Ziemlich beste Nachbarn Das Haus der Niederlande in Münster feiert sein 25-jähriges Bestehen - wegen Corona nur online und ohne den erhofften königlichen Besuch

Das Haus der Niederlande wurde am 15. Mai 1995 eingeweiht. In ihm sind das Zentrum für Niederlande-Studien, das Institut für Niederländische Philologie und eine große Fachbibliothek zusammengeführt. (Foto: Thomas Hölscher)
Das Haus der Niederlande wurde am 15. Mai 1995 eingeweiht. In ihm sind das Zentrum für Niederlande-Studien, das Institut für Niederländische Philologie und eine große Fachbibliothek zusammengeführt. (Foto: Thomas Hölscher)

„Das hier ist einer der Geburtsorte der Niederlande“, sagt Prof. Friso Wielenga in dem geschichtsträchtigen Gebäude am Alten Steinweg in Münster. Und es ist noch mehr. „Das Haus der Niederlande ist heute die Anlaufstelle für die deutsch-niederländischen Beziehungen im deutschsprachigen Raum.“

Ein Vierteljahrhundert ist es her, dass die damaligen Kronprinzen Willem-Alexander und Philippe durch die neue Einrichtung mit den Uni-Instituten liefen und sich deren Ausrichtung erläutern ließen. Fröhlich flachsten die jungen Männer – heute der eine König der Niederlande und der andere von Belgien – im benachbarten Friedenssaal im Rathaus beim Trunk aus dem Goldenen Hahn miteinander. Königlichen Besuch hätte sich Prof. Friso Wielenga auch für den 25. Geburtstag des Hauses in diesen Tagen gewünscht. „Wir hatten überlegt, König Willem-Alexander einzuladen“, sagt der Leiter des Zentrums für Niederlande-Studien (ZNS), das mit dem Institut für Niederländische Philologie und der 130 000 Bände starken Fachbibliothek unter einem Dach arbeitet. Aber Corona lässt grüßen, „gefeiert“ wird zurzeit online unter www.uni-muenster.de.

Am 15. Mai 1995 wurde das Haus der Niederlande im Krameramtshaus eingeweiht, in dem sich bis dato die Stadtbücherei Münsters befand. Ein harter Kampf um die Immobilie war vorausgegangen. Am Ende siegte die Historie: In dem 1589 erbauten Gebäude hatten die acht Delegierten der Niederlande während der Verhandlungen zum Westfälischen Frieden (1648) gewohnt, der den Dreißigjährigen Krieg in Deutschland und den Achtzigjährigen Unabhängigkeitskrieg der Niederlande beendete. Im Kaminzimmer war dann der spanisch-niederländische Vertrag unterzeichnet worden.

Prof. Friso Wielenga leitet das Zentrum für Niederlande-Studien im Haus der Niederlande. (Foto: privat)
Prof. Friso Wielenga leitet das Zentrum für Niederlande-Studien im Haus der Niederlande. (Foto: privat)

Im Zentrum für Niederlandestudien wie im Institut für Philologie würden Studenten auf den Gebieten Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur und Sprache ausgebildet, um zu begreifen, „wie beide Länder ticken“, erläutert Wielenga. Dabei stand es nicht immer gut um das Verhältnis. „Es war bilateral mal schwierig“, berichtet er. Das sei 1989 wohl auch der Grund für die Eröffnung des Zentrums gewesen. „Die Niederlande wollen nicht als 17. deutsches Bundesland wahrgenommen werden“, sagt der Wissenschaftler. Hier gebe es gewisse Empfindlichkeiten. Das Land habe immer im Auge: Wo bleiben wir? „Aber wir sind auch etwas leiser geworden“, sagt der Rotterdamer. So habe König Willem-Alexander unlängst seine Urgroßmutter, Königin Wilhelmina, dafür kritisiert, dass sie während des Zweiten Weltkriegs die Verfolgung der Juden in ihrem Land kaum zum Thema machte.

Das Zentrum für Niederlande-Studien im Haus der Niederlande ist an die Westfälische Universität Münster (WWU) angegliedert. Man erlangt hier unter anderem den regionalwissenschaftlichen Bachelor oder Master im Studiengang Niederlande-Deutschland-Studien. Das WWU-Institut für Niederländische Philologie widmet sich der Sprache der Niederlande und Flanderns. Mit über 400 Studenten ist es die wohl größte Niederlandistik-Einrichtung außerhalb der beiden (Teil-)Staaten. Laut Institutsleiter Prof. Gunther De Vogelaer studieren viele junge Leute auf Lehramt. „Von 2000 bis 2010 hat sich die Zahl der Schulen in Deutschland verdoppelt, in denen man Niederländisch lernen kann“, sagt er. Gerade in den Grenzregionen machten die Schulen dieses Sprachangebot, weil hier das Interesse auch am größten sei. Die Dialekte, die auf beiden Seiten der Grenze verstanden würden, fielen mehr und mehr weg, „und man will ja doch die Sprache des Nachbarn kennen“.

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