Das PG Jugendzentrum ist besetzt! Weil das Paul-Gerhardt-Haus kurz vor dem Abriss steht, hat eine Gruppe von Unterstützern und Nutzern des PG das Gebäude am Sonntagmittag besetzt

Das PG Jugendzentrum im Paul-Gerhardt-Haus ist seit dem Mittag besetzt. (Foto: Ralf Clausen)
Das PG Jugendzentrum im Paul-Gerhardt-Haus ist seit dem Mittag besetzt. (Foto: Ralf Clausen)

Das Paul-Gerhardt-Haus an der Eisenbahnstraße mit dem PG Jugendzentrum steht kurz vor dem Abriss. Eine Gruppe von Unterstützern und Nutzern des PG hat sich am Mittag diesem Vorhaben mit einer Besetzung entgegengestellt.

Der Auslöser für die Besetzung sei die Schließung des Jugendzentrums im Paul-Gerhardt-Haus ohne eine adäquate Alternative seitens der Trägergemeinde und der Stadt Münster. Dadurch würden nun wichtige Räume für junge Menschen in Münster fehlen, so die Besetzer. Mit der Schließung des PG gingen zudem Räumlichkeiten für die freie, zivilgesellschaftliche Organisation verschiedener Gruppen, Initiativen und politischer Bündnisse verloren. Dies geschehe trotz der ohnehin schon knappen Verfügbarkeit von kostenlosen und niedrigschwelligen Räumen dieser Art in Münster oder ihrer unangemessenen Reduzierung durch die Kapitalinteressen der Stadt und privater Investoren.

„Alle können kommen und sind eingeladen, zu bleiben und sich einzubringen“

Wir haben heute vor Ort mit zwei von den Besetzern gesprochen, die sich uns als Torsten und Hannah vorgestellt haben. Sie betonten, dass sie nicht „die“ Sprecher oder Delegierten der Besetzer sind, sondern „nur“ zwei aus der Gruppe. Laut ihnen setzen sich die Besetzer „aus Besuchenden und Unterstützenden des PG“ zusammen. Grundsätzlich gibt es während der Besetzung eine offene Tür: „Alle können kommen und sind eingeladen, zu bleiben und sich einzubringen“, sagen sie. Auf unsere Frage, was sie sich langfristig erhoffen und was in den nächsten Tagen passiert, antwortete Torsten: „Kurzfristig ist relevant, dass wir hier erstmal drin bleiben können, dass Menschen willkommen sind und wir hier in den nächsten Tagen verschiedene Veranstaltungen organisieren können. Und es wird ’ne Küche für alle geben.“

„Alle können kommen und sind eingeladen, zu bleiben und sich einzubringen“, sagen die Besetzer. Es gibt aber ein paar Regeln, auf die direkt am Eingang hingewiesen werden. (Foto: Ralf Clausen)

Das langfristige Ziel ist, Begegnungsräume zu schaffen und „dass das Jugendzentrum weiterleben kann“. Gleichzeitig wollen die Besetzer, „politisch eine Message heraustragen an die Bevölkerung von Münster, dass Freiräume für Jugendliche und Menschen, die sich politisch engagieren wollen, erhalten bleiben“. Hannah ergänzt dazu: „Gasometer oder Trafostation wurden auch eben erst dichtgemacht, das sind Freiräume wie das PG, die braucht es. Junge Menschen haben die verdient, und wir lassen nicht zu, dass die weiter platt gemacht werden.“ Sie weist auf eine Besonderheit des PG hin: „Das PG hat über 600 Quadratmeter an Fläche, es ist das größte Jugendzentrum in Münster, hier gibt es Tanzräume, es gab einen voll ausgestatteten Raum für junge Bands zum Üben und zum Musik machen, mehrere Theaterräume, mehrere Plenumsräume, ein großes Café mit Billardtisch – all das ist platt gemacht worden. Das sind Entfaltungs- und Begegnungsräume, die gibt es so in Münster nicht mehr, die werden krass fehlen.“

Auf unsere Frage, was in den nächsten Tagen passieren wird, antwortete Torsten: „Grundsätzlich ist ein Abriss geplant, in naher Zukunft, soweit man das irgendwie wissen kann. Diese Aktion soll erstmal verhindert werden.“ Hannah fügte hinzu: „Es soll erstmal ein Begegnungsraum geschaffen werden für die jungen Leute, die diesen verloren haben. Es sind Veranstaltungen geplant, damit das Haus hier so gelebt wird, wie es bisher war.“ Und wie könnte eine langfristige Lösung aussehen? „Es gibt viele Lösungen“, meint Hannah. „Der Förderverein von ‚Rettet das PG!‘ hat Möglichkeiten vorgeschlagen. Es gab vor zwei Jahren mal ein Architekturwettbewerb, um zu überlegen, wie das Gebäude umweltverträglich und sozialverträglich renoviert werden kann. Es gäbe natürlich auch andere Immobilien in Münster, die das Jugendzentrum beherbergen könnten. Die Stadt müsste dass dann locker machen.“

„Wir lassen nicht zu, dass uns und euch noch mehr freie Begegnungsräume genommen werden!“
Auf einem Info-Flyer erklären die Besetzer ihre Aktion. (Foto: Rald Clausen)
Auf einem Info-Flyer erklären die Besetzer ihre Aktion. (Foto: Rald Clausen)

Mit der Besetzung soll einerseits die prekäre Lage sozialer Freiräume in Münster und deutschlandweit kritisiert, gleichzeitig aber auch einen Ort für freie, bedarfsorientierte Bildung, Organisation und Gemeinschaft geschaffen werden. Es sei ein Raum, um Fähigkeiten zu teilen, Bildungsangebote zu schaffen und kulturelle Veranstaltungen abzuhalten, heißt es in einer E-Mail der „Besetzungsgemeinschaft“, die uns heute zugegangen ist. Die Besetzung im PG sei ein Ort für das Viertel, die Nachbarschaft, ein Ort für Subkultur und ein Ort für junge Menschen, die niedrigschwelligen Zugang zu gemeinschaftlichen Angeboten benötigen und verdienen. In Zeiten, in denen der öffentliche und politische Diskurs sich vorrangig auf den Bau von notwendigem Wohnraum konzentriert, seien auch Räume für die Begegnung untereinander unerlässlich. Man lasse nicht zu, dass noch mehr freie Begegnungsräume genommen werden.

Mit dem Abriss des Paul-Gerhardt-Hauses würden wichtige Räume für junge Menschen in Münster fehlen, meinen die Besetzer. (Foto: Ralf Clausen)

Der Nutzer des Grundstückes, die evangelische Erlöser-Kirchengemeinde, hatte erklärt, das große Gemeindehaus aus Kostengründen nicht mehr eigenständig in Betrieb halten zu können. Nun soll an gleicher Stelle gemeinsam mit der St. Franziskus-Stiftung ein neuer „Bildungs- und Begegnungs-Campus“ als ökumenisches Gemeinschaftsprojekt entstehen. Der Rat der Stadt Münster hatte in seiner Sitzung im Februar 2023 hierfür seine Zustimmung gegeben, hierfür auch ein städtisches Grundstück zu nutzen. In einem Neubau soll die Franziskus Gesundheitsakademie unterkommen, die Erlöser-Kirchengemeinde kann Räumlichkeiten anmieten, etwa für die Nutzung als Gemeindezentrum.

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