Sieben langwierige VerhandlungstageKommentar  AfD verliert Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht 

Gudrun Dahme, Richterin und zusätzlich Pressesprecherin am Oberverwaltungsgericht war viel gefragt. Sie konnte für viele Pressevertreter*innen Licht ins juristische Dunkel bringen. (Foto: Isaak Rose)
Gudrun Dahme, Richterin und zusätzlich Pressesprecherin am Oberverwaltungsgericht war viel gefragt. Sie konnte für viele Pressevertreter*innen Licht ins juristische Dunkel bringen. (Foto: Isaak Rose)

Die „Alternative für Deutschland“ (AfD) hat ihr Verfahren gegen den Verfassungsschutz verloren. Sowohl sie als auch ihre Jugendorganisation „Junge Alternative“ durften und dürfen vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft werden.

Trotz der sieben langen Verhandlungstage wurde in der mündlichen Verhandlung nur wenig von Wert besprochen. Das, was ausschlaggebend für das Urteil ist, war auch vor der mündlichen Verhandlung bekannt. Dass die AfD den Prozess künstlich in die Länge gezogen hat, bleibt dabei als bitterer Beigeschmack. Der Senat ist überzeugt, dass “hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte” dafür vorliegen, dass “die AfD Bestrebungen verfolgt, die gegen die Menschenwürde bestimmter Personengruppen sowie gegen das Demokratieprinzip gerichtet sind”.  Bezug nimmt das Gericht auch auf die “in großem Umfang herabwürdigende Begriffe gegenüber Flüchtlingen und Muslimen”, die die Partei nutzt. Die vollständige Urteilsbegründung ist erst in einigen Wochen zu erwarten, dann aber auch öffentlich einsehbar.

Mahnwache des Bündnis “Keinen Meter den Nazis” und “innn.it”

Bereits zwei Stunden vor Urteilsverkündung startete die Mahnwache des “Keinen Meter den Nazis”-Bündnis in Kooperation mit der Petitionsplattform “innn.it”, die eine Petition für ein AfD-Verbotsverfahren startete und auf eine Millionen Unterstützer*innen zusteuert.

Die Polizei ließ den “Bannerdrop” vor Gericht nicht unbeobachtet und forderte die Träger auf, den Vorplatz zu verlassen und zur Mahnwache zurückzugehen. (Foto: Isaak Rose)
Die Polizei ließ den “Bannerdrop” vor Gericht nicht unbeobachtet und forderte die Träger auf, den Vorplatz zu verlassen und zur Mahnwache zurückzugehen. (Foto: Isaak Rose)

Dem Urteil entsprechend war die Stimmung auf der Mahnwache gut. Bündnissprecher Carsten Peters kommentiert das Urteil zwar als “erwartbar”, sieht sich aber in der Arbeit bestätigt. Das Urteil habe auch gezeigt, “wie wichtig stetiger Protest” und “Recherchearbeiten” sind. Im selben Atemzug kündigte er an, dass die “Aktivitäten gegen die AfD und andere Rechte nicht nachlassen” würden.

AfD Münster versuchte, dem Prozess beizuwohnen
Der Kreissprecher der AfD Münster, Helmut Birke, versuchte auch, Interviews zu geben. Aktivist*innen positionierten sich dabei allerdings mit Plakaten hinter dem AfD-Vorstand. Auch der Bundesvorsitzende Peter Boehringer blieb davon nicht verschont und musste seine Interviews deswegen im Gebäude durchführen. (Foto: Isaak Rose)
Der Kreissprecher der AfD Münster, Helmut Birke, versuchte auch, Interviews zu geben. Aktivist*innen positionierten sich dabei allerdings mit Plakaten hinter dem AfD-Vorstand. Auch der Bundesvorsitzende Peter Boehringer blieb davon nicht verschont und musste seine Interviews deswegen im Gebäude durchführen. (Foto: Isaak Rose)

Anders als an den anderen Verhandlungstagen versuchten zur Urteilsverkündung dieses Mal zwei Mitglieder der AfD Münster in den Saal zu gelangen. Sowohl der Sprecher der AfD Münster Helmut Birke, als auch der Ratsherr Richard Mol kamen zu spät und mussten vor dem Gerichtsgebäude warten. Statt Austausch mit dem Bundesvorstand erwartete die beiden ein offensichtlich anstrengender Schlagabtausch mit Antifaschist*innen vor Ort. Im Anzug und mit einem auffälligen giftgrünen Rucksack wurde der Ratsherr damit konfrontiert, dass er es möglicherweise versäumt haben soll, Wahlkampfstände für Münster anzumelden. Ob tatsächlich keine Anmeldungen vorliegen, konnte das Ordnungsamt der Redaktion nicht so kurzfristig bestätigen. Korrekt ist aber in jedem Fall, dass der Kreisverband bisher keinen Wahlkampfstand in Münster aufgebaut hat.

Wie geht es weiter?

Die AfD wird versuchen, das Urteil beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig prüfen zu lassen. Eine Revision ist allerdings nicht ohne Weiteres zulässig, weil das OVG das in ihrem Urteil bereits ausgeschlossen hat. Dazu müsste die Partei zuerst eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen. Für den Verfassungsschutz sind die Weichen mit dem Urteil für die nächsthöhere Einstufung gestellt. In den Fällen der AfD und der Jungen Alternative ist das der Status “gesichert rechtsextremistisch”, der dem Geheimdienst mehr Möglichkeiten der Beobachtung geben würde. Der vermeintlich aufgelöste rechtsextremistische “Flügel” der AfD wurde bereits so eingestuft und auch hier hat das OVG in Münster heute festgestellt, dass das nicht rechtswidrig war.

Die drei Berufsrichter und die zwei ehrenamtlichen Richter*innen gaben sich alle Mühe, der AfD ein faires Verfahren zu ermöglichen - auch wenn die Verzögerung offenbar ein wichtiger Teil der AfD-Anwälte war. (Foto: Isaak Rose)
Die drei Berufsrichter und die zwei ehrenamtlichen Richter*innen gaben sich alle Mühe, der AfD ein faires Verfahren zu ermöglichen – auch wenn die Verzögerung offenbar ein wichtiger Teil der AfD-Anwälte war. (Foto: Isaak Rose)

Das Urteil hat zwar keinen direkten Einfluss auf ein AfD-Verbotsverfahren, Befürworter*innen sehen sich allerdings bestätigt. So fand nach Urteilsverkündung ein “Bannerdrop” mit der Aufschrift “Das Urteil zeigt: AfD-Verbot prüfen” vor dem OVG-Gebäude statt. Sicher ist in jedem Fall, dass der Rechtsextremismus der AfD und der Umgang des Geheimdienstes und der Justiz damit, die Zivilgesellschaft und Presse noch lange beschäftigen wird.

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