Mettbrötchen gegen die Einsamkeit

Jens Heinrich Claassen bespielt das Kreativhaus. (Foto: bk)
Jens Heinrich Claassen bespielt das Kreativhaus. (Foto: bk)

Am Freitag Abend hatte er mal wieder ein Heimspiel. Der Wahl-Düsseldorfer Comedian Jens Heinrich Claassen, der sonst auf so ziemlich allen deutschsprachigen Bühnen unterwegs ist, kommt nämlich eigentlich aus Münster. Und die Münsteraner haben ihren verlorenen Sohn auch gleich wieder ins Herz geschlossen: das Kreativ-Haus an der Diepenbrockstraße war ausverkauft.  

„Ich freue mich“, sagt Claassen dann auch und ergänzt: „Das sage ich nicht jeden Abend.“ Macht eine Pause und setzt, als das Publikum schon ganz gerührt scheint – hinzu: „Ich trete nicht jeden Abend auf.“

„Damals war ich schlanker“ lautet der programmatische Titel seines Auftritts, der das beste von vier Comedy-Programmen enthält. Was die Überschrift vermuten lässt, dass nämlich Claassen sich selbstironisch aufs Korn nimmt, bringt ihm reichlich Sympathien ein. Ob er am Flügel spielt „Ich kann nur  C-Dur“, seine unsportliche Figur erklärt „Ich liebe Mettbrötchen“ oder verzweifelt ein Freundin sucht, mit der er auch das „Mettbrötchen teilen würde.“

Gleich zu Anfang gibt er zu, dass er Schwitzer sei oder – politisch korrekt – Mensch mit Transpirationshintergrund. Schon rollen die ersten Schweißperlen im heißen Bühnenlicht und Claassen greift zum Handtuch. Deshalb – so vermutet der Comedian dann – halte eine Beziehung auch nur ein Tiefdruckgebiet lang. So richtig klappts eben nicht mit einer Freundin und Claassen singt von einer Episode mit einer Mathematikerin. Die hat von ihm erwartet, dass er Nachkommastellen der Kreiszahl Pi auswendig kennt. Vielleicht sollte Claassen es mal mit einem Mann probieren und tatsächlich ist es dann auch Peter aus dem Publikum, den auserkoren hat. Ein bisschen Interaktion ist belebend. Aber niemand wird auf die Bühne geholt oder bloßgestellt.

Man merkt, dass Claassen hier in Münster seine Wurzeln hat. Zwischendurch geht er, mit Handtuch im Nacken, immer wieder ins Auditorium und begrüßt Freunde und alte Weggefährten. Dabei spricht die Herzlichkeit für ihn und der direkte Zuschauerkontakt für Kleinkunstbühnen. Eigentlich wollte Claassen ja Arzt werden. Denn: „Lassen Sie mich durch, ich bin Klavierspieler“ klinge einfach nicht cool. Es gibt einen Punkt im Leben eines jeden Menschen, an dem man sich von alten Vorstellungen trennen muss. Bei Claassen war es die Durchsage in einem Flugzeug: „Wir haben einen Notfall, ist ein Arsch an Bord?“. Schon fliegen die Finger über die weißen Tasten „die schwarzen kann ich nicht“ und das münsteraner Urgestein singt von der Arschhelferin, dem Frauenarsch und Hausarsch. Das ist doch Eigentherapie. An einer Stelle hängt Claassen, ein Textaussetzer wie er noch nie vorgekommen sei, und der Mann am Flügel fragt ins Plenum: “ Ist Presse im Saal? Das schreiben Sie nicht. Sonst hören Sie von meinem Anwalt“.

Ganz zum Schluss singt Claasen dann noch ein Lied nur für Peter aus Begriffen, die ihm zugeworfen werden. Das macht er einfach großartig, auch wenn er die politische Brisanz nicht verkennt und Erdogan gekonnt umschifft „Da kommt man ja ins Gefängnis“. Ein schöner Abend.

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