Für viele ist die Figur des Manni Höch noch immer fester Bestandteil des Wilsberg-Kosmos. Ein Grund dafür könnte sein, dass Manni die einzige Figur ist, die seit der allerersten Folge aus dem Jahr 1995 (damals noch mit Joachim Kròl in der Hauptrolle) dabei war und die Geschichten rund um den Privatdetektiv zehn Jahre lang mit einer Mischung aus Humor und Naivität begleitete. Schauspieler Heinrich Schafmeister verriet uns im Interview, was ihn mit Münster verbindet, warum er bei Wilsberg ausgestiegen ist, was er von Politikern hält und vieles mehr.
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ALLES MÜNSTER: Sind Sie gerne in Münster?
Heinrich Schafmeister: Ja, das bin ich. Ich habe mehrere Bezüge zu Münster. Meine Großeltern und Eltern kommen von hier. Die sind also hier aufgewachsen. Das Zweite ist, dass ich hier in der Nähe im katholischen Internat vom Pius-Gymnasium, war. Das Gymnasium gibt es noch. Das dritte war dann Wilsberg. Das hat mich dann auch hierher geführt. Meine Eltern liegen hier außerdem auf dem Friedhof, also ich bleibe Münster verbunden.
ALLES MÜNSTER: Für viele Wilsberg-Fans ist die Rolle des Manni unvergessen. Welche Bedeutung hat diese Rolle für Sie?
Heinrich Schafmeister: Das mit dem Ausstieg war damals etwas Schmerzliches, klar. Ich bin gegangen, weil es damals eine gewisse Krise gab, manche Leute beim ZDF wussten nicht, ob man die Reihe so oder doch lieber anders weitermachen sollte. Das war für uns alle damals nicht leicht. Aber ich finde, das braucht die Seele der Zuschauer, das ist genau richtig. Also ich muss auch sagen, dass ich diese Rolle, die ich da gespielt habe, sehr, sehr geliebt habe, weil es eine Figur ist, die eigentlich aus der Zeit herausfällt. Denn der Humor kam nicht daher, dass der irgendwie albern war, sondern das war echte Freundschaft. Man könnte auch sagen wie bei einer Ehe. Und diese Ehe bestand darin, dass der eine gibt und der andere nimmt. Das heißt, ich gebe immer und der andere nimmt immer. Und er ist eben ein unglaublich Treuer. Und das ist so eine Art von Treue, die so aus der Zeit gefallen ist. Er hätte doch eigentlich mal merken müssen, dass er ausgenutzt wird. Aber darum ging es nicht, das war seine Aufgabe. Das ist sein Sinn des Lebens gewesen. So, und deswegen funktionierte das. Dann kam noch dazu, dass ich mich mit den ganzen Kollegen, die dabei waren, sehr, sehr gut verstanden habe und ich den Leonard Lansink ja schon seit Urzeiten kenne und mit ihm befreundet bin. Schon zu einer Zeit, in der wir beide noch nicht wussten, dass wir Schauspieler werden wollten.
ALLES MÜNSTER: Also schon vor Wilsberg?
Heinrich Schafmeister: Seit den 70ern. Ich bin in Essen geboren und er wurde in Essen zwar nicht geboren, ist aber dort aufgewachsen. In der Zeit haben wir uns schon immer gesehen, waren in der Szene in den gleichen Kneipen. Daher kennen wir uns schon.
ALLES MÜNSTER: Sie waren auch zusammen auf der Folkwang-Schule, oder?
Heinrich Schafmeister: Ja, das kam danach, da wussten wir ja schon, dass wir Schauspieler werden wollen. Aber schon vorher kannten wir uns, da machte ich noch Musik. Essen ist halt so, da gab es nur ein paar Kneipen, wo man als Jugendlicher hinging und wer jugendlich war, war entweder da oder zu Hause und dann hat man sich eben jeden Tag gesehen. [lacht]
ALLES MÜNSTER: War in der Rolle des Manni auch viel Schafmeister mit drin?
Heinrich Schafmeister: Also ich bin die Rolle nicht. Aber natürlich sage ich mal, wenn der Wilsberg und der Manni wie Feuer und Wasser sind und trotzdem zusammengehören, dann konnte man das auch von uns beiden sagen. Wir gehen zusammen auf Theatertournee und wir sind wie Feuer und Wasser! Wir sind so was von unterschiedlich, man muss uns nur nebeneinander stellen, dann ist das schon komisch. Wir müssen da gar nichts machen.
ALLES MÜNSTER: Fehlt Ihnen die Rolle? Und fehlt Ihrer Meinung nach der Reihe Wilsberg die Rolle des Manni?
Heinrich Schafmeister: Ach, erstmal ist es gut, dass es Wilsberg gibt, weil es Herz hat. Das hat es im realen öffentlich-rechtlichen Umfeld immer ein bisschen schwer, weil man da immer so dramaturgiebelastet ist und was Schweres bieten will. Und diese Mischung zwischen Krimi und dann doch was Herzallerliebstes, das hat ja was Herz- und Seelenerwärmendes. Ich habe 2005 aufgehört und man muss sagen, dass manche Sachen ja nicht dadurch besser werden, wenn man sie ewig macht. Wenn der Konflikt damals nicht gewesen wäre, wäre ich nicht ausgestiegen. Das ist eine andere Geschichte. So, und ich muss sagen, die Rolle ist ja noch da und die lebt ja noch für mich. Und ich höre es natürlich gerne, dass die Leute das jetzt noch immer gerne sehen. Auf der anderen Seite ist es so, wenn ich da nicht aufgehört hätte, hätte ich andere Dinge im Leben nicht angefangen. So wie es ist, ist es gelaufen und ist so auch gut.
ALLES MÜNSTER: Sie haben es eben schon angedeutet, würden Sie verraten, warum Sie aufgehört haben?
Heinrich Schafmeister: Also das ist ja jetzt wirklich 100 Jahre her. Der Redakteur, der damit zu tun hatte, das war sein Baby. Aber es gab eben auch andere im ZDF, die das schon vom Grundkonzept gar nicht wollten. Ich sage dazu immer Lagerfeuer-Effekt. Damit meine ich, man kriegt die volle Wärme vom Publikum, von Münster und so weiter mit und von hinten war Eiseskälte. Das war dann das ZDF – also ‚das ZDF‘ gibt es nicht – aber es gab Tendenzen, auch in höheren Positionen, die mit uns als Person kein Problem hatten, die aber die Mischung aus Krimi und Komödie ganz scheußlich fanden. Das ist aber der Kern des Wilsberg und das war der Konflikt. Und dieser Konflikt entlud sich ja gerade in meiner Figur, die war ja Krimi und Komödie, ohne Komödie wäre es dann auch nicht mehr Manni gewesen. Da sollten also Sachen geändert werden. Ich will das jetzt auch gar nicht mehr wiederholen. Ich habe dann jedenfalls irgendwann gesagt, dass ich die Bremse ziehe, dann gehe ich lieber, bevor es irgendwie geändert wird. Das Ganze hat dann aber doch bewirkt, dass letztendlich die Linie beibehalten wurde. Es hat ja diese Chemie behalten. Die anderen Figuren, die gekommen sind, die halten ja diese Temperatur und das ist klasse!
ALLES MÜNSTER: Sie haben eben schon ganz kurz erzählt, dass Sie mit Leonard Lansink noch immer Kontakt haben.
Heinrich Schafmeister: Wir werden Anfang des nächsten Jahres wieder auf Tournee gehen mit dem Stück, das wir schon tausendmal gespielt haben. Aber auch dieses Paar wollen die Leute wieder sehen. [Gemeint ist die Komödie „Kunst“ von Yasmina Reza]
ALLES MÜNSTER: Haben Sie auch noch Kontakt zu anderen aus dem Team?
Heinrich Schafmeister: Och ja, mit Rita [Russek]. Immer mal so zwischendurch. Also man sieht sich monatelang gar nicht und dann immer mal wieder. Die Welt ist ja klein!
ALLES MÜNSTER: Viele Wilsberg-Fans sind unverändert auch Manni-Höch-Fans, obwohl sie bereits 2005 ausgestiegen sind. Verwundert Sie das?
Heinrich Schafmeister: Das ist jetzt vielleicht ein bisschen eingebildet: Ne! Das ist ja auch bei mir so: Eine Sendung, die ich als Zuschauer sehe und bei mir so richtig ins Herz geht, die vergisst man ja auch nicht. Das ist dann auch so ein Stück Lebensabschnitt, und wenn man das mal getroffen hat bei den Leuten, dann sind die auch treu, so wie Manni, mindestens!
ALLES MÜNSTER: Sie würden aber nicht jedem Fan Ihr Auto leihen?
Heinrich Schafmeister: Nicht unbedingt [lacht] Das sind die kleinen Unterschiede!
ALLES MÜNSTER: Manni saß für die Grünen im Stadtrat. Sie selber sind gewerkschaftlich aktiv. Sind Sie denn grundsätzlich auch ein politischer Mensch?
Heinrich Schafmeister: Das würde vermutlich jeder von sich sagen aber ich bin’s auch. Dadurch, dass wir diese Gewerkschaft machen, sind wir’s [Schafmeister ist im Vorstand des Bundesverbands Schauspiel e.V. – BFFS]. Gewerkschaft heißt Tarifverträge und so weiter, das was es vorher alles nicht gab, aber wir machen auch Lobby und gehen zu den Politikern, ob das nun Herr Scholz ist, man drückt sich, man kennt sich. Aber das heißt natürlich nicht, dass die alles machen, was wir wollen! Überhaupt muss ich sagen, dass ich vor dieser Arbeit, 2006 hat das angefangen, auch so meine Kritik gegenüber Politikern und so weiter geäußert habe. Seit ich Lobbyarbeit mache, muss ich ganz ehrlich sagen, dass es erstens noch schlimmer ist als man denkt, andererseits bin ich sowas von überzeugt von unserer parlamentarischen Demokratie, weil auch diese Menschen alle nur mit Wasser kochen, so wie wir zu Hause. Und so wie wir unseren familiären Ärger haben, ist es auch in der Politik sehr komplex. Das hört man selten, aber ich halte auf die Politiker ganz große Stücke. Man hört oft, dass das Parlament zu groß wird, weil es ja dann noch mehr Politiker gibt und es noch schlimmer wird. Das ist falsch! Wir sollten nicht diese Schlagworte der Nazis und der AfD übernehmen, wir sollten uns dem nicht anpassen. Wir sollten froh sein, dass wir Menschen haben, die sich politisch engagieren. Ob das in der Kommune ist, wie ein Bürgermeister und die anderen, die hier arbeiten oder ob das im Land ist oder beim Bund, da gibt’s auch faule Äpfel drunter, wie immer, aber überwiegend sind die wirklich hoch motiviert und versuchen was zu reißen und das ist schwierig. Ich kann hier wirklich nur meinen Respekt zollen! Insofern bin ich ein politischer Mensch.
ALLES MÜNSTER: Würden Sie dann auch ein politisches Amt übernehmen?
Heinrich Schafmeister: Nein, ich bin Interessensvertreter, ich vertrete die Interessen der Schauspielerinnen und Schauspieler. Man muss sich dann ja auch in Welten reinarbeiten, die nicht meine sind, man muss eben alle vertreten. Das ist wirklich verdammt viel Verantwortung, was man denen auch anmerkt. Wir können uns in unserem Land wirklich nicht so sehr über unsere Politiker beschweren. Es gibt andere Länder, da würde man eher die Hände vor die Augen halten, da sind wir gar nicht so schlecht gesegnet. Aber klar, Fehler machen sie am laufenden Band.
ALLES MÜNSTER: Es gab ja immer mal wieder kleine Auftritte für Manni im Wilsberg. Ist da wieder was geplant?
Heinrich Schafmeister: Das war der Redakteur, der das alles mal ins Leben gerufen hat und jetzt im Ruhestand ist, der Martin R. Neumann. Der hat das gelebt, das war sein Baby und deswegen kam ich da auch immer wieder vor, Leonard [Lansink] wollte das auch. Ich würde nicht nein sagen, auf gar keinen Fall. Aber ob ich nun vorkomme oder nicht, er lebt ja noch irgendwo, in Bielefeld. Gibt’s diese Stadt überhaupt? [lacht]
Das Interview führte Michael Bührke
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