#münsterklima21 – Wissenschaft Themenwoche // World Environment Day // „Hitzewellen werden zunehmen. Mit großer Wahrscheinlichkeit auch Sturmtätigkeit und Trockenperioden“

Die Häufigkeit von Unwettern haben auch in Münster zugenommen (Archivbild: Michael Bührke)
Die Häufigkeit von Unwettern haben auch in Münster zugenommen (Archivbild: Michael Bührke)

Dr. Otto Klemm, Professor für Klimatologie am Institut für Landschaftsökologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, ist durch und durch Wissenschaftler, was nicht bewiesen ist oder zumindest eine hohe Wahrscheinlichkeit aufweist, wird auch nicht behauptet. Umso schwerer wiegt, was der Klimatologe berichtet: „Ja, der Klimawandel ist im Münsterland angekommen. Wir haben eine Temperaturzunahme von weit über einem Grad seit der Zeit vor der Industrialisierung. Das ist ein sehr klarer Trend, wie er deutschlandweit, europaweit und auch weltweit zu erkennen ist.“ Langfristige Messungen zum Klima, die vom Deutschen Wetterdienst (DWD) durchgeführt werden, zeigen bei den Niederschlägen zwar keine derart deutliche Zu- oder Abnahme, erkennbar sei aber laut Klemm eine Verschiebung vom Sommer in den Winter. Mit anderen Worten, die Sommer werden wärmer und trockener.

Prof. Dr. Otto Klemm ist Klimatologe am Institut für Landschaftsökologie der Uni Münster. (Foto: WWU Münster)
Prof. Dr. Otto Klemm ist Klimatologe am Institut für Landschaftsökologie der Uni Münster. (Foto: WWU Münster)

Auch für die Zukunft gehen unterschiedliche Klimamodelle ganz eindeutig davon aus, dass es wärmer wird, wie der Klimatologe erläutert: „Bei den Temperaturen ist man sich am sichersten. Hitzesommer, wie wir ihn zuletzt 2003 erlebt haben, werden aller Wahrscheinlichkeit nach zum Ende des Jahrhunderts mehr als einmal in zehn Jahren vorkommen. Hitzewellen werden zunehmen. Mit großer Wahrscheinlichkeit auch Sturmtätigkeit und Trockenperioden.“ Insgesamt entwirft Prof. Dr. Otto Klemm ein Bild, von dem die Sommer 2018 und 2019 einen kleinen Vorgeschmack geliefert haben. Laut Klimastatusbericht 2019 des DWD war 2018 in Deutschland das wärmste Jahr seit 1881. Im Jahr 2019 lag die Jahresmitteltemperatur bei 10,3 Grad, zusammen mit dem Jahr 2014 ist das Platz zwei der wärmsten bisher beobachteten Jahre. Folge war in beiden Jahren eine intensive Dürre mit weitreichenden Auswirkungen auf die Forst- und Landwirtschaft aber auch auf die Binnenschifffahrt, wie der DWD berichtet.

Das Starkregenereignis von 2014 ist vielen Münsteranern noch gut in Erinerung (Archivbild: Thomas Hölscher)
Das Starkregenereignis von 2014 ist vielen Münsteranern noch gut in Erinerung (Archivbild: Thomas Hölscher)

„Die Extreme werden in Richtung Niederschläge und Trockenheit zunehmen. Wobei man beim Blick in die Zukunft nie so sicher ist wie beim Blick in die Vergangenheit!“, wie Klemm anmerkt. Dass der letzte Winter zum Teil extrem kalt war, gerade in Münster heftige Schneefälle mit sich brachte und auch die Monate April und Mai dieses Jahres ungewöhnlich kühl waren, ist für den Klimatologen kein Widerspruch zum allgemeinen Temperaturanstieg: „Wenn wir über den Klimawandel reden, reden wir darüber, dass sich das Klima im Durchschnitt verändert, wobei es immer Schwankungen nach oben und nach unten gibt. Wir werden immer wieder besonders warme oder besonders kalte Jahreszeiten haben. Wir haben immer große Schwankungen, aber ein, zwei oder drei Jahre machen noch keinen langjährigen Trend. Wenn man sich die Jahrzehnte anschaut, dann ist der Trend absolut eindeutig. Wir haben ja auch verstanden, warum es so ist. Es ist ja nicht so, dass wir nur den Trend beobachten und sagen, ja stimmt, so ist es, wir haben nur keine Ahnung warum. Weil wir aber die Ursachen kennen und weil daraus die Projektionen berechnet werden können, ist man sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit sicher, dass es so weitergehen wird.“

Auch in Zukunft muss mit verheerenden Niederschlägen in Münster gerechnet werden (Archivbild: Thomas Hölscher)
Auch in Zukunft muss mit verheerenden Niederschlägen in Münster gerechnet werden (Archivbild: Thomas Hölscher)

Der Starkregen von 2014 war unter anderem deswegen so verheerend, weil sich das damalige Tiefdruckgebiet nur sehr langsam bewegt hat und so der Regen über einen langen Zeitraum auf ein relativ kleines Gebiet gefallen ist. Auch hier liegen die Ursachen mit hoher Wahrscheinlichkeit im Klimawandel begründet. Der Jetstream, der in großer Höhe und mit hohen Windgeschwindigkeiten in westöstlicher Richtung auftritt, bildet in den letzten Jahren zunehmend Ausbuchtungen nach Norden und Süden aus, die wie das Schlängeln eines Flusses aussehen, sogenannte Mäander. „Der Jetstream mäandriert mehr, das hängt mit häufiger auftretenden blockierenden Wetterlagen zusammen, dadurch wird das Durchziehen von Tiefdruckgebieten aufgehalten. Als Folge kann sich eine Hitzewelle oder ein Sturmtief länger in einer Region aufhalten als dies früher der Fall gewesen wäre. Das sind Dinge, die werden untersucht und man ist zum Teil sehr überrascht. Wir werden noch viele Überraschungen erleben in den nächsten zehn, zwanzig oder noch mehr Jahren“, wie der Klimaexperte prognostiziert.

In unserer Reihe #münsterklima21 zum "World Environment Day" veröffentlichen wir bis zum 5. Juni, dem Weltumwelttag, täglich um fünf vor zwölf Interviews mit sehr unterschiedlichen Experten, in denen wir der Frage nachgehen, wie sich der Klimawandel im Münsterland auswirkt. Ihr findet alle Beiträge gebündelt unter diesem Link #münsterklima21

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