„Kirche kann homosexuelle Partnerschaft segnen“ Dieter Geerlings, emeritierter Weihbischof aus Münster, äußerte sich offen bei Podiumsdiskussion der Queergemeinde Münster

 „(Wie lange noch) Kann Kirche Segen verweigern?“ - darüber diskutierten Anke Papenkort (Theologin Aidshilfe Münster), Pastoralreferentin Elisabeth Frenke, Dr. Andreas Merschmeier (Jurist und Mitglied bei „Homosexuelle und Kirche“) und Weihbischof em. Dieter Geerlings bei der Veranstaltung der Queergemeinde Münster am Donnerstagabend im Pfarrheim St. Josef Münster Süd. (Foto: Bischöfliche Pressestelle / Jule Geppert)
„(Wie lange noch) Kann Kirche Segen verweigern?“ – darüber diskutierten Anke Papenkort (Theologin Aidshilfe Münster), Pastoralreferentin Elisabeth Frenke, Dr. Andreas Merschmeier (Jurist und Mitglied bei „Homosexuelle und Kirche“) und Weihbischof em. Dieter Geerlings bei der Queergemeinde Münster im Pfarrheim St. Josef Münster Süd. (Foto: Bischöfliche Pressestelle / Jule Geppert)

„Die Kirche kann eine homosexuelle Partnerschaft segnen. Das ist die Meinung des Münsteraner Weihbischof em. Dieter Geerlings“, so heißt es einer Pressemitteilung, die gestern nicht von irgendwem kam, sondern vom Bischöflichen Generalvikariat. Unklar ist, ob dies eine Einzelmeinung bleibt oder den Anstoß zu einer weiteren Entwicklung in der Katholischen Kirche führt. Wir geben den Text zu der Podiumsdiskussion, die am Donnerstagabend unter dem Titel „(Wie lange noch) Kann Kirche Segen verweigern?“ von der Queergemeinde Münster im Pfarrheim St. Josef Münster veranstaltet wurde, hier ungekürzt wieder.

Die Kirche kann eine homosexuelle Partnerschaft segnen. Das ist die Meinung des Münsteraner Weihbischof em. Dieter Geerlings. Denn: „Ein Segen bedeutet, dass dafür gebetet wird, dass die Beziehung gut gelingt. Dass Gott mit anwesend ist, hilft, erfahrbar ist“, erklärt der 72-Jährige weiter. Das Leben der Partner erfahre durch den Segen eine Wertschätzung. Und er resümiert weiter: „Wenn Gott die Liebe ist – und das glauben wir als Christen – dann kann sich die Kirche nicht zwischen Gott und sich liebende Menschen stellen.“ Einen Vorschlag zur Änderung der Sexualmoral der katholischen Kirche hat er in Absprache mit dem Bistum eingereicht.

Mehr als 60 Gäste sind am Donnerstagabend der Einladung der ökumenischen Queergemeinde Münster ins Pfarrheim am St.-Josefs-Kirchplatz in Münster gefolgt um über das Thema „(Wie lange noch) Kann Kirche Segen verweigern?“ zu sprechen. Zusammen mit Weihbischof em. Geerlings auf dem Podium: Anke Papenkort, Theologin Aidshilfe Münster, Elisabeth Frenke, Pastoralreferentin tätig in der Krankenhausseelsorge und bei der Ehe-, Familien-, und Lebensberatung Münster, sowie Dr. Andreas Merschmeier, Jurist und Mitglied bei „Homosexuelle und Kirche“.

Die Kirche, erklärt Geerlings, müsse die Erkenntnisse der Wissenschaft zum Thema Homosexualität zur Kenntnis nehmen und dementsprechend etwas verändern. „Ich gehöre als Weihbischof zum Lehramt. Und wenn ein Lehramt nur lehrt und nicht mehr lernt – dann ist etwas falsch“, sagt er. Man könne nicht an einer Theologie festhalten, die den gesellschaftlichen Wandel nicht wahrnimmt, fasst er zusammen, denn „die Fruchtbarkeit als einziges Kriterium für eine gelebte Sexualität zu akzeptieren ist überholt. Sexualität kann ein Ausdruck von Liebe sein, zwei Menschen möchten Verantwortung füreinander übernehmen.“ Und eigentlich, betont der 72-Jährige, sei es toll und auch außergewöhnlich, dass da Menschen sind, die etwas möchten, was die Kirche spenden kann: den Segen. Im Bistum Münster werde das Thema aktuell in der Liturgiekommission diskutiert.

Wenn es um das Thema der Reformen geht, sieht der Weihbischof em. die Herausforderung in einem problematischen Verständnis von Einheit und Vereinheitlichung. „Wenn wir es schaffen, über die Vielfalt, die wir als Weltkirche haben, in Kommunikation zu treten und keine Uniformität anstreben, sondern voneinander lernen und keine Gegensätze aufbauen – dann wäre Vieles einfacher. Dann haben wir eine Einheit, die nichts mit Uniformität zu tun hat.“

Kann die katholische Kirche mit ihrem eigenen Arbeitsrecht, der Grundordnung, Menschen sanktionieren, die in einer homosexuellen Partnerschaft leben und damit staatliches Recht aushebeln? Die Antwort Geerlings‘: „Das kirchliche Arbeitsrecht gehört auf den Prüfstand. Es hat die Arbeitsverhältnisse zu regeln, nicht die Lebensverhältnisse.“ Die Kirche müsse sich fragen, ob sie noch auf dem richtigen Weg sei – und das dann theologisch bewerten. Der Jurist Dr. Andreas Merschmeier fasst zusammen: „Das Risiko einer Kündigung aufgrund persönlicher Lebensverhältnisse wie zum Beispiel einer homosexuellen Partnerschaft oder einer Wiederheirat nach einer Scheidung, ist höher, je mehr der Job mit Verkündigung zu tun hat.“ Elisabeth Frenke zeigt sich optimistisch: „Stellen werden mittlerweile mit dem Zusatz männlich/weiblich/divers ausgeschrieben; vor 15 Jahren undenkbar. Da tut sich was.“

Viele Aspekte rund um das Thema sind es, die den Gästen an dem Abend unter den Nägeln brennen: Begleitet Kirche eigentlich Transmenschen in ihrem persönlichen Prozess? Wie sieht es aus mit dem Adoptionsrecht für Regenbogenfamilien und können diese sich an eine Beratungsstelle der katholischen Kirche wenden? Wie sieht die Meinung zum Thema Homosexualität in der Kirche insgesamt aus – sind die konservativen Stimmen wenig aber sehr laut? Deutlich wird dadurch, dass das Thema den Nerv der Zeit trifft und die Kirche bereit ist, in Beziehung und Dialog zu treten. Anke Papenkort macht den Gästen zum Ende des Abends Mut: „Gehen Sie hin und fragen Sie nach dem Segen.“

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