Weniger Verschwendung, mehr Begegnung Gestern eröffnete in der B-Side am Mittelhafen das „Foodsharing Café Münster“ / Aus Lebensmitteln, die sonst im Müll landen würden, wird leckeres Essen gemacht

Ab sofort bereitet das „Foodsharing Café Münster“ immer montags in der B-Side aus Lebensmitteln, die sonst im Müll landen würden, ein leckeres vegetarisches Essen. (Foto: Veronika Brühl)

Montags ist der „normale“ Gastro-Betrieb im Kulturzentrum der B-Side geschlossen. Wer sich gestern doch dorthin verirrt hatte, dürfte sich über den appetitlichen Geruch gewundert haben. Und siehe da! In der Mitte ist ein Klapptisch liebevoll und einladend gedeckt. Die Geräuschkulisse ist ein Duett aus Geschirrgeklapper und freundlicher Unterhaltung. Menschen versammeln sich neugierig um die dampfenden Töpfe, aus denen heute vegetarischer Gulasch serviert wird – und das völlig kostenlos!

ALLES MÜNSTER sprach mit Anton, einem der ehrenamtlichen Botschafter von Foodsharing Münster.

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Wie seid ihr auf die Idee eines Foodsharing-Cafés gekommen?

Die Idee ist nicht neu. In Stuttgart wurde schon vor sechs Jahren die „Raupe Immersatt“ gegründet und daraufhin haben sich das viele andere Städte abgeguckt. Auch in Münster gibt es schon seit Jahren die Idee, aber man muss natürlich einerseits den Raum dafür haben und dann auch eine Menge Arbeit `reinstecken.

Ende letzten Jahres war es dann soweit und es sind mehrere Leute zusammengekommen, die Zeit und Lust hatten, das Projekt anzugehen. Zum Glück waren es direkt relativ viele Leute beim ersten Treffen und mittlerweile sind wir bei etwa 15 Personen.

Und alle arbeiten ehrenamtlich?

Genau.

Woher bekommt ihr die Lebensmittel?

ALLES MÜNSTER sprach mit Anton, einem der ehrenamtlichen Botschafter von Foodsharing Münster. (Foto: Veronika Brühl)

Es sind letztendlich alles Überschüsse aus unserem Ernährungssystem, das ja ganz viele verschiedene Stellen hat, wo Sachen schiefgehen. Angefangen bei Ernteverlusten, da kommt es teilweise vor, dass wir auf dem Feld Sachen einsammeln, die noch gut sind, aber vielleicht nicht der Norm entsprechen.

Darüber hinaus sind Produkte aus Überverarbeitung, Großhandel, Einzelhandel, Bäckereien, Kantinen und Haushalten unsere Quellen. Überall da, wo Lebensmittel sonst im Müll landen würden, holen wir sie ab und geben sie kostenlos weiter.

Kann man euch beispielsweise  als Privathaushalt kontaktieren, wenn man Lebensmittel spenden möchte?

Wenn ich als Privathaushalt etwas übrig habe, ist das ja im Normalfall eine relativ kleine Menge. Dafür gibt es sogenannte „Fairteiler“, öffentliche Regale oder Kühlschränke, wo alle einfach etwas `reinstellen können.

Wenn man mal eine größere Menge hat oder vielleicht in einem Betrieb arbeitet, wo man sieht, dass regelmäßig viel weggeworfen wird, kann man sich auf jeden Fall bei uns melden – einfach per Mail oder über Instagram.

Vor zwei Wochen haben wir einen Infostand beim Frühlingsfest in Hiltrup gemacht und da beispielsweise eine Person kennengelernt, die in einer Grundschule arbeitet und gesagt hat: ‚Hey bei unserer Grundschulverpflegung bleiben irgendwie so oft Sachen über.‘ Solche Kooperationen sind natürlich super, um bessere Lösungen zu finden, als alles wegzuwerfen.

Wo kocht ihr denn? Dürft ihr die Küche hier im Kulturzentrum dafür nutzen?

Genau. Wir nutzen die Almende-Küche von der B-Side e.V., die für genau solche Projekte zur Verfügung stehen soll. Die Küche ist schon recht lange drin, es mussten aber vertraglich und versicherungstechnisch noch Dinge geklärt werden.

Wer kocht bei euch, sind das ausgebildete Köche und Köchinnen?

„Überall da, wo Lebensmittel sonst im Müll landen würden, holen wir sie ab und geben sie kostenlos weiter.“ (Foto: Veronika Brühl)

Heute koche ich – und ich habe keine Ausbildung als Koch gemacht. Ich glaube, eine Kochausbildung würde mir hier gar nicht viel helfen, unter anderem weil was man als Koch sehr viele Fleischgerichte lernt – wir kochen vegetarisch oder besser noch vegan.

Wir versuchen vegan zu kochen, haben aber natürlich auch teilweise Milchprodukte dabei. Es kommt schließlich darauf an, welche Lebensmittel wir gerettet haben – da macht es keinen Sinn, die nicht veganen Sachen dann am Ende doch zu entsorgen. Das wäre entgegen unserer Philosophie.

Du meintest eben, eine Kochausbildung würde nichts bringen. Kannst du das nochmal erläutern?

Es ist beim Foodsharing im Grunde Quatsch, wenn du vorher jahrelang Rezepte bzw. deren Optimierung erlernt hast – wir haben keine Rezepte. Vor 14 Uhr wusste ich nicht einmal, welche Zutaten ich habe – man muss immer spontan improvisieren und kreativ sein. Bei uns gibt es daher auch keine Speisekarte.

Wer ist hauptsächlich Eure Zielgruppe?

„Wir möchten hier einen Raum schaffen, wo nicht nur das Essen, sondern auch der Austausch untereinander verbindet.“ (Foto: Veronika Brühl)

Mein Ziel wäre, dass wir keine feste Zielgruppe haben.

Was ich mir total wünschen würde, ist ein offener Raum, wo man sich – unabhängig davon, wie viel Geld man hat – einfach mal gemütlich hinsetzen kann. Ein Ort, der möglichst verschiedene Leute anspricht, wo man sich begegnet und einfach mal seine eigene kleine Bubble verlässt.

Wir hoffen auf ein möglichst breites Publikum und wenn ich mich umgucke, scheint das funktioniert zu haben. Essen verbindet. Und wir möchten hier einen Raum schaffen, wo nicht nur das Essen, sondern auch der Austausch untereinander verbindet.

Ist das Essen wirklich gratis?

Ja, wir retten die Lebensmittel alle kostenlos, wir zahlen den Betrieben nichts dafür und garantieren, dass wir sie auch kostenlos weitergeben. Wir kommen zwar nicht ganz ohne Geld aus und freuen uns immer über Spenden, trennen aber ganz bewusst den Zusammenhang zwischen „man nimmt sich etwas zu Essen“ und spendet „dafür“. Das soll unabhängig voneinander passieren. Wenn Leute unser Projekt unterstützen möchten, können sie gerne dafür spenden, aber das können sie auch tun, ohne was zu essen und sie können auch was essen, ohne zu spenden.

Das, was wir eigentlich jetzt gerade an Kosten haben, ist die Miete. Da haben wir aber zum Glück noch einen kleinen finanziellen Puffer, weil wir im November gemeinsam mit Namiko Münster e.V. den ersten Platz beim Umweltpreis der Stadt Münster gewonnen haben.

Foodsharing Café in der B-Side, Am Mittelhafen 42, 48155 Münster
Regelmäßiger Betrieb: Immer montags, 15:00 – 20:00 Uhr
Mehr Infos findet ihr unter https://beta.foodsharing.de/region/muenster

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