James Last betont, dass er sich mit seinen fast 86 Jahren immer noch an seine Aufnahmeprüfung für die Musikschule erinnert: „Was davon hängengeblieben ist, spiele ich jetzt“ – Dann wird erst einmal Bach verrockt, und anschließend zwischen der Bühne und dem Parkett zum Johann Strauss-Walzer getanzt. Spätestens bei der Polka „Wien bleibt Wien“ wird von fast allen in der der Halle Münsterland begeistert mitgeklatscht. Es ist noch keine halbe Stunde vom Konzert vergangen, aber das Publikum ist schon ganz eingenommen von dem großen Bandleader und seinem Orchester.
Vielleicht liegt es daran, dass James Last die Konzertbesucher nicht nur als Publikum anspricht, sondern als Gäste auf seiner Party begrüßt. Immer wieder ruft er mit verschmitzten Lächeln zum Tanzen, Bewegen oder Mitklatschen auf. Oder dazu, direkt zu ihm vor die Bühne zu kommen. Bis zum großen Finale trauen sich das dann immer mehr der vielen Partygäste, aber die meisten bleiben dann doch lieber sitzen und lauschen der Musik. Der Spaß an der Musik ist dabei der Leitfaden für diesen unterhaltsamen Abend – auch wenn es kaum vorstellbar ist, dass allen alles gefällt. Dafür ist das Programm zu unterschiedlich. Da folgt auf einen wunderbaren Block mit Film-Musik von „Rocky“ bis zum „Fluch der Karibik“ plötzlich „Roar“ von Katy Perry. Überhaupt lässt James Last nach jedem Lied , das etwas verträumt ist oder klassischen Big Band Jazz bietet, einen Top 40-Hit der letzten Jahre spielen. Nachdem bei dem Jazz-Standard „A Night In Tunisia“, das seine hervorragenden Trompeter im Stil von Chuck Mangione präsentieren, nur wenige Zuhörer mitwippen, flippen beim Pharrell Williams-Hit „Happy“ gleich anschließend nahezu alle aus. James Last ist erkennbar in dem Alter, in dem man nicht mehr allen gefallen muss. Aber offensichtlich hält er es nicht lange ohne diesen Zuspruch aus.
Überhaupt ist wunderbar mitzuerleben, wie der alte Herr im Silbersakko im Laufe des Abends immer mehr auftaut und beweglicher wird, nachdem er die Bühne anfangs noch mit sehr, sehr vorsichtigen Schritten betreten hat. Die großen Gesten sind aber nicht seine Sache, er leitet seine Band lieber mit kleinen, lässigen Handbewegungen. Seine Musiker wissen ohnehin, was sie zu tun haben. Und wenn es gerade nichts ist, dann machen sie Späße: Die Cellistin tanzt mit ihrem Instrument, die Geiger hüpfen auf und ab und die Trompeter gehen auf eine pantomimische Angeltour. Schließlich ist das ganze ja nur eine große Unterhaltungsshow – und James Last der Conférencier, der hier und da einen selbstironischen Kommentar einlegt. Zum Beispiel über seine oft sehr undeutliche Aussprache: „Wir Bremer nuscheln immer so“ meint er und erinnert sich an ein Interview, von dem selbst er bei der späteren Ausstrahlung nicht mehr viel verstanden hat.
Einer der Höhepunkte des Abends ist für ihn und sein Publikum der Block mit seinen erfolgreichen Eigenkompositionen: von „Games That Lovers Play“ und „Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung“ aus den 60er Jahren bis zu den unverwüstlichen Hits „Einsamer Hirte“ von 1977 und „Biscaya“ von 1981. Es erfüllt ihn noch immer mit erkennbaren Stolz, dass Quentin Tarantino seinen „Lonely Shephard“ für den Soundtrack von „Kill Bill“ ausgewählt und damit zum Kult erklärt hat. Auch wenn im dieser Film viel zu blutig war, wie er sagt.
Man ahnt, dass dieser Mann gerne mehr erzählen würde. Aber man merkt auch, dass es ihm Kraft kostet. Und die nächsten Auftritte stehen schließlich schon am Dienstag und Mittwoch an: in der Royal Albert Hall, wo es sicher noch etwas lebendiger zugehen wird als in Münster. Dass hier keine Zugaben drin sind, ist daher verständlich. Auch wenn die aktuelle Tournee, entgegen ihres Mottos „Non Stop Music“, die Abschiedstournee ist. Eigentlich schade.
Zum Abschied gibt es von Alles Münster eine extra große Bilderstrecke des Abends.
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