Der Geschichtsort Villa ten Hompel präsentiert etwa alle vier Wochen sein „Fundstück des Monats“. In diesem Monat ist es ein Sinnbild für die Entnazifizierung der öffentlichen Infrastruktur: ein angebrochenes Glasschild mit der Schrift „Verkehrslokal NSDAP“.
Am 26. Mai 1945, also 18 Tage nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht, gab der damalige Bürgermeister der Stadt Münster, Fritz-Carl Peus, dem Polizeipräsidenten folgende Anweisung: „1. Alle Inschriften der NSDAP müssen entfernt werden. […] 3. Beauftragen Sie die Polizei, alle ansässigen Bürger aufzufordern, solche Inschriften an privaten oder Geschäftshäusern zu entfernen oder unkenntlich zu machen. […]“
Das Objekt des Monats Februar kann daher als Sinnbild dieser Entnazifizierung der öffentlichen Infrastruktur gesehen werden: Es handelt sich um ein Glasschild mit der Beschriftung „Verkehrslokal NSDAP“. Solche „Verkehrslokale“ waren Gaststätten, deren Wirtsleute und Stammpublikum in der Regel Parteimitglieder waren. Die rechte Seite des Schilds ist vollständig erhalten, auf der linken Seite jedoch wurde das Hakenkreuz teilweise abgebrochen. Vermutlich hatten die damaligen Inhaber der Gaststätte „Dorfschenke“ in Wolbeck das Schild nach Kriegsende entfernt und zerbrochen, bevor es über Jahrzehnte auf dem Dachboden verschwand. 2013 wurde es dort wiederentdeckt. Seit 2015 ist es in der Ausstellung „Geschichte – Gewalt – Gewissen“ zu sehen.
Auf die Entnazifizierung von Gebäuden und Straßen folgte die personelle Entnazifizierung der ehemaligen NSDAP-Parteimitglieder: Zunächst auf unterschiedliche Weise in den Besatzungszonen durchgeführt, erfolgte ab Januar 1946 durch den Alliierten Kontrollrat der Versuch einer Standardisierung der Richtlinien. Hohe Parteifunktionäre, aber auch Helfer und Nutznießer wurden mithilfe eines Fragebogens in fünf Gruppen eingeteilt: 1. Hauptschuldige, 2. Belastete, 3. Minderbelastete, 4. Mitläufer und 5. Entlastete. Der Anspruch, die Besatzungszonen von Nationalismus und Militarismus zu befreien, konnte aber nur in Teilen umgesetzt werden. Zum Vergleich: In der amerikanischen Besatzungszone reichten zwar dreizehn Millionen Menschen einen Entnazifizierungsbogen ein, doch nur etwa zehn Prozent von ihnen wurden schließlich verurteilt. Weniger als 1 Prozent der zu Entnazifizierenden erhielt tatsächliche Strafen oder dauerhafte Nachteile.
Schilder und Inschriften konnten leicht zerbrochen oder abgetragen werden, aber das nationalsozialistische Gedankengut aus den Köpfen zu eliminieren, war sicher eine Herausforderung größeren Ausmaßes.
- „Für Christen nach wie vor unwählbar“ Studie der Universität Münster vergleicht schriftliche Positionen der AfD und der katholischen Soziallehre - 14. Juli 2024
- Atlantis in Sicht Aufbauarbeiten für das Kindercamp und Atlantis / Teile des Wienburgparks bis 17. August gesperrt - 9. Juli 2024
- Saisonauftakt im WBT: Vorverkauf geht los Bald wird am Wolfgang Borchert Theater die neue Saison 2024/25 eingeläutet / Zwei Neuproduktionen feiern im September Premiere - 6. Juli 2024