Allwetterzoo ist auch ein Forschungsort Mehr als 1000 Studien gab es bisher in Zoos des VdZ, der Allwetterzoo Münster ist aktiv daran beteiligt

Tierärztinnen des Allwetterzoos untersuchen den Gepardenkater Jabari. (Foto: Allwetterzoo Münster)

Es sind mehr als 1000 Beiträge zum besseren Verständnis von Wildtieren: Der Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) hat erstmals eine Erhebung über die Forschungsleistungen seiner Mitglieder vorgelegt. Der VdZ gilt als die führende Vereinigung wissenschaftlich geführter zoologischer Gärten im deutschsprachigen Raum, zu der sich 71 Einrichtungen in Deutschland, Österreich, Schweiz und Spanien zusammengeschlossen haben. Auch der Allwetterzoo Münster ist als außeruniversitärer Forschungs- und Bildungsort aktiv in der Forschung tätig und hat dazu beigetragen, dass in den vergangenen Jahren insgesamt 1058 wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht werden konnten.

Insgesamt erfolgten die Veröffentlichungen des VdZ, der bis 2014 „Verband deutscher Zoodirektoren“ hieß, in 284 unterschiedlichen Wissenschaftsjournalen und wurden anschließend 8991 Mal zitiert. Dabei erstreckten sich die Forschungsprojekte über alle Tiergruppen und eine Vielzahl von Fachgebieten.

Im Bereich Forschung werden im Allwetterzoo Münster zwei verschiedene Strategien verfolgt. „Zum einen nutzen wir unseren Tierbestand um die wissenschaftlichen Erkenntnisse über Arten zu gewinnen, die in der Natur nur schwer zu generieren sind. In unserem Fall umfasst dies vor allem die Themen Veterinärmedizin, Reproduktion und Verhaltensforschung“, erklärt Artenschutzkurator Dr. Philipp Wagner. „Hier führen wir eigene Studien durch, stellen anderen Wissenschaftlern unseren Tierbestand für ihre Forschungen zu Verfügung oder sichern unsere genetischen Ressourcen in Biobanken, zum Beispiel bei der EAZA (European Association of Zoos and Aquaria).“

Der Allwetterzoo kooperiert unter anderem mit Wissenschaftlern der Universitäten in Münster, Hannover, Osnabrück, Frankfurt, Pretoria (Südafrika) und der Universidade de Trás-os-Montes e Alto Douro (Portugal) sowie anderen nicht-universitärer Forschungsreinrichtungen wie dem Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) und dem Zoologischen Forschungsmuseum Koenig, ebenfalls ein Leibniz-Institut. „Durch unsere Forschungsarbeiten wurden unter anderem neue Erkenntnisse zur Reproduktion von Großkatzen gewonnen. Um die Zucht- und Haltungsbedingungen zu verbessern nutzen wir unsere Erkenntnisse aus der Freilandforschung, zum Beispiel an Elefanten und Nashörnern in den Bereichen Anästhesie, Konservieren von Spermien oder der Empfängnisverhütung“, so Wagner weiter.

Darüber hinaus will der Allwetterzoo Münster mehr über die bei ihm lebenden Arten und deren Lebensräume in der Natur erfahren. „Hier beteiligen wir uns an der Grundlagenforschung in den Bereichen Biodiversität, Evolution und Artenschutz – etwa in der Freilandforschung um die Auswilderung unserer Arten vorzubereiten“, sagt dazu Dr. Philipp Wagner. Dabei werden nicht nur Daten im Allwetterzoo, sondern auch in dem Zooeigenen Artenschutzzentrum in Kambodscha, dem ACCB erhoben. „Wir beschreiben neue Arten und verbessern unsere Kenntnisse, so zum Beispiel über Echsen, wir erfassen die Artenvielfalt in potentiellen Gebieten zur Wiederauswilderung und untersuchen das Verhalten von Wasservögeln nach der Auswilderung oder innerhalb unserer Zuchtprogramme.“

Das Team des Allwetterzoos beteiligt sich zudem an der Ausbildung von Studierenden. Dafür kooperiert der Zoo eng mit der Universität Münster, die im Rahmen von Lehrveranstaltungen das Zoogelände, die Tiere und Anlagen nutzen kann. Gemeinsam mit Partnern werden universitäre Abschlussarbeiten vergeben und Nachwuchswissenschaftler in ihren Promotionsarbeiten unterstützt.

Das Wohlergehen und die verantwortungsvolle Haltung der Menschenaffen­ standen mehrmals bei Treffen der „Great Ape TAG Meeting“ in Münster im Vordergrund. (Archivbild: Thomas Hölscher)
Das Wohlergehen und die verantwortungsvolle Haltung der Menschenaffen­ standen mehrmals bei Treffen der „Great Ape TAG Meeting“ in Münster im Vordergrund. (Archivbild: Thomas Hölscher)

Um das gewonnene Wissen einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln, halten die Mitarbeiter des Allwetterzoos regelmäßig Vorträge über ihre Studien und Erfahrungen und veranstalten akademische und nicht-akademische Tagungen am Standort Allwetterzoo. So fand unter anderem schon mehrmals ein Treffen der „Great Ape TAG Meeting“ in Münster statt. Im Fokus dieses Netzwerktreffens stehen das Wohlergehen sowie die verantwortungsvolle Haltung der vier Menschenaffen­gruppen Orang-Utans, Gorillas, Schimpansen und Bonobos. „Durch die Studien an unseren Zootieren kann Forschung gelingen, die ansonsten unmöglich wäre“, sagt Dr. Julia Kögler, stellvertretende Geschäftsführerin des Verbandes der Zoologischen Gärten (VdZ). „Letztlich haben alle Beteiligten in unseren gemeinsamen Artenschutzbemühungen bessere Chancen, die bedrohte Biodiversität zu erhalten, weil die Zoos seit vielen Jahren relevante wissenschaftliche Daten sammeln.“ Und diese Erkenntnisse können dazu beitragen, Schutzmaßnahmen für Tierarten in menschlicher Obhut und in der Wildnis gezielter zu planen und umzusetzen.

Im Zeitraum von 2008 bis 2018 waren die Mitglieder des VdZ an insgesamt 1058 wissenschaftlichen Publikationen beteiligt. Diese erfolgten in 284 unterschiedlichen Wissenschaftsjournalen und wurden anschließend 8991 Mal zitiert. Dabei erstreckten sich die Forschungsprojekte über alle Tiergruppen und eine Vielzahl von Fachgebieten. So konnte unter anderem ein wichtiger Beitrag zur stressfreien Entnahme von Blutproben bei Wildtieren geleistet werden. Ein umfangreiches Forschungsprojekt untersuchte, welche blutsaugenden Wanzenarten sich dafür eignen. Des Weiteren konnte vor dem Hintergrund der Bedrohung wildlebender Königspinguine durch die steigende Erderwärmung mittels einer groß angelegten Studie in zwölf europäischen und amerikanischen Zoos nachgewiesen werden, dass die Anzahl gelegter Eier pro Tier steigt, je mehr der Vögel pro Quadratmeter zusammenleben.

„Die wertvollen Tierbestände und Datenbanken der Zoos sind von großer Bedeutung für den wissenschaftlichen Kenntnisstand“, sagt Kögler. „Man muss sich nur vor Augen führen, dass von den schätzungsweise zehn bis 15 Millionen Pflanzen- und Tierarten auf diesem Planeten nicht einmal die rund 100 000 Spezies umfassend erforscht sind, die von der Weltnaturschutzunion IUCN hinsichtlich ihres Bedrohungsstatus‘ überwacht werden. Unsere Mitglieder sind unverzichtbar, wenn es darum geht, bestehende Wissenslücken über Tierarten zu schließen.“

In der Broschüre „Forschungsort Zoo“ finden sich neben Informationen über die Beiträge auch zahlreiche Beispiele zur praktischen Anwendbarkeit. Die vorgelegte VdZ-Broschüre fußt auf der folgenden wissenschaftlichen Publikation: https://jzar.org/jzar/article/view/471

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