Vom wenig romantischen Treiben der Täufer Neuerscheinung informiert detailliert und kompakt über das Reich der Täufer

"Die Ewigkeit erwartet, den Untergang erhalten" von Michael Wehner. (Foto: Bührke)
„Die Ewigkeit erwartet, den Untergang erhalten“ von Michael Wehner. (Foto: Bührke)

Neben dem Westfälischen Frieden dürfte es wohl kaum ein historisches Ereignis geben, das so eng mit Münster verbunden ist, wie die Zeit der Täufer. Kaum ein Tourist, der nicht ohne Schaudern zu den drei Körben am Turm von St. Lamberti hinaufblickt, in denen die sterblichen Überreste von Jan van Leiden, Bernhard Knipperdolling und Bernd Krechting zur Schau gestellt wurden. Doch die historischen Zusammenhänge, die zur Gründung und nach nur drei Jahren zum Untergang des Täuferreichs in Münster führten, dürfte vielen Menschen unbekannt sein. Ein neues Buch des Agenda-Verlags schafft hier Abhilfe.

Das Buch „Die Ewigkeit erwartet, den Untergang erhalten“ von Michael Wehner beschreibt kompakt auf nicht mal 100 Seiten zunächst die Rahmenbedingungen, unter denen die Ideologie der Täufer immer mehr Anhänger finden konnte und das nicht nur in Münster. So litten die Menschen seinerzeit unter der „kleinen Eiszeit“, einer globalen Abkühlung, die unter anderem zu Missernten und Hunger führten. Hier kam jedes angeblich göttliche Heilsversprechen gerade recht. Und das kam tatsächlich ziemlich dicke daher, kein Geringerer als Jesus Christus persönlich sollte erscheinen, um mit den aufrichtigen Täufern das tausendjährige Reich zu begründen. Nun ja.

Was führte dazu, dass die drei Täufer in den Körben an St. Lamberti landeten? Dieses Buch sagt es euch. (Foto: Bührke)
Was führte dazu, dass die drei Täufer in den Körben an St. Lamberti landeten? Dieses Buch sagt es euch. (Foto: Bührke)

Was rückblickend oft romantisierend dargestellt wird, zum Beispiel die weitestgehende Abschaffung von Privatbesitz, die angestrebte Gleichheit aller Menschen und natürlich die Polygamie, rückt der Autor in ein anderes, vermutlich realistischeres Licht. Was wie eine frühe Form des Sozialismus wirkt und die Gründer des legendären münsterschen alternativen Stadtmagazins „Knipperdolling“ möglicherweise dazu motivierte, sich nach einem der zentralen Täuferfiguren zu benennen, war tatsächlich in vielen Bereichen ein Terrorregime. Der König residierte auf einem Thron, der mitten auf dem Prinzipalmarkt stand. Trotz Hunger und Armut in der Bevölkerung ließ er sich eine goldene Krone schmieden und das Rechtssystem schien im Grunde genommen nur eine Strafe zu kennen, die Todesstrafe. Nicht selten erinnern die Schilderungen in Wehners Buch an aktuelle politische Ereignisse in autoritär geführten Ländern der Erde. Die Mechanismen scheinen sich diesbezüglich seit 1532 kaum geändert zu haben.

Randvoll mit Informationen
Leider gab die Bindung sehr schnell nach. (Foto: Bührke)
Leider gab die Bindung sehr schnell nach. (Foto: Bührke)

Die Neuerscheinung ist trotz ihres überschaubaren Umfangs randvoll mit Informationen, die einen enormen Rechercheaufwand bedeutet haben müssen. Der Autor, studierter Jurist, war unter anderem am Institut für Deutsche Rechtsgeschichte tätig. In Münster hat er viele Jahre als Stadtführer sowie als Seminar- und Reiseleiter gearbeitet. „Die Ewigkeit erwartet, den Untergang erhalten“ ist ein Sachbuch mit sehr hoher Informationsdichte. Zum einen ist es gut geeignet, um schnell sehr viel über die Zeit der Täufer zu erfahren. Zum anderen ist es eben kein Roman, der sich so nebenbei liest. Unter diesem Blickwinkel ist auch der Preis von 17,90 Euro für 98 Seiten noch OK. Leider gab die Bindung unseres Exemplars trotz pfleglichen Umgangs schnell an einer Stelle nach. Dennoch: Für Münsteranerinnen und Münsteraner mit einem Sinn für Stadtgeschichte ist dieses Buch sehr zu empfehlen.

„Die Ewigkeit erwartet, den Untergang erhalten: Die Täufer in Münster 1532 – 1535“ von Michael Wehner. Herausgeber: agenda Verlag Münster; Taschenbuch: 98 Seiten. ISBN : ‎ 978-3-89688-881-5. 17,90 Euro

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