Neue soziale Kontakte knüpfen und potenzielle Partner*innen finden – das fällt in Pandemiezeiten schwer. Dabei fühlen sich gerade jetzt viele Menschen einsam. Auch Studierende haben es bei dem Thema nicht leicht. Statt vieler persönlicher Begegnungen innerhalb und außerhalb des Hörsaals, hieß es drei Semester lang: Vorlesungen alleine vor dem heimischen Bildschirm. Soziale Arbeit- und Philosophie-Studentin Nastasia Lehmann hat sich gefragt, wie Studierende der FH Münster in Zeiten von Social Distancing und geschlossenen Kinos daten und hat dafür fast 1.300 Studierende befragt.
„Besonders toll finde ich, dass so viele an der anonymen Online-Befragung teilgenommen haben. Ich denke, dass es ein wichtiges Thema für Studierende war und noch ist“, sagt Lehmann. Das zeigen auch die Studienergebnisse: Über die Hälfte der Befragten wünscht sich seit Beginn der Pandemie verstärkt eine feste Partnerschaft, doch fast alle empfinden es als schwieriger, potenzielle Kandidat*innen kennenzulernen. „Abstand und Distanz heißen neuerdings Respekt, Schutz und Fürsorge für sich selbst und andere. Das verdreht menschliche Beziehungen und Bedürfnisse, was viele Menschen herausfordert“, erklärt die Studentin. Für ganze 87 Prozent sei die Pandemie in Bezug auf das Dating belastend. Lehmann erfasste ihre Daten im Mai 2021 im Rahmen eines Theorie- und Praxisprojektes zum Thema Corona und den Veränderungen in der Gesellschaft bei Prof. Dr. Ruth Linssen und Prof. Dr. Hanns Rüdiger Röttgers. Die im Schnitt 24 Jahre alten Teilnehmenden sollten sich bei ihren Antworten auf den Zeitraum zwischen dem ersten Lockdown im März 2020 und der bundesweiten Notbremse im April dieses Jahres beziehen.
Ein Teil der Fragen befasste sich mit Online-Dating. „Das liegt im Trend – auch schon vor COVID-19. Ich wollte herausfinden, ob Apps und Co. das persönliche Treffen in Pandemiezeiten womöglich ersetzen“, sagt Lehmann. Laut ihrer Studie nutzte die Hälfte der Befragten vermehrt Dating-Apps, allen voran Tinder. Persönliche Treffen wurden dagegen seltener. 31 Prozent der Befragten verzichteten komplett auf „echte Dates“ und weitere 20 Prozent gaben an, sich weniger von Auge zu Auge zu treffen. Der häufigste Grund: die Angst, sich oder andere mit dem Virus anzustecken. „Für manche war es auch ausschlaggebend, dass die Corona-Maßnahmen kein persönliches Treffen erlaubt haben“, so die gelernte Erzieherin. Wirklich zufriedenstellend sei die virtuelle Alternative für die Studierenden aber nicht: „Im Online-Dating sehen die meisten Studierenden keine Option. Sie haben den persönlichen Kontakt vermisst, das war besonders auf psychischer Ebene belastend.“
Das Forschungsthema hat Lehmann überzeugt: „Ich kann mir vorstellen, eine weitere Befragung dazu zu machen – besonders zum Online-Dating. Mein übergeordnetes Forschungsinteresse gilt den Veränderungen und der Bedeutung des Datings sowie romantischer Liebe in der westlichen Konsumgesellschaft.“ Mit Prof. Dr. Laura Best vom Fachbereich Sozialwesen arbeitet die Studentin derzeit an einer Studie zu Herausforderungen und Gelingensfaktoren in der Trennungs- und Scheidungsberatung. Forschen zum Online-Dating möchte sie daher erst im kommenden Jahr erneut.
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