Die Stadt Münster hält es nicht für notwendig, die Bauarbeiten am Hafencenter zu stoppen. Das wird von vielen Anwohnern und einigen lokalen Politikern spätestens seit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts gefordert, das den Bebauungsplan für unwirksam erklärt hat. Die Verwaltung der Stadt hat heute ihre Begründung für die Entscheidung veröffentlicht, die wir im Folgenden ungekürzt und unkommentiert veröffentlichen – inklusive der manchmal etwas sperrigen Formulierungen der Verwaltungsjuristen.
Die Bauarbeiten für das neue Hafencenter werden weiter fortgesetzt. Die Grundlage ist ein rechtskräftiger Bauvorbescheid sowie eine erteilte Baugenehmigung. Beide behalten auch nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) ihre Gültigkeit, das den vorhabenbezogenen Bebauungsplan für unwirksam erklärt hat. Ein Nachbar hat vor wenigen Tagen einen sogenannten Eilantrag beim Verwaltungsgericht eingereicht, um die laufenden Bauarbeiten für den neuen Gebäudekomplex am Hansaring zu stoppen. Zuvor hatte dieser Nachbar bereits Klage gegen die Baugenehmigung eingereicht und beim Bauordnungsamt einen Baustopp beantragt.
Wie sieht die Situation aus Sicht der Verwaltung aus? Im Planungsausschuss am 21. Juni haben die Verwaltung und die beratenden, auf Baurecht spezialisierten Juristen ihre Einschätzung dargelegt: Aufgrund des rechtskräftigen Bauvorbescheids geht die Verwaltung davon aus, dass das Verwaltungsgericht die Klage gegen die Baugenehmigung abweisen wird. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass der Eilantrag mit dem Ziel eines Baustopps keinen Erfolg haben wird.
Die Verwaltung wird zeitnah ein sogenanntes Heilungsverfahren einleiten, mit dem die vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Mängel am vorhabenbezogenen Bebauungsplan korrigiert werden können. Es ist das erklärte Ziel der Verwaltung, mit diesem Verfahren die vom OVG benannten Punkte aufzugreifen und für Klarheit, Transparenz und Nachvollziehbarkeit insbesondere bei den Verkehrs- und Immissionsthemen zu sorgen. Daher werden die vom Gericht bemängelten Gutachten überarbeitet. In einem nächsten Schritt werden dann Anregungen aus der Öffentlichkeit und von betroffenen Behörden eingeholt.
Die Chronologie des Hafencenter-Projekts
Um die rechtlichen Voraussetzungen für die Realisierung des Hafencenters zu schaffen, hat der Rat 2016 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan beschlossen. Nach dem Inkrafttreten dieses Bebauungsplanes hat der Bauherr eine sogenannte Bauvoranfrage eingereicht. Hierbei handelt es sich um einen vorweg genommenen Teil der Baugenehmigung, in der zunächst ausschließlich bauplanungsrechtliche Aspekte geprüft wurden. Bei der Prüfung dieser Bauvoranfrage handelt es sich um eine sogenannte gebundene Entscheidung der Verwaltung. Das bedeutet, dass der Antragsteller ein Anrecht auf einen sogenannten Bauvorbescheid hat, wenn er alle Voraussetzungen erfüllt. Diese Situation war aufgrund des Bebauungsplanes gegeben, so dass das Bauordnungsamt einen positiven Bauvorbescheid erteilt hat. Gegen diesen Bauvorbescheid hätten die betroffenen Nachbarn ebenfalls bereits eine Klage vor dem Verwaltungsgericht einreichen können, haben aber von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Nach Ablauf der Klagefrist ist der Bescheid daher rechtskräftig und unanfechtbar geworden.
Die Zulässigkeitsfragen, die im Rahmen der Bauvoranfrage bearbeitet wurden, mussten im Rahmen der Baugenehmigung, die das Bauordnungsamt am 30. Oktober 2017 erteilt hat, nicht erneut geprüft werden, weil dies bereits im Rahmen der Bauvoranfrage geschehen war. Das OVG hat den vorhabenbezogenen Bebauungsplan zwar für unwirksam erklärt, das Urteil ist am 5. Juni 2018 rechtskräftig geworden. Diese Entscheidung ändert aber nichts rückwirkend an der Unanfechtbarkeit des Vorbescheids. Sie ist nur für weitere Entscheidungen über planungsrechtliche Zulässigkeit in der Zukunft relevant. Durch den Vorbescheid und die dazu erteilte Baugenehmigung sind also die Regelungen des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes trotz dessen Unwirksamkeit noch heute die Grundlage für die weiter laufende Bautätigkeit.
Ein betroffener Nachbar hat fristgerecht eine Klage gegen die erteilte Baugenehmigung eingereicht. Bis zur Entscheidung über diese Klage darf der Bauherr aber mit seiner Bautätigkeit fortfahren, die Klage hat zunächst keine aufschiebende Wirkung. Es gibt aber zwei Wege, einen solchen Aufschub zu erreichen: Zum einen kann der Kläger bei der Behörde einen Antrag auf „Aussetzung der sofortigen Vollziehung“, umgangssprachlich also einen Baustopp, stellen. Dies hat der Kläger am 8. Mai 2018 getan. Im Rahmen der Prüfung dieses Antrags sind Prognosen angestellt worden, in wie weit die Klage gegen die Baugenehmigung Aussicht auf Erfolg haben könnte. Aufgrund des rechtskräftigen Bauvorbescheids geht die Verwaltung davon aus, dass das Gericht nicht zu Gunsten des Klägers entscheiden wird. Daher sieht die Verwaltung kein Erfordernis und auch keinen rechtlichen Spielraum, dem Antrag auf Baustopp statt zu geben.
Der zweite Weg zum Baustopp führt über einen entsprechenden Antrag an das Verwaltungsgericht, welches dann im Vorgriff auf das eigentliche Klageverfahrens zunächst darüber entscheiden muss, ob es die aufschiebende Wirkung feststellt und damit die Bauarbeiten unterbricht. Einen solchen Antrag hat der Kläger am Dienstag, 19. Juni 2018, beim Verwaltungsgericht gestellt. Wann darüber entschieden wird, ist noch nicht bekannt.
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