Zwischen Aasee und Prinzipalmarkt gibt es nichts, was Dir neu wäre? Die Wiedertäufer sind Dir vertraut, als ob Du einer von ihnen gewesen wärst und Stadtführungen sind sowieso nur was für Touristen? Wir haben die Probe gemacht und an der kulinarischen Altstadtführung von k3 teilgenommen. Eines können wir vorwegnehmen: In Münster versteckt sich hinter jeder Ecke eine neue Geschichte, eine spannender oder skurriler als die andere. Seltsam: Viele von ihnen haben mit Essen oder Trinken zu tun!
Das Wetter ist spätsommerlich schön und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Tour trudeln gemächlich beim Treffpunkt am Eingang zur Domkammer ein. Erstes Bekanntmachen untereinander. Außer mir nimmt noch eine Familie aus Borghorst teil, die Führung war ein Geschenk zur Goldenen Hochzeit. Kurz vor dem Start kommt dann auch unser Stadtführer, Georg Naumann, Jurastudent und vor fünf Jahren von Berlin nach Münster umgezogen. Fünf unterschiedliche kulinarische Stationen stehen auf dem Plan, erklärt er gut gelaunt und macht auch gleich klar, dass es nicht darum gehen wird, von einer zur anderen zu wandern nur um zu essen, vielmehr ginge es darum, die Stadt gewissermaßen durch die kulinarische Brille zu entdecken. Nach kurzer Strecke steht die kleine Gruppe beim Kiepenkerl mit seinen beiden gleichnamigen Restaurants. „Sehen Sie die rot-weißen Fensterläden? Die dürfen in Münster nur an Gebäuden angebracht werden, die entweder den Krieg überstanden haben, oder originalgetreu wieder aufgebaut wurden“, wie Naumann berichtet. Münster sei früher ein Handelskreuz gewesen, besonders Elemente aus dem Norden und dem Westen hätten Einfluss auch auf die Esskultur der Stadt gehabt und das würde sich bis heute auf vielen Speisekarten der Stadt widerspiegeln.
Erster Halt ist die Vinothek am Theater, wo den Teilnehmern eine kleine Weinauswahl angeboten wird. Georg Naumann berichtet von der Geschichte des Weins, von Mythen und Legenden und davon, dass Beethoven vermutlich seine Liebe zum Wein zum Verhängnis wurde. Bleizucker, der früher dem Wein zugesetzt wurde, hätte möglicherweise zu seiner Taubheit geführt. Zu unserem unverbleiten Wein gibt es glücklicherweise ein Stück Quiche als Grundlage, so fällt der Weg zur nächsten Station nicht ganz so schwer. Pinkus ist eine münstersche Institution, als Brauerei aber auch als urwestfälische Gastwirtschaft. Auf dem Tisch steht Pumpernickel, eine Spezialität im wahrsten Sinne des Wortes, nur wenige Bäckereien können dieses schwere, schwarze Brot backen. „16 Stunden muss der Pumpernickel im Ofen bleiben, das können die meisten Bäckereien gar nicht leisten“, wie unser Stadtführer weiß. Woher der seltsame Name stammt, ist nicht vollständig geklärt. Mehrere Versionen bietet Georg Naumann zur Auswahl, die Gäste können sich die schönste aussuchen.
Rund 30 Minuten bleiben wir an den jeweiligen Standorten, genügend Zeit für Essen, Trinken und Geschichten. Wenige Meter von Pinkus entfernt, wartet bereits der Chef der kleinen „La Bodega“ mit einem Tablett voller leckerer spanische Spezialitäten. Die Pandemie lässt es nicht zu, dass alle Teilnehmer gleichzeitig das urige Geschäft betreten, also gibt es Fingerfood im Schatten der benachbarten Diözesanbibliothek. Dazu gibt es Geschichten über den Warentransport in früheren Zeiten, vor allem rund um die Gewürze, die zum Teil mit Gold aufgewogen wurden. Danach wird es Zeit für einen Kaffee und der dampft auch schon bald von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf dem Tisch im Marktcafé. Auch hier weiß Naumann diverse Geschichten und Geschichtchen zu berichten. „Die Theke ist eine historische Zinn-Theke aus einem bekannten Pariser Café der 1930er. Schon Hemmingway und Arthur Miller sollen dort gesessen und ihren Kaffee getrunken haben.“ Nachdem Kaffee und Flammkuchen für neue Energie gesorgt haben, geht es zur letzten Station in der Salzstraße, Peters Schokowelt. Während die Tourteilnehmerinnen und -teilnehmer die Qual der Wahl unter den zahllosen Pralinen haben, berichtet die Besitzerin über Herstellungsprozesse, Firmengeschichte und vieles mehr, ein leckerer und informativer Abschluss des Stadtrundgangs.
„Zehn von zehn Sternen für diesen Stadtrundgang“ gab es von der Familie aus Borghorst, die Georg Naumann mit Applaus verabschiedet. Eines ist nach der Tour sicher, es gibt immer wieder Neues in Münster zu entdecken und eine Stadtführung kann auch für Münsterkenner eine spannende Angelegenheit sein!
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