Moni is back! Techno-Legende Monika Kruse feiert fulminantes Comeback auf dem Dockland

Monika Kruse feierte ihr Comeback in Münster auf dem Dockland. (Foto: Bastian E.)
Monika Kruse feierte ihr Comeback in Münster auf dem Dockland. (Foto: Bastian E.)

Manchmal braucht gut Ding Weile – und nach knapp drei Jahren Pause kehrte DJ-Urgestein Monika Kruse auf die ganz große Bühne zurück. Tatsächlich war der Gig auf dem neu designten Dockland am Hawerkamp am vorletzten Wochenende ihr erstes Set weltweit, das sie in diesem Jahr spielte – und dass die Wahl auf Münster fiel, war nicht ganz zufällig, erzählte sie uns im Interview.

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Ich glaube, man kann sich kein schöneres Comeback nach deiner knapp dreijährigen Pause wünschen – so wie du bei uns in Münster gefeiert wurdest, oder? Schon am Vortag deines Gigs hast du deine Follower in der Instagram-Story vom Aasee aus begrüßt. Was verbindest du mit Münster? Hast du noch Anekdoten aus Münster, die du in deiner langen Karriere als DJ in unserer Stadt erlebt hast? 

Ja, wirklich – ich bin tief dankbar und immer noch ganz beseelt von diesem Abend. Es war überwältigend, wie viel Liebe und Energie mir entgegengebracht wurde. Ich brauchte ein paar Tage, um all die Eindrücke zu verarbeiten. Münster war für mich ganz bewusst der Auftakt meiner vier Comeback-Gigs. Ich habe mich dort schon immer unglaublich wohlgefühlt. Die Menschen sind offen, herzlich und voller Lebensfreude – die Verbindung zum Publikum ist für mich dort immer etwas ganz Besonderes gewesen.

Münster ist für mich einfach ein Stück Zuhause geworden – ein Ort, an dem ich mich fallen lassen kann. Ich lege ja schon seit den 90ern regelmäßig in Münster auf, und auch wenn ich jetzt keine bestimmte Anekdote aus dem Hut zaubern kann, ist es gerade dieses konstante Gefühl von Vertrautheit und Wärme, das mir so sehr in Erinnerung geblieben ist. Jeder Gig hier fühlt sich irgendwie wie ein Wiedersehen mit guten Freunden an.

Tatsächlich hast du das letzte Mal vor fast auf den Tag genau drei Jahren in Münster aufgelegt, damals im Fusion Club. Wie gefällt dir das neue Dockland?

Mir gefällt es wahnsinnig gut. Es ist technoider geworden, erwachsener. Das transparente Dach schützt vor Regen und Sonnenbrand, aber man hat trotzdem noch das Open-Air-Feeling. Und die neue Lichtanlage bringt nochmal richtig viel Pep mit rein.

Anfang September 2022 hast du in einem bewegenden wie ehrlichen Statement auf Instagram deine Panikattacken öffentlich gemacht und aufgrund dessen alle weiteren Auftritte abgesagt. Hast du dir Münster für dein Comeback ganz gezielt ausgesucht, und was waren die Beweggründe?

(Foto: Bastian E.)
(Foto: Bastian E.)

Ja, ich habe mir Münster ganz bewusst für mein Comeback ausgesucht – und das aus tiefem Herzen. Was ich in dieser Zeit am meisten gebraucht habe, war ein Gefühl von Sicherheit. Das war mein wichtigster Kompass. Es ging ja nicht nur darum, wieder aufzulegen – es war auch das erste Mal seit langer Zeit, dass ich überhaupt wieder unter so vielen Menschen war. In der Phase, in der ich meine Angststörung hatte, musste ich mich komplett aus dem sozialen Leben zurückziehen. Selbst harmlose Situationen wie ein Abendessen mit mehreren Freunden oder eine Geburtstagsfeier konnten bei mir eine Welle der Überforderung und Angst auslösen.

Ich wusste: Wenn ich falle, sind da Menschen, die mich auffangen.

Es gab ein ganzes Jahr, in dem ich fast nur für mich gelebt habe, um wieder zu mir zu finden. Deshalb war dieser erste Schritt zurück auf die Bühne für mich eine riesige Herausforderung. Ich wusste: Wenn ich diesen Schritt wage, dann nur an einem Ort, der sich wie ein sicherer Hafen anfühlt. Und Münster war für mich genau dieser Ort. Ich habe dort immer eine besondere Wärme gespürt – vom Publikum genauso wie vom Umfeld. Dazu kommt meine langjährige Freundschaft mit Thomas Pieper, dem Betreiber des Dockland. Diese persönliche Verbindung hat mir noch einmal zusätzlich Halt gegeben. Ich wusste: Wenn ich falle, sind da Menschen, die mich auffangen. Und genau dieses Gefühl hat mir die Kraft gegeben, wieder aufzustehen.

Du hast in deinem zweistündigen Set einen Rundumblick über dein musikalisches Können gezeigt, der wirklich seinesgleichen sucht. Tracks von Jeff Mills, Der Dritte Raum, Emmanuel Top und DJ Rolando waren nur einige Highlights in deinem Set, die vom Publikum frenetisch gefeiert wurden. Wie hast du die Auswahl für dein „Comeback-Set“ getroffen? 

Zum einen habe ich mich gefragt: Wenn das mein letztes Set wäre – was würde ich dann noch einmal gerne laut hören und spielen? Und ich wollte auch eine musikalische Reise durch einige Jahrzehnte Techno machen. Klar habe ich ein paar Tracks von mir gespielt, ein paar neue Sachen, aber eben auch einige All-Time-Favorites, die bei mir schon immer Gänsehaut ausgelöst haben.

Vor Kurzem machte der ARD-Tatort die legendären Techno-Partys im ‚Colonius‘, dem Fernsehturm von Köln Anfang der 90er, zum Thema. Was war die außergewöhnlichste Location in deiner über 30 Jahre langen DJ-Karriere?

Ich habe in den 90ern viele illegale Technopartys selbst veranstaltet. Unter anderem in WW2-Bunkern und auch in einer fahrenden Trambahn, die bestückt war mit Nebelmaschine, Stroboskop, einer Bar und natürlich dem Vinyl-DJ-Booth. Einmal hat uns die Polizei angehalten, weil sie dachte, es brennt in der Tram – aber es war nur eine gut eingestellte Nebelmaschine mit dem blitzenden Stroboskop. Dann habe ich auch einmal auf einem Militärübungsplatz (natürlich ebenfalls illegal) aufgelegt. Die DJ-Konsole haben sie damals in einen Panzer reingebaut. Manchmal schob jemand an dem Rohr, und man drehte sich mit der Konsole mit – das war ziemlich abgefahren. Auf dem Weg dorthin mussten wir uns teilweise wirklich über den Rasen robben, damit wir nicht entdeckt wurden. Denn es war natürlich höchst verboten, als Zivilist auf einem Militärübungsplatz zu sein. Und das machte natürlich dann auch noch den Kick aus.

Du warst neben Miss Yetti, Ellen Allien, Marusha und Miss Djax quasi die Pionierin in Sachen Techno und eine der Ersten, die sich einen Namen in der damals von Männern dominierten DJ-Szene gemacht hat – nicht nur durch dein eigenes Label Terminal M. Inzwischen sind weibliche DJs zum Glück etabliert und respektiert. Empfindest du das auch als deinen Verdienst als Vorreiterin und Labelchefin?

Ich freue mich sehr darüber, dass es heute so viele großartige, erfolgreiche Frauen in der elektronischen Musikszene gibt – und dass sie mittlerweile auch die Anerkennung bekommen, die ihnen zusteht. Ich hoffe wirklich, dass sich strukturell etwas verändert hat und junge Künstlerinnen heute auf weniger Widerstände stoßen, als ich es damals getan habe. Als ich angefangen habe, gab es kaum – oder eigentlich gar keine – Frauen, die in Clubs regelmäßig aufgelegt haben. Ich kannte jedenfalls keine. Nur Miss Djax aus Holland war mir später ein Begriff, aber damals war ich ziemlich allein auf weiter Flur. Der Weg war nicht leicht.

Ich musste mich oft gegen Vorurteile behaupten, mich durchsetzen in einer Szene, die fast ausschließlich männlich geprägt war. Und trotzdem habe ich immer an meine Vision geglaubt – und an die Musik. Im Lauf der Jahre haben sich immer wieder jüngere Kolleginnen bei mir bedankt, weil ich ihnen als Vorbild Mut gemacht habe oder weil sie durch meinen Weg gespürt haben: Es geht. Das hat mich tief berührt. Ob ich eine Vorreiterin war? Ja, wahrscheinlich schon. Aber ich sehe das nicht als persönliches Verdienst, sondern als Teil einer Entwicklung, die wir gemeinsam vorangetrieben haben – jede Frau, die ihren Platz in der Szene gefunden hat, ist ein wichtiger Teil davon.

(Foto: Bastian E.)
(Foto: Bastian E.)

Im Jahr 2000 hast du die Wohltätigkeitsorganisation „No Historical Backspin“ gegründet, die sich gegen Homophobie und Rassismus stark macht. Du bist diesen mutigen Schritt gegangen, weil Freunde von dir zuvor Opfer diskriminierender Gewalt geworden sind. Damals saß noch keine extrem rechte Partei im Bundestag. Was sind deine Gedanken zur aktuellen politischen Situation und wünschst du dir mehr Engagement gegen Rechts – auch innerhalb der Szene der elektronischen Musik?

Ja, ich finde es ehrlich gesagt erschreckend, in welche Richtung sich die politische Lage aktuell entwickelt. Was wir da beobachten, ist keine Randerscheinung mehr – das ist eine reale, wachsende Bedrohung für unsere freiheitliche, vielfältige Gesellschaft. Dass inzwischen extrem rechte Parteien in den Parlamenten sitzen, dass Menschenfeindlichkeit immer lauter und salonfähiger wird – das macht mir große Angst. Und es macht mich traurig. Weil ich sehe, wie mühsam erkämpfte Freiheiten und Errungenschaften plötzlich wieder ins Wanken geraten. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass wir in der elektronischen Musikszene – die ja von Anfang an für Freiheit, Diversität und Gemeinschaft stand – eine klare Haltung zeigen. Vor allem die junge Generation hat heute ein Sprachrohr, das sehr kraftvoll ist. Und mit diesem Sprachrohr kommt auch Verantwortung.

Es geht nicht nur um Statements auf Social Media, sondern darum, Haltung zu leben. Auf Partys, aber auch im täglichen Miteinander. Die Szene war immer politisch, auch wenn sie sich oft unpolitisch gab – allein durch ihre Existenz als Schutzraum für all jene, die anders sind. Ich wünsche mir, dass wir das nicht vergessen. Und dass wir gemeinsam laut bleiben – gegen jede Form von Hass, Ausgrenzung und Menschenverachtung.

Wie viele Schallplatten aus alten Zeiten lagern eigentlich bei dir zu Hause – grob geschätzt? Und hättest du mal wieder Lust, rein mit Vinyl aufzulegen?

Ich schätze, es sind noch rund 20.000 Schallplatten bei mir zu Hause, denn über die Jahre habe ich viele verkauft. Ob ich nochmal rein mit Vinyl auflege? Schwer zu sagen. Ich mache aktuell keine Pläne für meine DJ-Zukunft. Mein Leben hat sich in den letzten Jahren stark verändert – ebenso wie meine Prioritäten. Mein Körper und meine Seele brauchen viel Ruhe, und ich finde diese heute vor allem in der Natur. Ich habe eine Ausbildung zur Tierkommunikatorin gemacht und widme mich intensiv der Versorgung von Straßenkatzen – sie zum Tierarzt zu bringen, sie zu kastrieren oder ihnen einfach ein besseres Leben zu ermöglichen, erfüllt mich zutiefst. Es ist ein ganz anderer Beat, aber einer, der mich glücklich macht. Außerdem verbringe ich viel Zeit bei meinem Vater in München – er ist 85, und mir ist es wichtig, jede kostbare Minute mit ihm zu genießen. Diesen Sommer spiele ich nur vier Gigs. Danach schaue ich einfach weiter. Ich lege mich nicht fest – ich gehe mit dem Flow.

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