„Sozial – ehrlich – gerecht – ökologisch – nachhaltig“, so beschreibt sich der Oberbürgermeisterkandidat Harry Seemann selbst auf seiner Internetseite. Bereits 2004 und 2009 hatte sich der Einzelkandidat den allgemeinen Wahlen in Münster gestellt. Als „Einzelkämpfer“, wie der Parteilose sich selbst gerne bezeichnet, hat er keinen Parteiapparat hinter sich und muss seinen Wahlkampf alleine führen.
Dies macht er sehr gerne mit seiner „Wahlkampfleeze“, einem mit Plakaten und Parolen gespicktes Fahrrad, das ihm, neben der Verteilung von Flyern, zur Verbreitung seines Parteiprogramms dient. Anhebung der Gewerbesteuer, freier öffentlicher Personennahverkehr in Münster, freies Internet, Live-Übertragung der Ratssitzungen sowie die Anhebung von Hartz IV gehören beispielsweise zu den gesetzten Zielen des Politikers.
Vertuschung von Zahlen und Fakten
Außerdem prangert Harry Seemann die Vertuschung von tatsächlichen Zahlen und Fakten durch die Bürokratie an. In Münster gäbe es beispielweise 15.000 Arbeitslose, aber nur wenige tausend offene Arbeitsstellen. Die Arbeitslosenzahlen würden da noch runter gerechnet. Zudem will Seemann eine sogenannte Schuldenuhr auf den Internetseiten der Stadt Münster etablieren, damit Bürgerinnen und Bürger direkt sehen können, wann und wie Gelder verschwendet werden.
Persönliche Haftung von Politikern ist ein weiterer Punkt auf seinen Wahlflyern. Konsequenterweise würde Seemann, sei er einmal als Oberbürgermeister gewählt, auch selbst für diesen Punkt einstehen. Wenn politische Entscheidungen negative Konsequenzen hätten, würde er sein Oberbürgermeister-Gehalt einsetzen, um damit eine Stiftung zu finanzieren. Für viele andere von ihm geforderten Punkte hat Seemann allerdings keinen Lösungsvorschlag parat.
Kostenloser Peronennahverkehr
Wie beispielsweise der kostenlose Personennahverkehr in ganz Münster finanziert werden könne, dazu fällt Seemann nur ein, dass doch die Geschäfte in der Stadt, die Interesse an Kundschaft hätten, diesen Posten übernehmen könnten. Mit einer der anderen Parteien kann sich der Langzeitsarbeitslose HartzIV-Empfänger nicht identifizieren. Als Jugendlicher sei er mal Grünen-Sympathisant gewesen, das hätte sich aber schnell gelegt.
Gelernt hat der 1955 in Billerbeck geborene Politiker Dekorateur und später, nach dem Tschernobyl-Unfall, zum chemisch-technischen Assistent umgeschult. Damals wollte der Mittzwanziger die Welt verbessern. Später wurde der 60-Jährige „taktisch nichtbestandener Fachangestellter für Bäderbetriebe“, wie es auf seinen Internetseiten heißt, auf denen ein lässiges Urlaubsfoto mit gelbem Schnorchel das Konterfeit des Oberbürgermeisterkandidaten zeigt.
Klinkenputzen in der Nachbarschaft
360 Stimmen hat der Kandidat selbständig in seiner Nachbarschaft gesammelt, um antreten zu können, teils durch engagiertes „Klinkenputzen“, wie Seemann sagt. Für Münster wünscht sich der OB-Kandidat ein gerechtes System, es gäbe zu viele Reiche, die etwas abgeben könnten.
Von seinen Mitstreitern im Wahlkampf fühlt sich Seemann oft ignoriert oder übergangen. Der Parteilose wird nur selten zu Debatten oder Diskussionsrunden eingeladen. Dafür gibt sich Seemann sehr bürgernah. Seine eigene Internetverbindung teilt er über WLAN kostenlos mit seinen Nachbarn, bei vielen Kundgebungen ist Seemann vor Ort, zeigt Flagge.
Soziale Gerechtigkeit
Regelmäßig seit vielen Jahren hält der OB-Kandidat an Montagen eine Mahnwache vor dem Rathaus, um auf soziale Themen aufmerksam zu machen und sich für mehr soziale Gerechtigkeit einzusetzen. „Politik bedeutet mitmachen, nicht Kreuzchen machen“, heißt es auf Seemanns Internetseiten. Mitmachen will Seemann auch weiterhin, auch, wenn seine Aussichten, tatsächlich Oberbürgermeister zu werden, doch recht gering erscheinen.