Henrike Jütting hat mit „Villa 13“ ihren zweiten Münsterkrimi veröffentlicht. Grund genug, sich mit ihr an einem grauen Februartag im Café Garbo auf ein Getränk zu treffen.
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Du hast Dir gerade einen schwarzen Tee bestellt. Trinkst Du viel Tee?
Ja. Tatsächlich mag ich keinen Kaffee. Ich finde zwar, dass der toll riecht, aber ich vertrage ihn nicht so gut.
Ich bin eher der Kaffee-Typ. Mit viel Milch! Aber lass uns mal über deinen Roman reden. 2017 hast du bereits einen Krimi veröffentlicht, „Schweigende Wasser“, mit dem gleichen Ermittlerinnen-Team wie jetzt bei deinem aktuellen Werk, „Villa 13“. Wie bist du damals darauf gekommen, einen Münster-Krimi mit zwei Frauen in den Hauptrollen zu schreiben?
Ich musste nicht lange darüber nachdenken, ob es eine weibliche oder männliche Hauptfigur wird. Eine weibliche Ermittlerfigur liegt mir natürlich näher, weil ich mich besser in sie hineinfinden kann. Das Alter der Polizistinnen, Ende 30, habe ich bewusst gewählt. Es bietet noch Entwicklungsmöglichkeiten, ohne dass die beiden zu jung, zu naiv sind. Der Schauplatz Münster hatte zunächst ganz pragmatische Gründe, weil ich dachte, dass es gut ist, wenn ich einige der Orte persönlich abfahren kann. Das hilft meiner Vorstellungskraft!
Das Privatleben von beiden Ermittlerinnen ist ja relativ turbulent …
Ja, es macht mir sehr viel Spaß, das Privatleben der beiden auszudenken. Natürlich steht der Krimiplot im Vordergrund, aber die persönliche Entwicklung und die privaten Verstrickungen der beiden finde ich auch spannend.
Wie hast Du denn für die Bücher recherchiert? Hast Du Kontakte zur Polizei?
Ja, für meinen Erstling, „Schweigende Wasser“, habe ich mit einer Bekannten gesprochen, die bei der Kripo arbeitet. Letztendlich habe ich aber nicht den Anspruch, dass meine Bücher hundertprozentig authentisch sind. Fernsehkrimis sind das ja auch nicht. Ich finde, zugunsten des Unterhaltungswertes darf man da schon Abstriche machen. Es ist ja alleine schon so, dass eine Mordkommission immer aus ganz vielen Leuten besteht. Das ist für ein Buch aber sehr unpraktisch – ich möchte nicht über zwölf verschiedene Menschen schreiben, die alle gleichzeitig ermitteln. Natürlich ist es wichtig, dass im Buch nachher keine groben Schnitzer enthalten sind. Ich habe mir auch einiges an Literatur zum Thema besorgt. Ich versuche, einen guten Mittelweg zwischen Authentizität und Recherche zu finden.
Du recherchierst gerne?
Ich denke mir auch gerne Sachen aus, aber ja, die Recherche macht auch Spaß. Für „Villa 13“ habe ich mich mit einem Freund getroffen, der in Jugendeinrichtungen gearbeitet hat. Er konnte mir viel über die entsprechenden Krankheitsbilder erzählen. Nach der Lektüre sagte er mir übrigens, dass er das Buch sehr realistisch fand. Das hat mich sehr gefreut.
Das bringt mich auf einen weiteren Punkt: Deine Morde geschehen in einer relativ kleinen Einrichtung der Jugendfürsorge. Wie bist du auf dieses Umfeld gekommen?
Ich kenne solche Wohngruppen aus einem früheren beruflichen Zusammenhang. Solche Einrichtungen mit einer geringen Zahl an Patientinnen und Patienten gibt es tatsächlich, die Villa ist insofern realistisch. Zusätzlich habe ich mir aus dem Netz konkrete Infos über Leben und Alltag in solchen Einrichtungen zusammengesucht. Die alte Villa in Angelmodde habe ich mir aber komplett ausgedacht. Zudem brauchte ich ein überschaubares Figurenensemble.
Überschaubares Figurenensemble – das gibt es ja auch oft bei Agatha Christie, die du auf deiner Homepage als Vorbild nennst. Dein Krimi erinnert tatsächlich an einige ihrer Geschichten: Von Anfang an ist klar, dass der oder die Täter aus dem direkten Umfeld der Villa stammen müssen, und letztendlich alle dort auch ein Motiv haben …
Ein klassischer Whodunit-Krimi eben. Agatha Christie ist ja quasi die Erfinderin dieses Genres und ich mag das sehr. „Villa 13“ ist eben kein Thriller. Für mich war einfach immer wichtig, dass es ein Verbrechen und dass es einen Täterkreis mit Gelegenheit gibt, und dass man bis zum Schluss nicht weiß, wer es war. Eigentlich sollte die Geschichte auch kein klassischer Regionalkrimi werden, und ich sehe das Buch auch bis heute nicht als solchen. Es enthält definitiv Münster-Anteile, aber weder heißen alle Holtkötter noch Heitkamp. Es läuten auch nicht ständig die Kirchenglocken und es regnet nicht dauerhaft. Man sollte das Buch eben auch lesen können, wenn man in einer anderen Stadt wohnt. Ganz am Anfang habe ich auch darüber nachgedacht, einen fiktiven Ort zu nehmen. Aber warum? Der pragmatische Aspekt, sich die Schauplätze ansehen und den Figuren ganz nah sein zu können, hat mir beim Schreiben sehr geholfen.
Wie bist du denn zum Schreiben gekommen?
Als Teenager habe ich voller Begeisterung Agatha Christie gelesen. Ich weiß noch, dass ich bereits damals dachte: So etwas würdest du auch gerne schreiben. Aber dann standen jahrelang andere Dinge im Vordergrund. Irgendwann, nach Stationen in Bremen und Celle, bin ich schließlich wieder nach Münster gezogen, und da passte das Projekt dann auch in die Lebensphase. Ich habe zuerst mit Kurzgeschichten angefangen, einfach, um das Schreiben auszuprobieren. Da habe ich gemerkt, dass der Schreibprozess mir ganz, ganz viel Spaß macht. Die Rückmeldungen von meinen Freundinnen, die diese Geschichten dankenswerterweise gelesen haben, waren auch positiv. Ja, und dann habe ich mich tatsächlich an einen Krimi versucht und gemerkt, dass Vorstellungskraft und vieles andere vorhanden war – aber nach den ersten hundert Seiten wusste ich überhaupt nicht mehr, wie es weitergehen sollte. Ich hatte so viele Fässer aufgemacht und Handlungsfäden gesponnen und wusste plötzlich nicht mehr, wie ich die alle zum Abschluss bringen sollte.
Klassische Anfängerprobleme also.
Ja, genau. Ich habe mich dann professionalisiert, Online-Tutorials durchgearbeitet und Wochenendseminare besucht. Ich war auch mehrmals auf den Buchmessen in Frankfurt und Leipzig, da gibt es immer Begleitveranstaltungen zu Autorenthemen. Schließlich habe ich ein Fernstudium zum Romanschreiben begonnen. Das war gut, weil ich eine tolle Studienleiterin hatte, die mit mir sehr konstruktiv an meinen Texten arbeitete. Die Anfänge von „Schweigende Wasser“ sind dabei entstanden.
Die Entstehung von „Villa 13“ ist also durchaus ein längerer Weg gewesen; ein Prozess, der mich über viele Jahre hinweg begleitet hat. Menschen die mich nicht persönlich kennen, sagen manchmal: „Ach, Du hast also vor drei Jahren deinen ersten Roman veröffentlicht und jetzt den zweiten.“ Als hätte ich das so aus dem Ärmel geschüttelt. Aber das war definitiv nicht so!
Du schreibst also schon seit über zehn Jahren.
Ja, genau. Und nachdem das Manuskript schließlich fertig war, habe ich etwa 15 Verlage angeschrieben. Ein kleiner Verlag namens WesText in der Nähe von Köln hat sich schließlich gemeldet. Da habe ich natürlich direkt zugesagt. Später kam allerdings noch eine Zusage vom renommierten KBV-Verlag. Da war „Schweigende Wasser“ aber auch schon erschienen, und KBV interessierte sich für einen möglichen Nachfolger. Das war natürlich auch noch mal eine große Motivation, direkt mit dem Schreiben weiterzumachen! Dort ist Villa 13 ja nun auch erschienen. Und es ist toll, dass das Buch jetzt in Münster so viel Aufmerksamkeit erhält.
Wird es einen Nachfolgeband geben?
Ja, ich arbeite aktuell an Band drei der Reihe um Kommissarin Katharina Klein.
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