Münster hat sich in den letzten Jahren schon mit so einigen hübschen Titeln schmücken dürfen, aber auf diesen war Oberbürgermeister Markus Lewe sicher nicht scharf. Denn jetzt ist Münster die erste deutsche Stadt, in der sich die Bürger in einer Volksabstimmung gegen die Sonntagsöffnungen ihrer Geschäfte entschieden haben.
Schon nach einer guten halben Stunde waren zwei Drittel der Stimmbezirke ausgezählt. Aber die Initiatoren des Bürgerbegehrens bangten noch darum, ob auch die notwendige Zahl an Stimmen erreicht würde, damit das Ergebnis überhaupt gültig ist. Denn die Wahlbeteiligung war offenbar nicht besonders hoch, jedenfalls deutlich geringer als bei den letzten beiden Bürgerentscheiden zur Musikhalle und zur Umbenennung des Schlossplatzes. Gerade hatte der Moderator Joachim Temme noch gesagt, dass der gelbe Balken auf der Anzeigetafel verschwindet, wenn es soweit ist, da war er auch schon weg. Mit einem kurzen Jubel begrüßten die Anhänger des Bündnisses „Freier Sonntag für Münster“, dass sie das Quorum von 24.712 „Ja“-Stimmen für ihren Antrag überschritten haben. Am Ende waren es sogar 29.092 Stimmen für sie, bei 26.013 Gegenstimmen.
„Ein Sieg für die Demokratie!“, rief Georg von Heydebrand von der evangelischen Thomasgemeinde etwas überschwenglich aus. Gabi Beuing, die bei der Gewerkschaft Verdi für die Mitarbeiter im Handel zuständig ist und nach den wochenlangen Vorbereitungen sichtlich erleichtert war, äußerte: „Bin gut zufrieden.“ Matthias Lückertz von der Kaufmannschaft wirkte dagegen erkennbar enttäuscht, und OB Markus Lewe sagte, das sei „kein starkes politisches Signal“ und schade Münster im Konkurrenzkampf mit anderen Städten.
Im Mai hatte der Stadtrat beschlossen, dass die Kaufleute bis 2019 ihre Läden an einem Adventsonntag, beim Hansemahl und an dem Sonntag beim Herbstsend öffnen dürfen – zusätzlich zu einigen bereits bestehenden Sonntagsöffnungen. Dagegen hatte sich ein Bündnis aus Kirchen, Parteien, der Gewerkschaft Verdi und weiteren Verbänden zusammengefunden und im Sommer Unterschriften für ein Bürgerbegehren gesammelt, damit der Stadtrat diesen Beschluss wieder zurücknimmt. Dies hat er nicht getan, damit musste also dieser Bürgerentscheid durchgeführt werden, so sieht es die Gemeindeordnung für das Land NRW vor.
Nun haben also 52,79 % mit „Ja“ gestimmt, bei einer Wahlbeteiligung von 22,4 %. „Ich hätte mir ein klareres Ergebnis gewünscht“, meinte der evangelische Pfarrer Martin Mustroph, einer der Verantwortlichen für das Bürgerbegehren, „aber die Mehrheit ist schon eindeutig. Vor allem wenn man bedenkt, dass immer wieder versucht wurde, das Thema klein zu reden.“ Tatsächlich war von der Kaufmannschaft recht wenig Werbung für ihr Anliegen zu sehen, an einer gemeinsamen Podiumsdiskussion mit den Vertretern von kirchlichen Verbänden und Gewerkschaft wollten sie sich auch nicht beteiligen. Und die Kommunalpolitiker von CDU, der FDP und besonders von den Grünen hielten sich in den letzten Wochen sehr zurück, als würde sie ihr eigener Beschluss nicht wirklich interessieren. Sie fehlten auch am Sonntagabend bei der Auszählung. Anwesend waren dafür zahlreiche SPD-Politiker sowie einige von den Linken und der ÖDP, die sich in der Initiative engagiert hatten.
„Es war knapp,“ gab auch Bernd Bajohr zu, der Geschäftsführer des Verdi-Bezirks Münsterland, „aber es war ein gutes Ergebnis, gerade nach den Wirren der letzten drei Wochen.“ Denn viele glaubten, der Bürgerentscheid sei wegen der Gerichtsurteile hinfällig geworden. „Aber immerhin haben fast 30.000 Münsteraner in unserem Sinne abgestimmt,“ meinte Bajohr, „das hatte uns vorher keiner zugetraut.“ Und dann weist er noch darauf hin, dass der zuständige Dezernent des Stadtrats, Wolfgang Heuer, kurz vor der Abstimmung alle Ratsfraktionen angeschrieben hat, dass nun sowieso alle Verordnungen zu verkaufsoffenen Sonntage in Münster aufgehoben werden sollen. Die Stadtverwaltung will nun also neue Anträge dafür stellen, die den neuen strengen Vorgaben der Verwaltungsgerichte entsprechen. „Wäre das vorher gemacht worden, hätte man die Ausgaben für den Bürgerentscheid wirklichen sparen können,“ meinte Bajohr. Bei den künftigen Verhandlungen über die verkaufsoffenen Sonntage wollen die Initiatoren des Bürgerentscheids, darunter die Gewerkschaft Verdi und die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB), mit an den Runden Tisch.
Die Homepage der Stadt Münster zeigt das genaue Abstimmungsergebnis nach Wahlbezirken hier.
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