„Vorbehalte gegen Impfungen stammen aus einer anderen Zeit“

„Aus zwei Gründen sollte die Impfung erfolgen: Erstens schütze ich mich damit selbst. Und zweitens ist jeder Erkrankte auch eine Gefahrenquelle für Menschen in seinem Umfeld.“ (Foto: so)

Woher kommt die allgemeine Impfmüdigkeit? Und welche Impfungen sind für den Urlaub wichtig? Dr. Frieder Schaumburg, Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie am Institut für Medizinische Mikrobiologie am UKM, klärt über Impfmythen auf und informiert über die gängigsten Reiseimpfungen.

Dr. Frieder Schaumburg betont die Bedeutung eines flächendeckenden Impfschutzes für die Bevölkerung. (Foto: UKM)

Welche Impfungen empfehlen Sie Urlaubern vor dem Reiseantritt?
Das hängt ganz von den Reisezielen ab. Im EU-Ausland sind es die Impfungen, die wir hier in Deutschland allgemein empfehlen: Gegen Tetanus, Diphterie, Keuchhusten, Masern, Mumps und Röteln. Dazu ist es ratsam, sich vor Hepatitis A zu schützen; diese Krankheit kann man zum Beispiel bekommen, wenn man kontaminiertes Wasser zu sich nimmt oder Meeresfrüchte isst. Auch im außereuropäischen Ausland gibt es Unterschiede: Für Subsahara-Afrika und Südamerika ist eine Gelbfieber-Impfung sinnvoll; für Südostasien und Afrika ist ein Schutz gegen Tollwut wichtig. Bei besonders langen Reisen in Südostasien ist eine Vakzination gegen die Japanische Enzephalitis ratsam. Es gibt noch viele weitere spezielle Impfungen, die Urlauber hier bei uns in der Impfsprechstunde am UKM oder beim Hausarzt abklären sollten. Acht bis sechs Wochen vor Reiseantritt sollte das Gespräch mit dem Arzt erfolgen.

Immer wieder hört man von einer allgemeinen Impfmüdigkeit. Registrieren Sie in der Universitätsmedizin Münster dies auch?
Bei den Impfungen, die in Deutschland grundsätzlich empfohlen sind und normalerweise im Kindesalter erfolgen, ist ein gewisser Rückgang erkennbar. Eltern kennen und  erleben viele Erkrankungen gar nicht mehr in ihrem persönlichen Umfeld – und sehen daher auch die Notwendigkeit nicht, ihre Kinder dagegen zu schützen. Dass wir so wenige Fälle von Tetanus, Masern und Diphterie haben, ist ein Erfolg der Impfungen. Wir können gewisse Krankheiten dank der Schutzimpfungen ausrotten, aber dafür braucht es eine flächendeckende Prophylaxe innerhalb der Bevölkerung.

Warum ist es wichtig, dass sich die Menschen möglichst flächendeckend impfen lassen?
Aus zwei Gründen: Erstens schütze ich mich damit selbst. Und zweitens ist jeder Erkrankte auch eine Gefahrenquelle für Menschen in seinem Umfeld. Mit jeder verhinderten Infektion werden weitere Folgeinfektionen vermieden. Wenn mal eine Infektionskrankheit auftritt, ist es wichtig, dass sie nicht auf fruchtbaren Boden trifft – daher ist eine hohe Impfrate elementar.

Warum gibt es dann überhaupt Vorbehalte gegen Impfungen?
Persönlich ist mir das auch ein Rätsel. Die Vorteile der Impfungen sind offensichtlich: Beispielsweise gibt es Polio nur noch in ganz wenigen Ländern, und auch dort erzielt man Fortschritte. In naher Zukunft wird Polio wahrscheinlich ausgerottet sein. Warum eine Skepsis gegenüber einer solch effektiven medizinischen Maßnahme besteht, ist unter rationalen Gesichtspunkten nicht nachvollziehbar. Viele Vorbehalte der Impfgegner stammen aus einer anderen Zeit und beziehen sich auf Zustände, die heute ganz anders sind. Beispiel Quecksilber: Früher wurde die Substanz zur Konservierung genutzt, das ist heutzutage nicht mehr notwendig. Solche Argumente haben heute keinen Bestand mehr, sie sind alle widerlegt. Antworten auf die 20 häufigsten Impfmythen gibt auch das Robert-Koch-Institut auf seiner Website.

Einige Impfgegner sagen, dass die Impfstoffe vorher nicht genügend getestet würden.
Das ist wirklich Unsinn. Impfstoffe durchlaufen wie jedes andere Medikament verschiedene Prüfungsphasen. In den ersten klinischen Studien wird nur die Sicherheit überprüft. Nur wenn das Mittel sicher ist, wird anschließend dessen Effektivität getestet. Bevor eine Zulassung für ein Arzneimittel – wie einen Impfstoff – erfolgt, muss es nachweislich sicher und wirksam sein. Das wird sehr streng durch verschiedene Institutionen und Behörden kontrolliert.

Sämtliche Fragen rund um das Thema Impfungen beantworten die UKM-Mediziner im Rahmen der Impfsprechstunde. Termine können montags, dienstags, donnerstags und freitags von 10 bis 13 Uhr unter T 0251 83–55373 vereinbart werden. Die Impfambulanz befindet sich im Institut für Medizinische Mikrobiologie, Domagkstraße 10, 48149 Münster.

Entwarnung bei Impfmythen – UKM-Mikrobiologe Dr. Frieder Schaumburg im Video (Quelle: UKM)

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