Vor gut zwei Wochen gaben die Stadtwerke Münster bekannt, auf dem Gelände des Gasometers eine „Gasometerbörse“ veranstalten zu wollen. Hier sollen Konzepte vorgestellt und über die weitere Nutzung des Objekts entschieden werden. Der dort noch ansässige Kinder- und Jugendverband „SJD – Die Falken“ sieht sich an diesem Standort in seiner Existenz bedroht.
Ende Oktober wollen Stadt und Stadtwerke den Wettbewerb um das beste Nutzungskonzept für das Gasometer-Gelände am Albersloher Weg beginnen. „Ein technisches Sonderbauwerk wie der Gasometer braucht eine maßgeschneiderte Nutzung und erfordert einen anspruchsvollen gestalterischen Umgang. Daher bereiten wir keinen klassischen Investorenwettbewerb vor, sondern eine Konzeptvergabe“, betont Stadtwerke-Projektleiterin Stefanie Gaasch. In dem Wettbewerbsverfahren soll nicht ausschließlich die architektonische und bauliche Gestaltung von einer Jury bewertet und ausgewählt werden, sondern auch das Konzept für die künftige Nutzung des 13.000 Quadratmeter großen Areals. Laut Stadtwerke soll die „Gasometerbörse“ Vorträge und Führungen durch das Gebäude sowie einer Kontaktbörse für interessierte Nutzer und potenzielle Investoren beinhalten. Noch bevor die Bewerbungsphase der Konzeptvergabe offiziell beginnt, soll es die Möglichkeit geben, dass sich Akteure mit ähnlichen Interessen und Vorstellungen zusammenfinden können. Erst dann werde die Ausschreibung der Konzeptvergabe den politischen Gremien zur Entscheidung vorgelegt und anschließend veröffentlicht.
Vertragsverlängerung gefordert
Das Gelände des Gasometers wird seit über einem Jahr von dem Verein „sozialpalast“ bespielt, seit gut einem halben Jahr befinden sich dort auch die Räumlichkeiten des Kinder- und Jugendverbands „SJD – Die Falken“. Die Falken Münster verstehen die Pläne als Angriff auf die Ende diesen Monats anstehende Vertragsverlängerung mit dem sozialpalast e. V. Der Verein habe „trotz ständiger Planungsunsicherheit gezeigt, welches soziale und kulturelle Potenzial dem symbolträchtigen Areal bereits mit niedrigstem Ressourceneinsatz zu entlocken ist.“ Ohne Vertragsverlängerung mit dem Verein drohe eines der letzten Industriedenkmäler Münsters auf unbestimmte Zeit unbegehbar und ungenutzt brach zu liegen. Die Falken rufen die Stadtwerke und die politischen Vertreter der Stadt Münster auf, sich für eine Vertragsverlängerung einzusetzen, damit ein hohes Maß an öffentlicher Zugänglichkeit des Gasometers auch für die Dauer des Konzeptvergabeverfahrens gewährleistet werde.
„Wir bedauern es sehr, den Jugendlichen, die sich am Gasometer einen eigenen selbstorganisierten Lern-Treff eingerichtet haben, mitteilen zu müssen, dass wir keine weiteren Treffen über Ende September hinaus planen können. Wir, als freier Träger der Kinder- und Jugendarbeit, drohen unsere Räumlichkeiten abermals zu verlieren. Dies kann hinsichtlich mangelnder Räume, an denen sich junge Menschen ausleben können, nicht sein“, erklärt Pia Bradt, hauptamtliche Fachkraft der Jugendarbeit der SJD Die Falken Münster. „Uns ergeht es dann wieder wie so vielen gemeinwohlorientierten Vereinen in Münster, die insbesondere aufgrund der aktuell stark steigenden Preise keinen Ort für ihre wichtigen Angebote finden können. Dabei benötigen wir gerade in der aktuellen Krisenzeit unkommerzielle Orte wie der Gasometer, um finanziell benachteiligten Gruppen kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.“
„Zukunftsort gazometer“ erhalten
Matthias Kupke, ehrenamtlicher Vorsitzender der Falken ergänzt: „Wir Falken stellen uns entschieden gegen den Ausverkauf kommunalen Eigentums. Der Gasometer gehört den Stadtwerken Münster, welche eine einhundert prozentige Tochtergesellschaft der Stadt ist. Dieses einzigartige, unbebaute Industriedenkmal droht nun an einen privaten Investor veräußert zu werden und damit auf unabsehbare Zeit der öffentlichen Hand und dem öffentlichen Zugang verloren zu gehen. Keine kommerzielle Nutzung, egal ob Büroturm, Hotel oder Firmensitz kann eine vergleichbare breite Zugänglichkeit schaffen, wie wir sie bereits leben. Wir wollen keinen neuen, vorgefertigten Ort erschaffen. Unser Planungsbüro sind die Menschen und Initiativen, die sich am „Zukunftsort gazometer“ mit ihren eigenen Ideen einbringen wollen.“
In dem zweistufigen Verfahren der Konzeptvergabe sind die interessierten Wettbewerbsteilnehmer gemeinsam mit Architekten aufgerufen, zuerst ihre Grundkonzeption für das Bauwerk einzureichen. Eine Jury mit Vertretern aus Politik und Stadtverwaltung wird die vielversprechendsten Entwürfe zur vertieften architektonischen Ausarbeitung in der zweiten Phase auswählen und schließlich den besten Vorschlag zur Umsetzung und zum Verkauf des Objekts empfehlen. Die Veröffentlichung der Ausschreibung ist laut Stadtwerke für Anfang 2023 vorgesehen.
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