WLAN-Namen sind wie ein Blick in den Kopf Die Münsteranerin Helen Stelthove hat ausgefallene Netzwerk-Namen gesammelt, in zwei Wochen erscheint ihr Buch

Was für die meisten Menschen nur Häuserzeilen sind, ist für die Münsteranerin Helen Stelthove das Jagdgebiet für WLAN-Namen. Ihr Hund Johnny leistet dabei als Spürhund wichtige Dienste. (Foto: Michael Bührke)
Was für die meisten Menschen nur Häuserzeilen sind, ist für die Münsteranerin Helen Stelthove das Jagdgebiet für WLAN-Namen. Ihr Hund Johnny leistet dabei als Spürhund wichtige Dienste. (Foto: Michael Bührke)

„WLAN-Namen sind wie unsichtbare Plakate, die überall in der Stadt hängen“, findet die Münsteranerin Helen Stelthove und hat eine zunächst vielleicht etwas seltsam erscheinende Sammelleidenschaft für die vielen witzigen, politischen, intelligenten oder auch nicht so intelligenten Bezeichnungen entwickelt, die manche Menschen ihren WLAN-Netzwerken geben.

„Martin Router King“, „DrahtlosDurchDieNacht“, „GameOfPhones“ oder auch „Einhornschlachterei“ sind hierbei ein paar der fantasievolleren Sammlerstücke. Auf den Gedanken, sich mit diesen anonymen Botschaften intensiver zu beschäftigen, kam die Kommunikationsdesignerin allerdings durch einen Hotspot-Namen der sie, wie sie sagt, peinlich berührt hat. Eines Abends saß sie in der Straßenbahn und dann tauchte in der Liste dieser Name auf: „Ich dachte so: Wer teilt so etwas seiner Umwelt mit?“ Das Lesen der WLAN-Namen fand Helen Stelthove zwar schon vorher interessant, das sei wie eine kurze Unterbrechung des Alltags, sagt sie. Aber von dem Moment in der Straßenbahn an war es geschehen und es reifte der Plan, durch Deutschland zu reisen und WLAN-Namen zu sammeln. „Ich bin in den Zug gestiegen und nach Hamburg, Bremen, Düsseldorf, Dortmund, Köln, Frankfurt, Stuttgart, München, Nürnberg, Leipzig, Dresden und Berlin gereist“.

Ein Netzwerkname mit Sinn für Qualitätsjournalismus und einer, der auf den Ort des Interviews hindeutet. Immerhin. (Foto: Michael Bührke)
Ein Netzwerkname mit Sinn für Qualitätsjournalismus und einer, der auf den Ort des Interviews hindeutet. Immerhin. (Foto: Michael Bührke)

Am Ende hatte sie 2.400 Namen als Screenshots gesammelt, von denen sie meinte, dass sie dokumentierenswert seien. Das fand dann auch der renommierte Dudenverlag, in dem am 16. September ihr Buch „Pretty Fly For A Wifi: Das unvollständige Lexikon der WLAN-Namen in Deutschland“ mit einer Auswahl dieser Sammlung erscheinen wird. Zu jedem Namen gibt es eine kurze Erklärung. „Ich wollte aber nicht das Buch ‚Die 100 witzigsten WLAN-Namen schreiben‘, es geht mir mehr um einen aktuellen Querschnitt durch die Gesellschaft“, wie Stelthove betont.

Das Lesen der Namen in der Netzwerkliste des Handys sei wie ein Blick in die Köpfe der Menschen, wie eine Momentaufnahme der Themen, die Menschen heute beschäftigen. „Refugees Welcome“ habe sie gelesen, aber eben auch „Refugees not welcome“. Auch Trump taucht häufig auf „allerdings immer im negativen Zusammenhang“, wie sie schmunzelnd anmerkt. Oft sind es Wortspiele, mit denen die Nutzer ihre Netzwerke aus der Anonymität der automatisch vom Router vergebenen, technischen Namen herausheben möchten. Eines der beliebtesten basiert auf dem Hit „Pretty Fly (For A White Guy)“ von The Offspring, der in „Pretty Fly For A Wifi“ umgedichtet wurde und auch Stelthoves Buch den Titel gab.

Nahezu endlos wirken die Listen, die Helen Stelthove von ihren Reisen mitgebracht hat. (Foto: Michael Bührke)
Nahezu endlos wirken die Listen, die Helen Stelthove von ihren Reisen mitgebracht hat. (Foto: Michael Bührke)

Es ist die Heterogenität der Gedanken, die in den unterschiedlichen Namen zum Ausdruck kommt, erklärt die Autorin, „die kurzen Namen sagen so viel über die Menschen aus, die sich für diesen Begriff entschieden haben“. Oft entwickeln sich unter Nachbarn geradezu kurze Dialoge, wie Stelthove verblüfft festgestellt hat. So nannte ein Nutzer sein Netzwerk „Maybe“, ein anderer wählte daraufhin „Maybe not“. Wer weiß, vielleicht haben sich aus solchen anonymen Dialogen schon Freundschaften entwickelt. Oder Feindschaften. Inzwischen sei es schon ein bisschen wie eine Sucht, gesteht Helen Stelthove, „In Berlin hatte ich einen Migräneanfall, weil ich ständig angestrengt auf das Display meines Telefons geschaut habe“.

Von Apple hat sie die schriftliche Genehmigung, Screenshots ihres iPhones im Buch abdrucken zu dürfen, das Veröffentlichen der Namenslisten sei aus Sicht des Datenschutzes in Ordnung, da man die Erkennbarkeit des Netzwerks ja auch unterdrücken könne. Aber genau das möchten die vielen „Obi WLAN Kenobis“, „WLANia Trumps“ oder “Tyrion WLANnister“ vermutlich gar nicht. Das haben sie jetzt davon.

Auf Helens Instagram-Account könnt ihr euch ruhig auch mal umschauen!

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