Hofläden erleben Boom in der Pandemie Regionale Produkte sind auch im Münsterland sehr gefragt / Forsa-Befragung

Wenn die Sonne mitmacht, soll es in den Hofläden, wie hier bei Familie Bäcker, vor Ostern den ersten Spargel geben. (Foto: Münsterland e.V.)
Wenn die Sonne mitmacht, soll es im Hofladen der Familie Bäcker vor Ostern den ersten Spargel geben. (Foto: Münsterland e.V.)

Frische Lebensmittel aus der Region haben im Pandemie-Jahr stark an Relevanz gewonnen. Vor allem Hofläden erfreuen sich einer gesteigerten Nachfrage, denn sie bündeln Transparenz, kurze Wege, Nachhaltigkeit und das Wissen um den Ursprung dessen, was auf den Teller kommt.

Eine repräsentative Befragung von Forsa im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (VZBV) vom Januar hat diesen Trend nun in Zahlen bestätigt: Für 92 Prozent der Befragten sind die Einhaltung hoher Umweltstandards und eine regionale Herkunft der Produkte wichtig. Außerdem sind 95 Prozent der Befragten beim Kauf von Lebensmitteln gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in der Lebensmittelproduktion wichtig, ebenso wie die Einhaltung hoher Tierschutzstandards. „Verbraucher möchten wissen, unter welchen Bedingungen Lebensmittel hergestellt werden. Sie wollen mehrheitlich nachhaltiger konsumieren und sind auch bereit, mehr Geld dafür auszugeben“, so Vorstand Klaus Müller laut VZBV-Meldung.

Diese Erfahrung machen auch Landwirte in Münster. „Wir merken, dass regionale Lebensmittel in der Corona-Krise sehr viel mehr in den Fokus gerückt sind. Das bestätigen uns auch andere Anbauer“, sagt Melanie Bäcker vom Erdbeer- und Spargelhof Bäcker in Gelmer. Während des ersten Lockdowns, als Spargel und Erdbeeren Hochsaison hatten, gab es eine hohe Nachfrage nach den erntefrischen Produkte. „Niemand war im Urlaub, niemand konnte essen gehen, da waren unsere Verkaufshütten gut besucht“, sagt Bäcker.

Der Familienbetrieb liegt zudem idyllisch nahe der Rieselfelder, so dass viele Kunden ihren Einkauf dort mit einer Fahrradtour verbinden. Denn dies ist der zweite wichtige Aspekt: Ein Einkauf im Hofladen ist immer auch eine Auszeit vor der Haustür, ein ursprüngliches Natur-Erlebnis, und hat durch die Corona-Einschränkungen eine neue Qualität bekommen. Während frisches Obst und Gemüse, Milchprodukte, Eier oder Fleisch in den Einkaufskorb wandern, können die Kinder in den Kuhstall schauen, Hühnern hinterherrennen oder Erdbeeren pflücken.

Täglich 800 Eier

Auf dem Hof Krützkemper am Rande von Gievenbeck steht direkt am Eingang ein Stall mit Kaninchen, Hofhund Lucky begrüßt die Kunden neugierig. In dem kleinen Lädchen findet man eine feine Auswahl, zum Beispiel vom Hausherrn selbst geschleuderten Honig, selbst gemachte Konfitüren, saisonales Obst, Milchprodukte, Rind- und Schweinefleisch vom direkten Nachbarshof. Außerdem gibt es Eier, viele Eier: Die 950 Hennen legen täglich etwa 800 Stück – und die Hofbesitzer Claudia und Philipp Augenstein haben keine Probleme, diese zu verkaufen.

Der kleine Laden ist im Pandemie-Jahr wirtschaftlich zum zweiten Standbein für den Hof geworden, der für therapeutisches Reiten bekannt ist. „Es gibt eine sehr große Nachfrage nach natürlichen Produkten, deren Herkunft man am besten sofort sehen kann“, sagt Claudia Augenstein, während dutzende Hennen gackernd auf sie zu rennen. Die Tiere leben in vier Hühnermobilen auf den großen Wiesen am Hof und können den ganzen Tag nach Lust und Laune scharren, flanieren, ein Nickerchen halten oder auf den Kästen der zehn Bienenvölker herumklettern. Wenn abends das Licht in den solarbetriebenen Mobilen an geht, begeben sich die Hühner nach Hause.

„Gestartet haben wir hobbymäßig mit einem umgebauten Bauwagen und 90 Hühnern“, erinnert sich Claudia Augenstein. Mittlerweile kann die Familie täglich hunderte Eier aus dem frischen Dinkel-Spelz einsammeln. „Der Spelz macht das Eierlegen für die Hühner so ein bisschen zum Wellness-Erlebnis“, sagt die dreifache Mutter lachend.

„Transparenz ist gewünscht“

Solch artgerechte Haltung honorieren die Kunden, weiß auch Birgit Jacquemin, Referentin für Direktvermarktung bei der Landwirtschaftskammer NRW mit Sitz in Münster. Man könne diesbezüglich einen echten Trend erkennen, ebenso wie die Nachfrage nach Nischenprodukten wie Fleisch von alten Rassen. Zudem halte Corona die Verbraucher in der Region, was wiederum den Hofläden und regionalen Automaten großen Zulauf beschere. „Das Interesse ist groß, die Transparenz ist gewünscht“, sagt Birgit Jacquemin.
Zudem sei es ist eine Vertrauensleistung, im direkten Dialog mit dem Erzeuger stehen zu können.

Ein überaus erfolgreiches Hofladen-Konzept mit nicht minder persönlichem Austausch mit der Bauernfamilie ist der Milchhof Große Kintrup in Handorf. Zwar gibt es hier kein Ladenlokal, dafür aber mehrere Regiomaten – Kühlschrank-Automaten zur Selbstbedienung. Milch, Quark, Joghurt, Pudding, Sahne, Stippmilch: Alles stammt aus eigener Herstellung von zufriedenen Kühen, die im Sommer auf der Weide und sonst im offenen Stall sind, in dem sie sich frei bewegen können.

Besucher dürfen in den Stall

Die rund 230 Kühe entscheiden selbst, ob sie fressen, liegen oder sogar, ob sie das automatische Melksystem benutzen möchten. Dies alles können die Besucher von einer großen Plattform im Stall aus beobachten. Durch die schöne Lage nahe der Werse in der Münsterländer Parklandschaft kann man eine Fahrradtour mit dem Hofbesuch verbinden. Für diesen Schlemmer-Stopp gibt es seit März einen zusätzlichen Grund: der nagelneue Automat, ausschließlich gefüllt mit Eis, das aus hofeigenen Produkten hergestellt wird. „Schon am ersten Wochenende war der Automat mehrmals leer gekauft. Wir sind überwältigt von immer wieder neuen Gästen und unserer treuen Kundschaft“, erzählt Tanja Große Kintrup.

Genau dieses Kundenverhalten ist es, das vielen Landwirten während der Pandemie Antrieb gibt. Die Münsterländer scheinen nicht nur Wert auf Qualität, Transparenz und kurze Wege zu legen. Sie schätzen vor allem auch den Kontakt zu ihrem Bauern, den sie aus Überzeugung unterstützen.

3 Kommentare

  1. Ich kaufe regelmässig meine Eier bei Krützkemper,es gibt keine besseren Eier das lasse ich mir auch etwas mehr kosten.Im Winter gibt es tegelmässig ein Huhn für Hühnersuppe kann ich nur empfehlen,alles seh freundliche Leute einschlieslich Hofhund.

    1. Hallo Herr Höhner, das ist eine tolle Einstellung. Bei der Recherche zum obingen Text haben wir auch gemerkt, wie familiär es auf dem Hof Krützkemper zugeht und wie sehr sich die alle drei Generationen der Familie um die Tiere kümmern. Viele Grüße vom Team des Münsterland-Siegel.

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