Liebeserklärung an den Wochenmarkt Barbara Blasum lädt in ihrem Gastbeitrag zum Einkaufsbummel auf den Markt am Domplatz ein

Auch mit Maske ist der Marktbesuch reizvoll. (Foto: Thomas Hölscher)
Auch mit Maske ist der Marktbesuch reizvoll. (Foto: Thomas Hölscher)

Zu den  wenigen Höhepunkten, die uns in diesen Zeiten geblieben sind, zählt der wöchentliche Bummel auf dem Wochenmarkt. Vielleicht sehen wir uns dort heute auch? Passend dazu hat Barbara Blasum uns einen Gastbeitrag zugesandt, der vorzüglich zur Einstimmung auf den Wochenmarktbesuch auf dem Domplatz geeignet ist.

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Seit Wochen immer dasselbe: nur Seh-Leute flanieren über den historischen Prinzipalmarkt mit seinen attraktiven Läden in Münster. Viele von ihnen wären ob der Sale-Preise in den Auslagen potentielle Käufer, wenn, ja wenn, dieses Corona-Virus uns nicht alle in Schach halten würde. Kaufen ist nicht, nur sehen. Da die Auslagen momentan auch nicht gewechselt werden können, hält sich der Besucherandrang in Grenzen.

Nur am Mittwoch und Samstag scheint die Ruhe in der Stadt unterbrochen zu werden. Dann sieht man mehr Menschen als sonst geschäftig, mit Beuteln und Taschen zum Domplatz strömen, denn dort ist Wochenmarkt von 7.00 bis 14.30 Uhr. Endlich ist wieder etwas los, Waren und Menschen! Diese Aussicht beflügelt viele, auch wenn Maskenpflicht angesagt ist. Die Münsteraner warten in stoischer Gelassenheit und entsprechendem Abstand in mehr oder weniger langen Schlangen vor „ihrem“ Stand und freuen sich, dass so etwas Schönes wie der Wochenmarkt bei uns möglich ist, trotz der Pandemie.

Unser Wochenmarkt gehört mit zu den schönsten in Deutschland und ein Besuch ist für Einheimische und Auswärtige Pflicht. Egal von welcher Seite der Markt betreten wird, stellt der Gast sehr schnell fest, dass dieser Besuch ein duftendes und sinnliches Erlebnis zu jeder Jahreszeit ist. Allein die Farbenpracht und der Duft der Blumen- und Obststände tragen erheblich dazu bei. Beim Caféstand genießt man bei einer Tasse Kaffee, vielleicht mir Croissant, den Anblick der über 100 Stände auf dem Domplatz, der Wiege Münsters.

Die Fleischergasse ist lang, und hier ist Mettendchen nicht gleich Mettendchen. (Foto: Thomas Hölscher)
Die Fleischergasse ist lang, und hier ist Mettendchen nicht gleich Mettendchen. (Foto: Thomas Hölscher)

Danach lädt die Fleischergasse, eher eine Allee, mit ihren vielen unterschiedlichen Produkten spontan zum Besuch ein. Der Duft ist unwiderstehlich! Man wird förmlich von ihm aufgesogen. Der schönste und größte Schweinepopo liegt dort übrigens nicht etwa hinter der Theke. Nein, er befindet sich auf der Tür des Standes vom Archehof, der eine ganz besondere und überaus wichtige Aufgabe hat. „Erhalten durch Aufessen“ lautet die Devise, d.h. viele der alten robusten Rassen, besonders die Bunten Bentheimer können, sollen und dürfen sich hier prächtig entwickeln. Nicht nur zu Ostern gibt es neben dem überaus saftigen und daher schmackhaften Fleisch naturbunte Eier, die den gefärbten Ostereiern gern den Rang ablaufen. Ob türkis, dunkelbraun oder weiß, je nach Art des Huhnes fällt die Farbe aus. Doch daneben liegen winzig kleine Eier, nicht größer als ein Daumennagel. Das sind Wachteleier, die nicht nur gut schmecken, Allergiker haben sogar das Gefühl, dass sie ihnen richtig guttun und auf einem Buffet sehen sie einfach attraktiv aus.

Aber weiter geht’s. Die Fleischergasse ist lang, und hier ist Mettendchen nicht gleich Mettendchen. Sie können Pfefferbeißer heißen oder auch Nussknacker. Das sind dann Mettendchen mit Walnüssen. Aus einem Frankreichurlaub brachte der letzte Hofschlachter des Wochenmarktes die Idee dazu mit. Geschmacklich der helle Wahnsinn! Wer möchte (und Humor hat) kann sie auch als „Westfälischen Rosenkranz“ kaufen. Diese sieben zum Kranz gebundenen Mettendchen sind nicht nur originell sondern ein Genuss und Muss z.B. zum Fußballabend oder Ausflug. Viele Händler kennen ihre Kunden und haben nicht nur gute Tipps zum Verarbeiten ihrer Waren, sondern auch immer einen flotten Spruch bereit. Die Erkenntnis, dass ein überaus mageres Stück Fleisch nur schwer geschmackvoll wird, setzt sich inzwischen durch. Auf dem Markt ist der Kunde wirklich König und keine anonyme Nummer. Hinter jedem Stand steckt (s)eine Geschichte und niemand kauft die Katze im Sack.

Viele bunte Farben sind auf dem Markt zu sehen - und man kann sie sich sogar mit nach Hause nehmen! (Foto: Thomas Hölscher)
Viele bunte Farben sind auf dem Markt zu sehen – und man kann sie sich sogar mit nach Hause nehmen! (Foto: Thomas Hölscher)

Beim Weitergehen läuft aber spätestens jetzt jedem Besucher unweigerlich das Wasser im Mund zusammen, denn nun geht es an die Nordsee. Im nächsten Gang haben sich nämlich die Fischleute niedergelassen. Für viele ist der Genuss der Kibbelings beim holländischen oder deutschen Fischhändler an Markttagen Programm. Dafür kann man sich auch mal etwas länger anstellen und dabei überlegen, ob eine geräucherte Makrele nicht ebenfalls gut zu Hause gut ankommen würde.

Sollen wir noch ein Brot oder Kuchen mitnehmen? Die Stände mit Backwaren, ob Bio, Holzbrot oder „normal“ bieten eine riesige Auswahl. Wer Küchenschätze nach traditionellen überlieferten und bewährten Rezepten sucht und auch für Neues aufgeschlossen ist, wird auf dem Markt fündig. Aber hat jemand an die bunte Käseplatte für heute Abend gedacht? Wie gut, dass es die berühmten „Käsetüten“ gibt, die aber keine Wundertüten mit negativen Überraschungen sind. Wünsche nach mild oder kräftig können gerne geäußert werden. Auch dahinter steckt eine Geschichte, die man kennen sollte. Wenn Zeit ist, gibt sie der Händler gerne preis. Aber zum Abschluss muss es noch etwas Süßes sein.

Ein Besuch auf dem Wochenmarkt führt uns mit seinen Produkten von der Nordsee bis ans Mittelmeer, ja sogar bis in den Orient. (Archivbild: Thomas Hölscher)
Ein Besuch auf dem Wochenmarkt führt uns mit seinen Produkten von der Nordsee bis ans Mittelmeer, ja sogar bis in den Orient. (Archivbild: Thomas Hölscher)

Falls jemand ein geschmacklich himmlisches Gaumenerlebnis mit nach Hause bringen möchte, ist eindeutig der Flirt mit einer Zimt- oder Hochzeitsmandel angesagt. Bei ihr gibt es vom Händler, der seinen Stand in der Nähe des Paradieseingangs zum Dom aufgestellt hat und Assoziationen an einen Märchenerzähler aus 1001 Nacht aufkommen lässt, eine Geschichte gratis dazu. Dieser Mann hat es geschafft, seine Wurzeln in zwei Stück Erde zu stecken und auf diese Art und Weise hier heimisch zu werden. Sein origineller Standname setzt sich aus den Anfangsbuchstaben seines Namens und dem seiner Frau zusammen. Daraus kann nur „Prachtvolles Gold“ entstehen. Ihm ist es in der Tat ein Anliegen, eine Brücke zu schlagen zwischen Orient und Okzident. Er hat stets einen Scherz auf den Lippen und etwas zum Probieren auf seiner Warenschaufel – ein Besuch seines Standes ist auf jeden Fall spannend und immer ein positives Erlebnis! .

Es ist aber nicht nur das vielfältige Warenangebot, sondern auch und gerade die Menschen sind es, die unseren Markt so einzigartig und vielfältig machen. Ein Besuch führt den Neugierigen produktmäßig von der Nordsee bis ans Mittelmeer, ja sogar in den Orient und tut uns gerade jetzt – mit dem nötigen Abstand natürlich und mit Maske – einfach gut.

Die Heilige Teresa von Avila machte sich unter anderem unvergesslich mit ihrer Aussage: „Tue deinem Leib etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.“ Wenn nicht auf dem Wochenmarkt, wo dann?
In diesem Sinn: Alle Daumen hoch für den Wochenmarkt in Münster!

Von unserer Gastautorin Barbara Blasum

Wer hätte das gedacht? Unser Wochenmarkt hat sogar eine Homepage: www.wochenmarkt-muenster.de - dort sind jeweils auch die aktuellen Änderungen wegen der Corona-Pandemie zu finden.

 

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