„Was Blumen alles können!“ Gestaltungskünstler Bernd Orthaus im Interview mit Alles-Münster Kolumnistin Iris Brandewiede / @Home mit der Hausfrau, Künstlerinnen-Interview Folge 8

Es hat geklappt! Seit dem 11. März grünt und blüht es wieder bei den Floristen. (Foto: Iris Brandewiede)
Es hat geklappt! Seit dem 11. März grünt und blüht es wieder bei den Floristen. (Foto: Iris Brandewiede)

In der achten Folge unserer Interviewreihe spricht Iris Brandewiede beim Waldspaziergang mit Bernd Orthaus. Was nicht so einfach ist, da der leidenschaftliche Florist und Staudengärtner seine Aufmerksamkeit permanent zwischen den Auswüchsen des Vorfrühlings und der Gesprächspartnerin aufteilen muss. Um im Interview einen Lesefluss zu ermöglichen, hier vorab eine kleine Auswahl der Zwischenrufe: „Guck mal, die Weide blüht!“, „… die Kastanienblüten sind schon kurz vorm Aufplatzen!“, „Wenn du das nächste Mal spazieren gehst, hast du hier einen Teppich blühender Anemonen!“

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IB: Herzlich Willkommen, Bernd! Du leistest schon Pionierarbeit für diese Interviewreihe, ohne eine einzige Frage beantwortet zu haben: Als erster Mann und als münsteraner Innenstadtkaufmann!

BO: (lacht und hebt einen Lärchenzweig auf) Na da hoffe ich, dass ich die Erwartungen erfüllen kann! Vielen Dank für die besondere Einladung zum Interview!

IB: (betrachtet den dargebotenen Lärchenzweig) Na komm, sag es!

BO: (strahlt) Guck mal – Lärchenzapfen sind immer schön!

IB: (versinkt in Betrachtung, sammelt sich) … da sind wir doch schon mitten im Thema. Warst du eigentlich irritiert, in einer Interviewreihe unter dem Titel „Münster deiner Künstler:innen“ angefragt zu werden?

BO: … Ja war ich tatsächlich – aber auch sehr erfreut darüber, dass du unsere Arbeit so siehst und wahrnimmst. Für manche basteln wir irgendwelche Sachen zusammen, andere verstehen unsere Arbeiten und nehmen die Stimmungen wahr. Wir nehmen die Gestaltung sehr ernst und versuchen unsere Arbeit auch in respektvollen Umgang mit der Natur umzusetzen. Die Gestaltungsregeln sind urmelalt – das Spannende besteht darin, sich immer wieder neu zu finden. Das Spiel mit den Farben, Materialien und der wechselnden Jahreszeit erfüllt uns immer wieder.

IB: (lacht) Ja, das sehe ich! Urmelalte Gestaltungsregeln… jetzt hab ich ein ganz verwunschenes Bild im Kopf! Am liebsten würde ich nach den historischen Ursprüngen der Floristik fragen! Mir schwant allerdings, dass das hier den Rahmen sprengen würde. Bleiben wir bei deiner angewandten Kunst: Mir selbst wurden die kreativ-gestalterischen Wurzeln dieses Berufes erst bewusst, als ich mich im ersten Beratungsgespräch mit deinen Mitarbeiterinnen wiederfand. Da wollte ich bloß ein Blümchen für meine Nachbarin kaufen, mit einem Budget von unter dreißig Euro!

BO: Na für dreißig Euro muß eine Oma lange stricken! – Aber eigentlich geht es nicht darum. Du schenkst deiner Nachbarin ja Blumen, um ihr eine Freude zu bereiten, dich bei ihr zu bedanken oder um zu trösten. Das hat mit Emotionen zu tun. Es gibt wenige Dinge, die das so ausdrücken können wie Blumen. Durch Farben und Kombinationen können wir mit unserer Arbeit helfen, das in dem Moment Richtige für dich zusammenzustellen.

Die Floristen gestalten nicht nur Blumen zum Augenschmaus. (Foto: Bernd Orthaus)
Die Floristen gestalten nicht nur Blumen zum Augenschmaus. (Foto: Bernd Orthaus)

IB: Verstehe ich das richtig, dass es dir und deinem Team bei jedem noch so kleinen Geschäft darauf ankommt, das Anliegen der Person auf den Punkt zu treffen?

BO: Ja absolut. Für uns ist der kleine Handstrauß zu einer Beerdigung genauso wichtig wie große und opulente Sträuße. Blumen können gerade in schweren Situationen etwas Tröstendes sein und in schöner Erinnerung bleiben.

IB: Das ist ein krasser Anspruch und kostet sicher unglaubliche Geduld mit einem Ladenlokal, das viel Laufkundschaft sieht….

BO: Wir sind ein wirklich tolles Team und jede die dabei ist, liebt die Arbeit mit Blumen und die Herausforderung, das Passende für diesen Menschen zu finden. Der Laden ist aber nur ein Teil unserer Arbeit.

IB: Wie sehen die anderen Arbeitsbereiche aus – würdest du uns ein bisschen hinter die Kulissen blicken lassen?

BO: Wir begleiten unsere Kundschaft durch alle Arten von Familienfesten. Ein weiterer Baustein ist die Betreuung von Firmen und Veranstaltungen bis hin zu Messen. Bei solchen Veranstaltungen sind die Dimensionen der Arbeiten zum Teil gigantisch. Blumenabos für Praxen und Kanzleien inklusive Arrangement vor Ort gehören ebenfalls zum Repertoire, mit dem Anspruch, jede Woche eine andere Kombination zu liefern.

IB: Puh… Ich hatte gedacht, ihr habt einen Traumberuf aus zartem Blumenduft und Farbenspiel. Das hört sich jetzt aber nach ordentlich Logistik, Knochenarbeit und Kostenkalkulation an.

BO: (Lacht und nickt, nickt und lacht).

IB: Apropos Kosten – darf ich fragen, wie es euch in den letzten zwei Jahren ergangen ist, mit Lockdowns und Innenstadtmiete?

BO: Der Lockdown sitzt glaube ich noch allen Selbstständigen ordentlich in den Knochen mit dem Gefühl, machtlos der Situation gegenüberzustehen. Wir hatten riesiges Glück und durften nach nur wenigen Wochen wieder öffnen.
Ich war erstaunt, wie viele Kunden trotz der leeren Innenstadt den Weg zu uns gefunden haben. Für viele war das wohl auch das einzige Gespräch an so einem Tag. Auch das Bedürfnis nach etwas Schönem für Zuhause war wohl noch nie so wichtig wie in dieser speziellen Zeit. Da sind wir wieder bei dem Thema „Was Blumen alles können“!

IB: Mir fällt gerade wieder ein, wie sehr ich mich damals gefreut habe, in dieser bedrückten Stimmung unverhofft ein kleines Floristenkunstwerk vor meiner Tür zu finden!
Bernd, dir springt die Leidenschaft für deinen Beruf aus den Augen. Hast du gerade kreative Pläne?

BO: Verrückt, dass du fragst – wir stecken gerade mitten in Umbau und Renovierung! Ein Meilenstein ist mit Einbau eines neuem Fußbodens und einem neuen Arbeitsbereich schon erreicht. Ich freu mich schon wie Bolle auf den Moment, wenn alles fertig ist und wir uns am 11. März neu präsentieren werden.

"Der Laden ist nur ein Teil unserer Arbeit." (Foto: Bernd Orthaus)
„Der Laden ist nur ein Teil unserer Arbeit.“ (Foto: Bernd Orthaus)

IB: Das macht neugierig! – Ich lade mich zur Wiedereröffnung mit Interviewfoto ein!

BO: Geht klar, die Verabredung steht!

IB: Insgesamt nimmt Planung sicher einen riesigen Teil deiner Arbeit ein, realisiere ich das gerade richtig…?

BO: Ja, sicher! Jede Jahreszeit wirft bei uns weit die Schatten voraus – wir planen permanent. Wenn bei dir gerade Weihnachten ist, hab ich schon nächste Saison im Kopf. Irgendwas ist immer, es wird nie langweilig!

IB: Du heckst schon wieder etwas aus, oder?

BO: Im Kopf habe ich eine tolle Ausstellung. Wir waren mal im Oerschen Hof und haben Hüte von meiner Nachbarin Brigitte Fränzer von Hutmoden Schmedes mit Floralem von uns und Jazz kombiniert. Da waren Musikerinnen mit Hüten zwischen Blumen in jedem Raum platziert und haben versetzt gespielt, sodass die Besucherinnen vom Klang durch die Ausstellung geführt wurden… Hach ja, auf sowas hätte ich wieder mal richtig Lust. Mit klassischer Musik vielleicht… Solche Projekte machen riesig Spaß, kosten aber natürlich viel Zeit und Energie. In letzter Zeit fehlte mir dazu irgendwie die Muße …. aber … (lächelt versonnen) … wer weiß!

IB: Kommt Muße, kommt Muse – das kann ich bestens nachvollziehen! Wir halten die Augen auf. Im Laden und auf eurer Homepage ist ja ohnehin immer was los. Kleiner Themenwechsel: Wie geht ihr Floristen eigentlich mit dem Thema Fairtrade um?

BO: Das ist bei uns ein Riesenthema. Wir stellen in letzter Zeit fest, dass immer mehr junge Menschen bei uns kaufen – und da ordentlich Druck aufbauen! Es hat sich richtig was getan in Sachen fair gehandelter Blumen. In der warmen Jahreszeit kommen wir inzwischen super mit den heimischen Produzenten klar. Ich freu mich jetzt schon auf die ersten duftenden Freilandrosen vom Niederrhein – das ist Sommer pur ! Wir tun alles, was in Sachen Nachhaltigkeit und Fairtrade möglich ist.

IB: Auch für dich kommt in diesem Interview das Beste zum Schluss. Die gute Fee schenkt dir drei Wünsche. Du kannst sie hier äußern, auf dass sie in Erfüllung gehen mögen.

BO: Ich wünsche uns allen aus aktuellem Anlass nur eins: Frieden!

Beide stehen schweigend im Wald.

IB: Danke, Bernd, für deine Zeit. Jetzt darfst du wieder den Farbquast schwingen, damit bis zur Eröffnung alles glattgeht!

BO: So ein Interview ist für mich was ganz Spezielles. Das hat Spaß gemacht!

Bernd Orthaus lebt in Münster und leitet mit Herz und Hand "Die Floristen" in der City.
Mehr Infos zu seinem Wirken findet ihr unter https://diefloristen-muenster.de/
DIE FLORISTEN, Bernd Orthaus e.K., Salzstrasse 36, 48143 Münster
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 10 bis 18:30 Uhr, Samstag 10 bis 18:00 Uhr
Tel: 0251-9277040
Mail: diefloristen-muenster@web.de

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