„Uns soll der Leerstand ersetzen“ Sozialpalast e. V. muss zum Monatsende Gasometer-Gelände räumen

Der Gasometer am Boelkeweg. (Archivbild: Thomas Hölscher)
Der Gasometer am Boelkeweg. (Archivbild: Thomas Hölscher)

Öffentliche Räume müssen vielfältiger und nicht-gewinnorientierter Nutzung zur Verfügung stehen. Wie das selbst-verwaltet und ohne wirtschaftliche Interessen umgesetzt werden kann, zeigt seit zwei Jahren das gazometer-Kollektiv am Gasometer. Der mehrmals für kurze Zeiträume verlängerte Mietvertrag ist Ende September ausgelaufen. Was passiert mit dem Gelände, bis sich auf ein konkretes Konzept geeinigt wird?

„Uns soll der Leerstand ersetzen“, kritisiert Maria Heidemann, Teil des gazo-Kollektiv, in einer Pressemitteilung. Denn das Denkmal stünde bis auf Weiteres leer und bliebe ungenutzt. Zum aktuellen Zeitpunkt haben 2121 Personen die Petition zum Erhalt des gazometer-Projekts unterschrieben. „Unser Garten liegt direkt neben dem Grundstück des Gasometers, Kultur ist wichtiger als der nächste Bürokomplex“, so schreibt eine der Unterzeichner*innen. Unter den verschiedensten Gruppierungen, die bereits das Gelände nutzen oder eine Kooperation anstreben, sind unter anderem das Center of Literature, die Falken, der Integrationsrat, FANport Münster, das Stadtlabor Münster, die Romero Initiative, das Hansaforum und der Lern-Treff des Kinder- und Jugendverbandes „SJD – Die Falken“. Damit sei der Ort und die durch das Kollektiv aufgebaute Infrastruktur nicht nur für den Kulturbereich, sondern auch für die Bereiche Jugend, Soziales, Gleichstellung und Integration wichtig.

Öffnung für breite Nutzung

Die Forderungen nach mehr Orten in Münster, die einer vielfältigen Stadtgesellschaft gerecht werden und dem Schutz bestehender Orte wird immer lauter. Stattdessen würden lang bestehende Forderungen nach einem Haus der Kulturen, nach einem Jugendtreff der Falken und innerstädtischem nicht-kommerziellem Kulturangebot nicht erfüllt, heißt es in der Mitteilung weiter. Dank des gazometer-Projektes konnten sich in den letzten zwei Jahren unterschiedliche Menschen begegnen und gemeinsam Ideen entwickeln – für die Zukunft des Ortes und der Stadt als Ganzes. Das gazo-Kollektiv will weiterhin das Gelände für eine breite städtische Nutzung öffnen und eine Teilhabe von unterschiedlichsten Initiativen, Gruppen und Einzelpersonen ermöglichen.

Auch aus Sicht der Grünen könne es nicht sein, dass das Kollektiv an diesem Ort keine Perspektive mehr habe, weil der Mietvertrag ausläuft, meint Christoph Kattentidt während einer Podiumsdiskussion Ende September. Stefan Leschniok (CDU) kann sich ebenfalls nicht vorstellen, dass der Sozialpalast das Gasometer-Gelände kurzfristig räumen muss. Eine Vertragsverlängerung mindestens für die Zeit des Leerstands – darauf warten jetzt also alle.

CDU will Anwohner schützen und keine neuen Finanzbelastungen hinnehmen

Die Rathaus-CDU will bei der künftigen Nutzung des früheren Gasometers am Albersloher Weg die Belange der Nachbarschaft berücksichtigen und lehnt in einer Medienmitteilung deshalb eine künftige Nutzung für Events und Gastronomie ab. Der Bau müsse entsprechend dem Ende September abgelaufenen Pachtvertrag an die Stadtwerke zurückgegeben werden. Der Verein Sozialpalast sei eingeladen, sein Engagement in die räumlich benachbarten Projekte B-Side oder Hawerkamp einzubringen oder sich an der Konzeptvergabe gemeinsam mit einem Investor zu beteiligen.

Ein weiteres vergleichbares Projekt, wie es dem Verein vorschwebe, sei nicht nur wegen der Beeinträchtigung des Lütkenbecker Wohngebietes, sondern auch finanziell nicht tragbar. „Der Fokus für den wachsenden Stadtteil Gremmendorf muss auf dem Bürgerhaus im York-Quartier liegen“, so der örtliche Ratsherr Mathias Kersting. Die künftige Gasometer-Nutzung müsse für die Nachbarn verträglich gestaltet werden und die Weiterentwicklung zu einer Landmarke mit einem Investor forciert werden, sagt sein CDU-Kollege Andreas Nicklas.

Nachfrist zur Räumung verlängert

„Leider ist der Sozialpalast zum ersten Termin zur Schlüsselübergabe ohne Absage nicht erschienen“, erklärt Stadtwerke-Sprecher Florian Adler auf Anfrage von ALLES MÜNSTER. „Auf unsere Nachfrist, die Freitag ausläuft, haben wir nun die Bitte des Sozialpalasts erhalten, ‚aus organisatorischen Gründen‘ noch einmal mehr Zeit zu erhalten, um das Gelände zu räumen.“ Dieser Bitte seien die Stadtwerke nachgekommen, sodass der Verein bis zum Monatswechsel Zeit hat, die Fläche in den ursprünglichen Zustand zu bringen, wie es vertraglich vereinbart ist. „Wir benötigen für die Durchführung der Konzeptvergabe ein Grundstück, das frei von der Nutzung durch Dritte ist“, so Adler weiter. „Letztlich ja mit dem Ziel, den Ratsantrag von Februar auch umsetzen können.“

(Aktualisiert: 19:20 Uhr)

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