen / Krauter: Handwerker / Schmarrer: Arzt / reunen: sehen / hamel: sehr / Dickbälger: Reiche / schmusen: sagen / Figinenköster: Betrüger / schofler Juchelo: gemeiner Hund / Burkbeis: Arbeitsamt / lau maloche ambach: keine Arbeit hier / Wahlis: Versager / ömmes bekane: klarer Fall / anschickern: antrinken / Modelwehl: oh je, oh ja / Koten: Kind / Burkanten: Arbeitslose / Bofken, Bunken : sozial schwache Menschen / Schonte: Scheiße / schickern: trinken / schoren: klauen / Schmisse: Schlägerei / Schemmbeis: Gefängnis / Nasenbleiche: Entziehungskur / plannigen: weinen / verdollewinieren: nachdenken / Ratsbeis: Rathaus / Jöl: Gesicht / Kalchusen, Pattjacken: Fremde, Ausländer / Rochus: Wut / tickno: klein / Klünt: kleiner Handwerker / Halbkarötter: Armer / Tippeljöner: wandernder Handwerker, Landstreicher / Brassel: Ärger / Husche: Polizei / Keimkes, Matzeachiler, Beisrols: Juden / muckern: merken / rakawehlen: sprechen / nerbelo: verrückt / mulo: tot / Schero: Kopf

 

Kleine Wortkunde Masematte: Keimkes, Matzeachiler oder Beisrols

Bekannt sind in der Masematte drei verschieden Wörter für Juden.

Beisrol:  Im jüdisch-deutschen Sprachgebrauch bajisroel. Hier wird die hebräisches Herkunft und Bedeutung schnell deutlich, [bar jisra’ae:l] bedeutet „Sohn Israels“.

Keimken: Abwandlung des jüdischen Eigennames „Chaim“, (hebr. Xajim). Ein, wie hier männlicher, Eigenname wurde als Bezeichnung für eine ganze Volksgruppe verwendet.
Im Jiddischen bedeutet „Chajim“ „die Lebenden“. Das Rotwelsche, eine alte Gaunersprache aus dem Mittelalter machte daraus „chaim“ .

Matzeachiler: bedeutet übersetzt „Matzenbrot-Essender“. Matzenbrot ist „ungesäuertes Brot“, ein dünner Fladen ohne Triebmittel gebacken, der von religiösen und traditionsverbundenen Juden während des Pessach gegessen wird.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert