Wenn Männer Männer und Frauen Frauen lieben – Tanz im Kleinen Haus

Vivien Musweiler, Tanja Kupra und Erika Knauer. (Foto: bk)
Vivien Musweiler, Tanja Kupra und Erika Knauer. (Foto: bk)

Schon vor dem offiziellen Beginn tanzen drei Damen mit dem Rücken zum Publikum, der Übergang zur Vorstellung ist fließend. Wie die Düsseldorferin Tanja Kupra ihren Kopf von rechts nach links schiebt, ohne erkennbar sonst noch ein Körperteil zu bewegen, ist enorm und würde vermutlich jeden Chiropraktiker in Erstaunen versetzen. Aber auch die Beweglichkeit von Erika Knauer und Vivien Musweiler bezaubert die Tanzfreunde am Sonntag Abend im Kleinen Haus. Das Tanzspektrum Münster zeigte unter der Ägide von Regisseur, Choreograph und Tänzer Bruno de Carvalho INsideOUT.

Den meisten Besuchern, obwohl sicher Tanzfreunde, dürften Tänze wie Popping oder Locking nicht bekannt gewesen sein, zumindest der Begrifflichkeit nach nicht. Doch um Begrifflichkeiten geht es auch zunächst nicht. Die vier Menschen demonstrieren Beweglichkeit, tanzen Breakdance-Figuren, synchron, asynchron, schnell, langsam, während sich ein Thema herausschält. Eine große Papierrolle wird langsam, Stück für Stück, abgerollt und beschriftet. „Ich bin ich, ich lebe“ steht da, verziert mit Blümchen und Sonne. Und der geballte Bewegungsdrang scheint das zu unterstreichen. Doch schon mischen sich erste Selbstzweifel und ein gewisses gesellschaftliches Misstrauen in diese Feststellung.

Bruno de Carvalho. (Foto: bk)
Bruno de Carvalho. (Foto: bk)

Der Paartanz von Bruno und Vivien will nicht recht gelingen, vielmehr entzieht sich Vivien. Es geht um Homosexualität. Zu merken, dass etwas nicht geht, das bei anderen scheinbar so mühelos funktioniert, ist ein erster Schritt. Doch wie wird damit umgegangen? Dann werden Bewegungen eben mechanisch ausgeführt wie beim Roboter durch Muskelkontraktionen und – entspannung, das ist das „Locking“. Als echte Könnerin zeigt sich hier Tanja Kupra, die scheinbar mühelos abgehackte Bewegungen fließend darstellen kann. Natürlich zeigt Bruno de Carvalho seine besondere Dynamik. Den Besuchern geht es ja vordringlich um den Tanz. Dass es ein verbindendes Element gibt, nämlich den Umgang mit gleichgeschlechtlichen Beziehungen, ist jedoch sinnvoll und stellt die Akteure auch vor Aufgaben, die es zu lösen gilt. Denn wie stellt man das – nur mit Tänzen – dar?

In der letzten Frequenz ist sich Bruno de Carvalho nicht zu schade, Wasser vom Kochtopf in die Zinkwanne zu gießen und sich – angedeutet – die Brusthaare zu rasieren. Eine schöne tänzerische Darstellung, die Appetit auf mehr macht.

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