Skulptur Projekte zuende – Fortsetzung erst 2028?

Diskutierten zum Abschluss der Skulptur Projekte auf dem Podium (v.l.): Andreas Siekmann (Künstler), Britta Peters (Kuratorin), Prof. Johan Hartle (Kunstwissenschaftler), Dorothea von Hantelmann (Kunstwissenschaftlerin und Moderatorin), Kasper König (Künstlerischer Leiter) und Marianne Wagner (Kuratorin). (Foto: wf / Weber)
Diskutierten zum Abschluss der Skulptur Projekte auf dem Podium (v.l.): Andreas Siekmann (Künstler), Britta Peters (Kuratorin), Johan Hartle (Kunstwissenschaftler), Dorothea von Hantelmann (Kunstwissenschaftlerin und Moderatorin), Kasper König (Künstlerischer Leiter) und Marianne Wagner (Kuratorin). (Foto: wf / Weber)

Kasper König ist immer für einen Aufreger gut. Mit der öffentlich geäußerten Überlegung, die Skulptur Projekte vom Rhythmus der „documenta“ zu trennen und erst in elf Jahren fortzusetzen, hatte er vor schon vor der Abschlussfeier am Samstag für Unruhe in Münster gesorgt. Offenbar war dem Kuratoren-Team die Resonanz in der Stadt und beim Publikum einfach zu freundlich geworden. Immerhin sollen in den 116 Tagen über 600.000 Besucher zu den Kunstwerken gekommen sein.

„Was haben wir falsch gemacht, dass es alle so toll finden?“, fragte König dann tatsächlich etwas provozierend in der Podiumsdiskussion, mit der die Skulptur Projekte Münster 2017 im Foyer des LWL-Museums für Kunst und Kultur abgeschlossen wurden. Sie stand unter dem Motto „Wem gehören die Skulptur Projekte?“ – eine einfache Antwort gab es darauf allerdings nicht.

Oberbürgermeister Markus Lewe ist sich sicher: "Skulptur Projekte 2017 müssen Skulptur Projekte 2027 nach sich ziehen!" (Foto: wf / Weber)
Oberbürgermeister Markus Lewe ist sich sicher: „Skulptur Projekte 2017 müssen Skulptur Projekte 2027 nach sich ziehen!“ (Foto: wf / Weber)

Bei der Diskussion auf dem Podium und später mit dem Publikum wurden aber auch andere Fragen gestellt, auf die nicht immer zufriedenstellende Antworten kamen. So fragte die Kunstwissenschaftlerin Dorothea von Hantelmann als Moderatorin, ob es zu wenig Skandal, zu wenig Reibung, zu wenig Konflikt gegeben hätte: „Ist aus Umarmung Vereinnahmung geworden?“ Ein Besucher fragte, an wen die Skulptur Projekte sich eigentlich richtet: an die Bürger oder an Kunsttheoretiker? Er vermutete, dass ein großer Teil der Besucher die Sprache der Skulpturen nicht verstanden hätte.

„Braucht man mediale Aufregung?“ war eine der gestellten und nicht wirklich beantworteten Fragen, „darf Kunst noch Spaß machen?“ lautete eine weitere. „Wir wollen nicht populistisch sein, wir wollen nicht unterhalten, wir wollen aber auch nicht langweilen“, antwortet Kasper König, deswegen wünschte er sich, dass Künstler und Kuratoren weiterhin das Risiko des Scheiterns eingehen. Zum Kuratorenteam gehörten dieses Jahr auch Britta Peters und Dr. Marianne Wagner. Wer die nächsten Skulptur Projekte betreut, egal ob 2027 oder 2028, das ist noch völlig offen. Der heute 73-jährige Kasper König wird dann jedenfalls nicht mehr dabei sein, er will sich nicht mit dem Rollstuhl zu den Kunstwerken kutschieren lassen, wie er am Samstag sagte.

Wem die Kunstwerke der Skulptur Projekte gehören, wie das Feuergebäude von Oscar Tuazon am Kanal, ist nicht endgültig zu klären. (Archivbild: th)
Wem die Kunstwerke der Skulptur Projekte gehören, wie das Feuergebäude von Oscar Tuazon am Kanal, ist nicht endgültig zu klären. (Archivbild: th)

„Wem gehören die Skulptur Projekte?“ – auf diese Frage hatte zumindest einer auf dem Podium eine Antwort. Für den Karlsruher Kunstprofessor Johan Hartle sind es alle, schließlich sei die ganze Welt dafür nach Münster gekommen, einige Kunstwerke können von breiten Bürgerschichten bis hin zu den Obdachlosen genutzt werden, wie das Feuergebäude von Oscar Tuazon am Dortmund-Ems-Kanal. Außerdem meinte Professsor Hartle, „wenn die Kunst irgendwann irgendjemand gehört, ist sie tot“.

Wer die Kunst bezahlt, das wurde schon mit der Rednerliste deutlich, denn sie hatte mit Grußworten der Geldgeber begonnen. LWL-Direktor Matthias Löb äußerte dabei seine Zweifel, ob mit der Änderung des Rhythmus weiter so viele internationale Besucher nach Münster kommen würden. In die gleiche Kerbe schlug auch Oberbürgermeister Markus Lewe, der in seiner Rede ausrief: „Skulptur Projekte 2017 müssen Skulptur Projekte 2027 nach sich ziehen!“ Zu den fehlenden Konflikten meinte er achselzuckend, „wenn’s mal schön ist, dann isses halt schön“ und kündigte an, jetzt schon damit anzufangen, Geld zu sammeln. Auch Thomas Tenkamp, Geschäftsführer der Kulturstiftung der Westfälischen Provinzial Versicherung, sagte für die Sparkassen-Finanzgruppe zu, die Skulptur Projekte weiter unterstützen zu wollen, ebenso wie Dr. Ursula Sinnreich, die als Generalsekretärin der Kunststiftung NRW für das Land sprach.

Die Ausstellungsmacher der Skulptur Projekte hatten in das Foyer des LWL-Museums geladen. (Foto: wf / Weber)
Die Ausstellungsmacher der Skulptur Projekte hatten in das Foyer des LWL-Museums geladen. (Foto: wf / Weber)

Einige Vorwürfe wurden am Samstagabend dann doch an die Ausstellungsmacher gerichtet. Andreas Siekmann, der 2007 mit „Trickle Down“ vor dem Erbdrostenhof an den Skulptur Projekten teilgenommen hatte, wünschte sich, das Kuratorenteam hätte seine internen Diskussionen im Vorfeld öffentlich gemacht. Manche vermissten das Soziale und Politische an den Skulpturen. Darauf antwortete Britta Peters, dass es nur jemand vermissen könnte, der nicht so richtig hingesehen hat, und nannte als Beispiel die Installation „Cosmic Generator“ von Mika Rottenberg im Asia-Laden in der Gartenstraße.

Und für großen Tumult sorgte schließlich Lars Köllner, Gründer der „k3 Stadtführungen“. Er beklagte, dass die verschiedenen Anbieter von Stadttourismus schon im Februar aufgefordert wurden, keine eigenen Führungen zu den Skulpturen durchzuführen, auch wenn diese im öffentlichen Raum stehen. Der heftige Widerspruch von den Kuratoren und den offensichtlich zahlreich anwesenden Hilfskräften, die Kunstwerke bewacht oder selbst Führungen geleitet haben, galt der Qualität von Anbietern wie „k3“. Kasper König appellierte an sie: „bitte bevormundet nicht die Besucher“. Köllner selbst vermutet, dass er für die Ausstellungsmacher nur eine lästige Konkurrenz bei der Vermarktung gewesen sei.

Wie man aus Kritik zu einer versöhnlichen Schlussfolgerung kommt, belegte schließlich eine Besucherin. Sie freute sich, dass sie mit allerlei fremden Menschen ins Gespräch kam, weil die den nahezu unbrauchbaren Stadtplan zu den Skulptur Projekten einfach nicht verstehen konnten. Im Anschluss zur Diskussion stieg im Foyer des Landesmuseums eine Party, die aber nicht mit den Eröffnungsfeierlichkeiten am Hawerkamp mithalten konnte.

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