
An diesem Wochenende ist wieder Grünflächenunterhaltung. Ein Künstler steht allerdings dauerhaft an der Promenade: Julius Otto Grimm. Zumindest seine Büste. Betritt man den Zentralfriedhof am Himmelreichallee-Tor und beschreitet direkt den ersten Gang nach rechts, so steht man nach wenigen Metern vor einem sehr auffälligen, altehrwürdigen Familiengrab, das von zwei mehrere Meter hohen Efeubäumen überwuchert ist. Es ist die Ruhestätte von Professor Dr. phil. h.c. Julius Otto Grimm mit seiner Frau Philippine Johanna und seiner Tochter Marie Amalie. Wer ist dieser Mann, der über 40 Jahre das Musikleben der Provinzialhauptstadt Münster prägte?
“Woher komme ich, wohin gehe ich?”

Julius Otto Grimm wird am 06. März 1827 als Apothekersohn der Eheleute Otto Grimm und seiner Frau Amalie in der Hafenstadt Pernau (Pärnu, Estland) geboren. Seine Vater stammte aus einer niedersächsischen Beamtenfamilie, seine Mutter aus einer Lübecker Kaufmannsfamilie. Im Alter von acht Jahren ist Julius Otto bereits Vollwaise und wird von einer Tante erzogen. Ab 1844 studiert er vier Jahre an der Universität Doprat (Tartu Estland) und legt dort das philologische Staatsexamen ab. Danach arbeitet er bis 1851 als Hauslehrer bei der Familie Tunder, Kommerzienrat in St. Petersburg (Russland) und versucht sich an ersten Kompositionen. Dank Tunders finanzieller Unterstützung kann er 1851 ein Musikstudium am Leipziger Konservatorium beginnen, das er 1852 abschließt. In Leipzig lernt er seinen besten Intimus, Johannes Brahms, kennen. Sie wohnen in Leipzig zeitweise zusammen und übersiedeln nach Hannover in die Wohnung des aus Ungarn stammenden gemeinsamen Freundes und Violinisten, Joseph Joachim. Als enge Vertraute und Gönner unterstützen die drei Musikliebhaber nach dem tragischen Zusammenbruch von Robert Schumann seine Frau Clara und wohnen nun in Düsseldorf. 1855 folgt Grimm dem Ruf als Musiklehrer und Chorleiter nach Göttingen, bevor er 1860 zum Dirigenten des Musikvereins in Münster ernannt wird.
Vom Skeptiker zum gefeierten Künstler
Ob Julius Otto Grimm von seiner Ernennung erbaut war, ist nicht nachzulesen. Wohl aber sein anfängliches Fremdeln mit der Stadt Münster und ihren Bewohnern. Seinem lieben Freund Johannes Brahms schrieb er angeblich einen Brief mit dem Vermerk: „Im Ganzen gefällt es mir hier ganz gut. Allerdings ist der Blödsinn hier wohl etwas dichter gesät als anderswo, aber das erträgt sich“. Wahrscheinich arrangierten sich Grimm und der Musikverein. Grimm wurde in Münster sesshaft. Sein Wirken machte ihn mit über 1500 Konzertprogrammen zu einem anerkannten und gefeierten Dirigenten. Und Julius Otto Grimm blieb mit seiner Familie über 40 Jahre Jahre bis zu seinem Tod in Münster. Er brachte in dieser Zeit Laienchöre und Orchester zu beachtlichen Leistungen. 1876 wurde er zum Lektor für Musiktheorie und Gesang an der Akademie Münster ernannt. 1877 zum Königlichen Musikdirektor. Seine Ernennung zum Dr. phil. h.c. und Professor war der “Leuchtturm” aller Ehrungen. Trotz chronisch geringer finanzieller Mittel, sowohl für ihn privat als auch für Konzerte, schaffte er es, auch namhafte Musikkünstler aus seinem Freundeskreis in Münster auftreten zu lassen, wie Johannes Brahms und der gebürtige münstersche Opernsänger und Schauspieler Dr. Ludwig Wüllner.
Unvergesslich. Hommage an Münster
Ein Korrektiv zu Grimms anfänglichem Fremdeln mit der Stadt Münster und den Bewohnern schrieb Ludwig Wüllner 29 jährig 1887 in einem Brief an seine Großmutter: “Während der 3 bis 4 Jahre ist mir die Stadt Münster doch recht ans Herz gewachsen, sie ist mir ganz zur Heimatstadt, zur Geburtsstadt geworden. Da ich meine Kindheit nicht dort zugebracht habe, so bin ich erst jetzt stolz darauf geworden und habe das feste Bewusstsein, ein Westfale zu sein. Was ich gerade in den letzten Jahren durchgemacht habe, was ich in Münster erlebt habe, in Freud’ und Leid, in Familie, bei Freunden und Bekannten, bei meinen Studenten und Kollegen, – das hat sich alles tief eingegraben, und wo ich auch in meinem Leben hinkommen werde, Münster kann ich nie und nimmer vergessen.”
Im Umkehrschluss hat die Stadt Münster Grimm auch nicht vergessen. Die Grimmstraße im Kreuzviertel, die Büste an der Kreuzschanze und das Familiengrab auf dem Zentralfriedhof sind Ehrung und Erinnerungen an den erfolgreichen Musikkünstler Julius Otto Grimm.
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