„The Black Rider“ als Hafenspektakel Dritte Open-Air-Inszenierung des Wolfgang Borchert Theaters ist die Musical-Bearbeitung der Freischütz-Sage von William S. Burroughs, Robert Wilson und Tom Waits.

Das Ensemble für "The Black Rider – The Casting of the Magic Bullets". (Foto: David Kolkmann)
Das Ensemble für „The Black Rider – The Casting of the Magic Bullets“. (Foto: David Kolkmann)

Nach Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ (2012 im Gasometer) und „Der Sturm“ (2018 auf der Hafenbühne) feiert heute Abend das dritte große Open-Air-Spektakel des Wolfgang Borchert Theaters seine Premiere erneut auf der Hafenbühne: „The Black Rider – The Casting of the Magic Bullets“, die Musical-Bearbeitung der legendären Freischütz-Sage von William S. Burroughs und Robert Wilson mit Musik von Tom Waits.

Auch wenn es jedes Mal ein Kraftakt war, so erhielt das Wolfgang Borchert Theater doch stets großen Zuspruch für seine Open Air-Aufführungen. So wird es auch in den nächsten Wochen mit „The Black Rider“ sein. Das garantiert zum einen schon das Stück, das seit seiner Uraufführung 1990 am Hamburger Thalia-Theater immer wieder gern auf deutsche und internationale Bühnen gebracht wurde. Und das lag nicht nur daran, dass der Autor William S. Burroughs, der Musiker Tom Waits und der Original-Regisseur Robert Wilson zumindest damals unglaublich populär waren, sondern weil sie die urdeutsche Geschichte vom Freischütz so herrlich parodiert haben. Jedenfalls ganz anders als Carl Maria von Weber in seiner romantischen Oper „Der Freischütz“.

Ivana Langmajer als diabolischer Stelzfuß. (Foto: David Kolkmann)
Ivana Langmajer als diabolischer Stelzfuß. (Foto: David Kolkmann)

Solch eine Vorlage kommt dem Ensemble des Wolfgang Borchert Theaters entgegen, das gerne die schrillen, bunten und komödiantischen Momente aus einem Stück herauskitzelt. Und davon gibt es hier reichlich. Schon das Original von Robert Wilson enthielt neben allerlei optischen Anspielungen an deutsche expressionistische Stummfilme auch einigen Slapstick und Anspielungen an die Popkultur. Davon hat Meinhard Zanger in seiner Inszenierung noch einiges hinzugefügt, bis hin zu einer kurzen Marilyn Monroe-Szene. Wer findig und kundig ist, wird allein daran seinen Spaß haben, weitere solcher Details zu entdecken.

Zanger zitiert auch sich selbst: In einer der ersten Szenen von „The Black Rider“ erhält das schnittige Schnellboot aus „Der Sturm“ einen erneuten, wenn auch nur sehr kurzen Einsatz. Und wie der WBT-Intendant 2018 aus dem Zauberer Prospero eine Prospera machte, hat er auch hier die teuflische Figur des Stelzfuß mit einer Frau besetzt. Es bereitet wirklich Spaß, Ivana Langmajer in dieser Rolle zu beobachten, und auch ihr Gesangstalent kommt dabei so richtig zur Geltung. Ihr wichtigstes Gegenüber ist natürlich der etwas tollpatschige Schreiber Wilhelm, der in die hübsche Försterstochter Käthchen verliebt ist, aber leider kein Talent zum Schießen hat. Florian Bender spielt ihn und auch er singt die Lieder erstaunlich gut.

(Foto: David Kolkmann)

Überhaupt wird hier für ein Stück, das die Musik von Tom Waits zur Grundlage hat, oft viel zu schön gesungen. Dafür sorgen neben den beiden genannten Schauspielern aus dem Ensemble einige „hinzugekaufte“, wie der Opernsänger Jonas Böhm und die Schauspieler Iris Boss und Gregor Eckert. Aus der Stammbestzung des WBT sind Rosana Cleve, Erika Jell, Alessandro Scheuerer und Jürgen Lorenzen dabei. Schülerinnen und Schüler des Gymnasium Paulinum treten zudem als Hirsche und Geister auf.

Hervorzuheben ist auch die hervorragende Band um Jürgen Knautz und Manfred Sasse, die als die „Borchert’s Bullets Band“ auch mit dem Bühnenbild in Szene gesetzt werden. Das ist wie beim „Sturm“ aus mehreren Pontons zusammengesetzt, was diesmal aber keine so große Rolle spielt. Denn hier findet die Handlung ja nicht auf einer Insel statt, sondern vor allem im Wald und im oder am Forsthaus. Die Bäume des Waldes sind allerdings sehr stark abstrahiert, sie erinnern ein wenig an expressionistische Filme der 1920er Jahre. Gestaltet hat das Ganze wie schon beim „Sturm“ der kroatische Bühnenbildner Darko Petrovic.

Florian Bender als der tollpatschige Schreiber Wilhelm. (Foto: David Kolkmann)
Florian Bender als der tollpatschige Schreiber Wilhelm. (Foto: David Kolkmann)

So ein Theaterspektakel auf einer schwimmenden Open-Air-Bühne ist immer auch eine Herausforderung für die Technik. Und die wurde wirklich gemeistert: immer mal wieder qualmt es – und meistens passt es zur Handlung. Kurz vorm Schluss schlagen sogar Flammen aus dem Boden und auch die Beleuchtung wird immer dramatischer. Was sich in den letzten Jahren erkennbar verbessert hat, ist die Qualität der bei so einer Aufführung unvermeidlichen Funkmikrofone: man vergisst schnell, dass sie genutzt weden – so natürlich ist inzwischen der über sie transportierte Klang.

Alles in alllem eine gelungene Aufführung, die das Publikum am Hafen wieder sehr begeistern wird. Zumindest annähernd ausverkauft sind bisher nur viele der Vorstellungen an den Wochenenden, ansonsten sind noch Karten erhältlich. Buchen ist direkt über die Homepage des WBT möglich.

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