Wer dachte, dass klassische Gitarrenkonzerte nur eine handvoll Liebhaber interessiert, der wurde beim Konzert des italienischen Saiten-Virtuosen Roberto Tascini deutlich eines Besseren belehrt. Gute 120 Gäste fanden am frühen Sonntagabend den Weg in die kleine „Zukunftswerkstatt-Kreuzviertel“ in der Schulstraße. Trotz dessen man sogar Bürostühle herbeischaffte, um den Besuchermassen zusätzlich Sitzgelegenheit zu stellen, mussten einige Zuschauer das Konzert stehend genießen. Kinder nahmen kurzerhand in 3er Reihen auf dem Boden Platz. Die
Gleich zu Beginn hatte Tascini mit Johann Sebsatian Bachs „Ciacconna“ aus der Violinpartita d-moll, BWV 1004 ein Stück im Programm, das nicht wenige Gitarristen wegen seiner Komplexität und technischen Anfordernisse meiden. Tascini verzichtete indes sogar auf ein voran gestelltes „Warmspielstück“. Mit unbändiger Kraft und Präzision durchmaß er die rasenden Skalen und polyphonen Stimmverläufe.
Ganz anders als die monumentale „Ciacconna“ kam Mauro Giulianis anschließende „Grande Overture op. 61“ herüber. Voller hintergründigem Witz machte sich der mit Wolfgang Amadeus Mozart gut bekannte Komponist und Gitarrenvirtuose hier über die damals wie heute so populäre Welt der großen Opernmusik her. Riesige Orchesterbesetzungen, dazu noch Chor und Gesangssolisten – diesen Gestus hat Giuliani in seinem Werk für nur eine einzige Gitarre höchst amüsant persifliert. Doch diese Kompositionen werden häufig despektierlich bloß als „zweite Klassik-Liga“ bezeichnet. Tatsächlich existieren zahlreiche Beispiele langatmiger und wenig inspirierender Interpretationen. Dies ist Ergebnis technischer Grenzen von Interpreten, die dann zu Kompromissen im Tempo oder der tonlichen Sauberkeit bereit sind. Wer stattdessen jedoch im Stande ist sein Publikum mit diesem Werk bestens zu unterhalten, ja zu fesseln und mitzureißen, der muss ein ganz großer Virtuose sein. Tascini zündete ein technisches Feuerwerk mit größtem musikalischen Ausdruck.
Der zweite Konzertteil begann mit 3 der insgesamt „24 Caprichos de Goya op. 195“ des italienischen Neo-Romantikers Mario Casteluovo-Tedesco. Die Charakterstücke beschreiben einzelne, teils bizarre Bilder Francisco de Goyas. Mit groteskem Trommeln begann Tascini die Nr. 24. Dazu mischten sich bald wirre, wahnsinnig wirkende Skalen. Der Namen des Bildes:„¿de que mal morira?“ – zu deutsch: „Woran wird er sterben?“. Lächelnd dämmert der Tod!
Mit Gentil Montanas „Suite Columbiana“ folgte ein sprühend lebendiger Kontrast zum Abschluss des Hauptprogramms. Ausgelassene Rhythmen ließen manchen Zuschauerfuß unruhig werden. Riesenapplaus, und stehende Ovationen (und die waren nicht Ergebnis des Stuhlmangel) dankte Tascini mit zwei Zugaben.
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