
Nach der Demonstration der rechten Initiative „Gemeinsam für Deutschland“ und den begleitenden Gegendemonstrationen am letzten Samstag im Bahnhofsviertel von Münster äußerte das Bündnis „Keinen Meter den Nazis“ in seiner Pressemitteilung Kritik am Polizeieinsatz. Die Kritik richtete sich insbesondere gegen die polizeiliche Strategie, „die kurzfristig versuchte, den extrem rechten Aufmarsch mit Gewalt gegen friedlichen Gegenprotest durchzusetzen“. Dabei habe es mehrere Verletzte gegeben, „darunter auch welche, die sich ins Krankenhaus begeben mussten“. Zu diesen Ereignissen am 31. Mai haben wir bei der Polizei Münster sowie beim Bündnis-Sprecher Carsten Peters nachgefragt.
Für die Polizei Münster liegt der Ball in der anderen Spielhälfte: Sie stellt zunächst fest, dass durch die Sitzblockaden „ein bei der Versammlungsbehörde angezeigter friedlicher Aufzug verhindert werden sollte“. Dieses Verhalten sei „nach den Vorschriften des Versammlungsgesetzes strafrechtlich relevant“. Denn die Polizei habe „den Auftrag, das Recht auf friedliche Versammlung unabhängig von Thema und Meinung zu schützen“.

Carsten Peters sieht das anders. „Es gibt kein Anrecht darauf, jedwede Route in beliebiger Länge gegen massiven Widerstand anderer durchzusetzen“, meint der Sprecher des Bündnisses „Keinen Meter den Nazis“. Zwar sei es richtig gewesen, den „extrem rechten Aufmarsch aufgrund der massiven Proteste und der friedlichen Blockaden nicht auf seiner ursprünglich angedachten Route laufen zu lassen“. Aber „genauso angemessen und richtig“ wäre es gewesen, der rechten Initiative „keine Alternativroute anzubieten, sondern diese direkt zum Bahnhof zurückzuführen und zu beenden“. Der Weg zum Bahnhof sei ausreichend frei gewesen, sodass die Versammlungsfreiheit dennoch gewährleistet worden wäre.
Zuspitzung der Lage in der Hafenstraße und am Ludgerikreisel
Was sich auf der Bahnhofsstraße noch bewältigen ließ, wo „die extrem rechte Demo von viel Protest begleitet“ wurde, „ohne dass es zu Zusammenstößen kam“, scheiterte laut dem Bündnis im weiteren Verlauf. Schon auf der Bahnhofstraße in Höhe der Herwarthstraße hätte „die Polizei die Demo jedoch stoppen und beenden müssen“. Schließlich sei klar gewesen, „dass ab dann kein Durchkommen auf der ursprünglichen Route oder einer Ausweichroute mehr sein würde“.
Wegen der zahlreichen Sitzblockaden steckte die rechte Demo in der Hafenstraße erstmals im sogenannten Wanderkessel fest. „Und wieder wurde durch die Polizeiführung entschieden, nicht zu stoppen, sondern den Weg in Richtung Ludgerikreisel anzutreten. Das führte dann zu einer unübersichtlichen und hektischen Lage und einem teils ruppigen Einsatz der eingesetzten Beamt*innen, der von dieser Stelle an weder koordiniert noch verhältnismäßig war.“ In einem kurzen Filmchen, das wir vor Ort erstellt haben, ist ein wenig davon zu sehen (siehe unten).
Vorwürfe gegen Spezialeinheiten der Polizei
Carsten Peters beschreibt das ruppige Verhalten, das auch uns vor Ort bei einigen Polizeikräften aufgefallen war. Peters macht vor allem die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) verantwortlich – spezielle Einheiten der Bereitschaftspolizei, die in Festnahmetechniken und schnellen Eingreiftaktiken ausgebildet sind. „Die Beamt*innen schubsten die friedlichen Protestierenden vor, hinter und am Rand der extrem rechten Demonstration herum, es wurden Schmerzgriffe angewandt, und Leute teilweise auch einfach umgerannt. An der Hafenstraße sagte die Polizei über ihren Lautsprecherwagen durch, der Gegenprotest solle auf dem Gehweg bleiben, während zugleich Greiftrupps der BFE die friedlichen Protestierenden vom Gehweg herunter schubsten und jagten.“
Auch an der Versammlungsfläche am Ludgeriplatz „rannten die Greiftrupps der BFE einfach mit voller Geschwindigkeit in die friedliche Menge, um diese zu zerstreuen“, so Peters weiter. „Die Folge waren hier mehrere Verletzte, mindestens eine Person – mit dieser standen und stehen wir in Kontakt – musste mit Prellungen und einem Schock ins Krankenhaus gebracht werden.“
Forderung nach Aufarbeitung
Diese Eskalation sei absehbar gewesen und hätte vermieden werden können, meint Peters. So hätte man den Aufmarsch nach verkürzter Wegstrecke am Bahnhof beenden können. „Offensichtlich wollte die Polizei sich aber unbedingt daran versuchen, den extrem rechten Aufmarsch doch noch und notfalls mit Gewalt durchzusetzen, und nahm dafür Verletzte in Kauf – das ist inakzeptabel!“ Zum Abschluss kündigt Carsten Peters in seiner Antwort an, dass das Bündnis „eine Aufklärung des Einsatzes einfordern und in den entsprechenden Gremien in der Stadt auch vorantreiben“ werde.
Die Polizei hingegen fasste nur zusammen, dass sie insgesamt vierzehn Strafanzeigen gefertigt habe, „unter anderem wegen des Verdachts des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung, Volksverhetzung und des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz“. Unsere Anfrage, ob Anzeigen gegen Polizeibeamte erstattet wurden, verneinte die Polizei – mit der Einschränkung: „nach unseren bisherigen Erkenntnissen nicht“.
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