
Nur selten hat ein Beitrag unsere Leserinnen und Leser so sehr bewegt, wie der über Mehmet Sarıpınar, dem ehemaligen Chef der „Flotten Bohne“. Von Stammkunden des Nachbargeschäfts über einen längeren Zeitraum systematisch rassistisch bedrängt, gab er schließlich sein Geschäft am Drubbel auf und kehrte Münster den Rücken. Schweren Herzens, wie er sagt. Am Sonntag gab es um 18 Uhr am Eisenman Brunnen an der Promenade ein Wiedersehen mit dem charismatischen Gastronomen. Gemeinsam mit Sarıpınar diskutierte der Leiter der Villa ten Hompel, Stefan Querl, über das Thema Zivilcourage. Eine bewegende Veranstaltung.

Eigentlich hätte der 41-Jährige Mehmet Sarıpınar allen Grund dazu, verbittert auf seine Zeit in Münster zu blicken. Monatelang wurden er und seine Mitarbeiterinnen von zwei Stammkunden eines Nachbargeschäfts sexistisch und rassistisch bedrängt, bis ein Bereichsbetretungsverbot dem Ganzen zumindest vorübergehen ein Ende bereitete. Doch nicht diese Ereignisse sind es, die dem ehemaligen Chef der „Flotten Bohne“ in Erinnerung bleiben, sondern die enorme Welle an Solidarität seitens der Bürgerinnen und Bürger der Stadt, „Das zu erleben, das war der Wahnsinn. Ihr seid der Wahnsinn!“. Wiederholt weist Sarıpınar während des Gesprächs darauf hin, dass Münster für ihn alles andere als verbrannte Erde sei, auch wenn er mit seinem mobilen Kaffeestand jetzt auf Deutschlandtour gehe. „Ich möchte nach all dem Ärger runterkommen und meine Mitte neu finden. Aber ich komme wieder!“, wie er verspricht.

Während des „Brunnengesprächs“ des Vereins „Dein Brunnen für Münster“ am Sonntag neben dem Eisenman-Brunnen nahe der Kreuzschanze, stand das Thema „Zivilcourage“ im Fokus. Ein Thema, zu dem Mehmet Sarıpınar, interviewt von Stefan Querl, viel zu sagen hat. „Wenn ihr hört, dass ein Mensch rassistisch angegangen wird, schaut nicht weg. Geht aktiv auf ihn zu. Fragt ihn, was los ist und ob ihr helfen könnt. Steht dem Betroffenen bei, begleitet ihn zum Beispiel, damit er weiß, dass er nicht allein ist.“ Rückblickend bedauert der Gastronom, nicht früher aktiv geworden zu sein und die Dinge zu lange mit sich selber ausgemacht zu haben. „Das würde ich beim nächsten Mal anders machen“, wie er sagt.
Ausdrücklich legten die Veranstalterinnen und Veranstalter im Vorfeld Wert darauf, dass die Meinung aller Anwesenden zu dem Thema gefragt sei. Gemeinsam sollten Ideen und Strategien entwickelt werden, die einen Beitrag zum Thema „Zivilcourage“ leisten zu können. Während Mehmet Sarıpınar von seinen Erlebnissen berichtete, war vielen der Gäste die Betroffenheit anzumerken. Ehemalige Stammgäste waren anwesend, um sich von „ihrem Mehmet“ zu verabschieden. Immer wieder kam die Frage, was sie als Gäste hätten tun können, zumal viele von der Situation gar nichts mitbekommen hätten. „Meine Gäste sollten in der ‚Flotten Bohne‘ einen Ruheort, einen schönen Platz mitten in Münster finden. Niemand sollte dort gezwungen sein, Stellung zu beziehen.“ Seine abschließende Bitte ist, dass Rassismus nicht salonfähig werden darf, dafür könne jeder einzelne täglich Sorge tragen.
Wer unsere Beiträge über Mehmet Sarıpınar nochmals nachlesen möchte, kann dies hier („Solidarität mit Mehmet“) und hier („Flotte Bohne weicht dem Hass“) machen.
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