Mehr als nur Platten abspielen Bevor Moguai das „Lilos“ zum Kochen gebracht hat, traf sich die DJ-Legende mit ALLES MÜNSTER zum Interview

Moguai brachte das Publikum im "Lilos" zum Kochen. (Foto: Basti E.)
Moguai brachte das Publikum im „Lilos“ zum Kochen. (Foto: Basti E.)

DJ Moguai gehört zu den ganz Großen der Szene, doch nur wenige wissen, dass seine Karriere in Münsters legendärem „Odeon“ begonnen hat, in dem er seinen ersten öffentlichen Auftritt hatte. In einem Keller am Hawerkamp übte er zuvor das Plattenauflegen. So war sein Gig am Mittwoch im „Lilos“ nicht nur ein Fest für die Gäste, sondern auch eine Rückkehr des DJs zu seinen musikalischen Wurzeln. Bevor es um Mitternacht losging, hatten wir die Gelegenheit zum Interview.

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Es ging los im Odeon bei dir hier in Münster. Bist du damals schon Max (Westbam, Anm. d. Red.) über den Weg gelaufen?

Ich wusste, dass er aus Münster kam. Aber wir kannten uns damals noch nicht, das kam erst später. Ich habe 10-15 Mal mit ihm aufgelegt, aber er hatte immer meinen Namen vergessen und irgendwann hat er sich dann doch erinnert (lacht). Seitdem waren wir uns dann sehr eng und haben auch Platten zusammen gemacht.

1998 hast du zusammen mit Phil Fuldner „The Final“ gemacht und die Titelmelodie von Captain Future in eine House Nummer umgewandelt. War das irgendwie ein Kindheitstraum?

Definitiv! Das kam eigentlich von einem Freund von Phillip, der hatte die Idee gehabt und ich habe gesagt: „Mega Nummer“! „Mega Manga Serie“, hab die als Kind immer geguckt und so entstand das einfach. Dann haben wir noch die Bildrechte bekommen für das Video.

Spielt man die Nummer überhaupt noch oder sagt man, das passt heute gar nicht mehr?

Ich habe die nie gespielt. Die passte überhaupt nicht in mein Set (überlegt) … Nein ich habe die, glaube ich, nie aufgelegt.

Deine Platte „U Know Y“ 2002 hat einen Part, in dem es heisst „…because you are the lucky ones“. War das ein Sample oder hat das irgendwer eingesprochen?

Das war ein Sample und zwar von Loleatta Holloway (Amerikanische Disco-, Soul- und House-Sängerin, Anm. d. Red.).

Oh echt? Die hat doch „Good Vibrations“ damals für Marky Mark eingesungen …

Genau!

Dicht gepackt war die Tanzfläche, als Moguai nach Mitternacht im Lilos aufgelegt hat. (Foto: Bastian E.)
Dicht gepackt war die Tanzfläche, als Moguai nach Mitternacht im Lilos aufgelegt hat. (Foto: Bastian E.)

Es ging ja direkt weiter. Juni die „U Know Y“, Juli die „Get On“ und ich finde, die „Get On“ ist immer noch eine geile Hymne!

Definitiv! Und ich überlege auch, die nochmal neu zu machen, weil die kennt ja heute keiner mehr (lacht).

Du hast viele Jahre auch bei 1Live im Radio aufgelegt. Machst du das heute immer noch? Wie fing das damals an?

Jeden Samstag mache ich das noch. Piet (1Live Moderator Piet Blank, Anm. d. Red.) wollte das nicht mehr jede Woche machen und dann wurde das immer mehr. Irgendwann wurde da auch eine ganz andere Sendung draus.

Du bist nicht nur DJ, sondern vor allem auch erfolgreicher Produzent und gefragter Remixer. Moby, Felix Da Housecat, Röyksopp, Beyonce, Britney Spears hast du geremixed, um nur einige zu nennen. Lass uns aber über die Sugababes und deinen Remix zu deren Song „In the Middle“ (2004) sprechen. Die Produktion war extrem erfolgreich in den Charts. Wie kommt so eine Zusammenarbeit zustande?

Die haben meine Nummer „U Know Y“ im Radio bei Pete (Pete Tong, Radio DJ bei BBC Radio 1, Anm. d. Red.) gehört und gesagt, sowas wollen sie gerne machen in dem Style. Und dann hat deren Produzent Brian Higgins mich angerufen. Ich erinnere mich noch, da war ich gerade zur Loveparade gelandet und im Hotel, als der Anruf kam. Ich habe dann gesagt, ich kann euch sowas produzieren und die meinten: Nein, wir wollen genau die Nummer haben. Daraufhin bin ich dann nach London geflogen und das wurde dann weltweit zu einer riesen Nummer.

Verdient man eigentlich gut an so einem Remix?

Nee! Du kriegst eine flat fee, eine Pauschale, und dann bist du da raus.

Was ich selbst immer von dir gespielt habe, war zum Beispiel „I don´t wanna lose my way“ von Dreamcatcher, oder „7 Colors“ von Lost Witness wo du Remixe von gemacht hast (sehr alte Platten, Anm. d. Red.).

Du kennst dich aber aus, mein Lieber (lacht).

Wann hast du eigentlich aufgehört, mit Vinyl aufzulegen?

2007 (überlegt), 2008. Das fiel mir ganz schwer, wirklich ganz ganz schwer, nicht mehr mit Vinyl aufzulegen. Ich habe wirklich auch lange Zeit immer noch meine Plattentasche als Backup dabei gehabt, falls mal was schiefgeht. Damals hat man noch nicht mit USB Sticks aufgelegt, sondern mit CDs. Die habe ich mir dann immer bedruckt oder beschriftet. Irgendwann war das digitale Auflegen dann auch so drin, dass ich Vinyl nicht mehr vermisst habe. Aber das hat lange gedauert.

Das digitale Auflegen hat die DJ Szene ja komplett verändert. Theoretisch kann jetzt jeder auflegen. Beispielsweise eine Paris Hilton auf der Tomorrowland 2019. Sowas hätte es in Zeiten von Vinyl nie gegeben. Wie denkst du darüber, dass jetzt quasi jeder DJ sein kann, der ein bisschen digitales Training kriegt?

Die sind ja keine DJs. Das sind Menschen, die Celebrities sind, und nur Musik abspielen. Ich finde zum DJing gehört mehr, als nur eine Platte abzuspielen. Das ist Kultur, ein Lifestyle. Das ist so, als würdest du Tennis auf der Konsole spielen. Da bist du auch nicht gleich Roger Federer (lacht).

Wo du gerade was mit Sport ansprichst. Du sammelst Skateboards, habe ich gehört. Bist du Titus Dittmann Fan?

Der Chef an den Reglern. (Foto: Bastian E.)
Der Chef an den Reglern. (Foto: Bastian E.)

Ohne Ende. Ja. Bei ihm habe ich mein erstes Board gekauft, da hat er noch in seiner Wohnung seinen Shop gehabt. Da war er noch Lehrer. Er hat dann ja langsam die Skateboard Szene übernommen. Das weiß ich noch sehr wohl. Auch meine ersten VANS, das habe ich alles da gekauft. Im Skaters Palace war ich allerdings nie. Ich war bei den ersten Münster Monster Masterships (Offizielle Skateboard Weltmeisterschaften, die 1981 in Münster auf einem Parkplatz ins Leben gerufen wurden, Anm. d. Red.), aber als Gast nur als Christian Seewald und Martin Van Doren da gefahren sind. Das ist ganz lange her.

In den letzten Jahren gab es vermehrt Retro Festivals, zum Beispiel die Mayday 2017 unter dem Titel „True Rave“, wo hauptsächlich DJ Legenden der ersten Stunde auflegen und Klassiker spielen. In deinen Sets sind mir Dave Clarke, The Prodigy, Peter Lazonby, Underworld und Daft Punk aufgefallen. Hast du noch Bock auf die alten Platten?

Manchmal ja. Aber ich mag jetzt nicht so Classic Events, da stehe ich nicht so drauf. Das ist dann halt so nur „alte Zeit“, wie eine Oldie Night. Ich finde es aber immer gut, wenn man mal so ein paar alte Sachen einbaut, weil die einfach geil sind und zeitlos.

Du kommst aus dem Ruhrpott, genauer gesagt bist du in Recklinghausen geboren und hast dort während der Pandemie im Autokino aufgelegt. Aber auch auf Schalke ganz allein im Stadion. Du hast für den Ruhrpott das Steigerlied neu produziert mit dem Landes Jugendchor NRW. Wie kam es dazu, war das ein Wunsch von dir?

Die haben mich angefragt. Über die Ruhrkohle AG kam das. Ich habe aber erstmal gesagt, das mache ich nicht, weil mir das zu heikel war. Das ist so eine tolle Nummer, das kann man eigentlich nur schlecht machen. Weil jeder, der das Steigerlied gut findet, würde sagen: Was hat der denn nur daraus gemacht? Aber die haben mir freie Hand gelassen, auch bei der Zusammenarbeit mit dem Chor. Und dann haben wir da eine „monumentale Hans Zimmer elektronische Nummer“ daraus gemacht, die ich auch sehr gut und passend finde. Nicht unbedingt besser als das Original, aber auf jeden Fall eine schöne Alternative.

Du hast 2003 das erste Mal auf der Loveparade an der Siegessäule aufgelegt. Ruft da Dr. Motte von Low Spirit persönlich an und fragt an, ob du die 20 Minuten Zeit hast?

Nein, Dr. Motte war das nicht (lacht). Aber es war schön, nun auch mal zu dem erwählten Kreis dazuzugehören. Da kommst du ja nicht so einfach rein.

Es gibt ja einige Künstler, die die elektronische Musik extrem mitgeprägt haben, die leider nicht mehr leben (Avicii, Mark Spoon, Erick Morillo, Keith Flint, Guru Josh). Avicii hast du persönlich gut gekannt. Wie hast du auf dich aufgepasst, dass du so fit geblieben bist über die Jahre?

Gesund leben, Sport, sich auch mal ablegen und zur Ruhe kommen. Alles etwas lockerer nehmen.

Du produzierst extrem viel, wenn man so auf die aktuellen und vergangenen Veröffentlichungen von dir blickt. Wie schafft man das alles, vorallem zeitlich? Ist unter der Woche daher nur Arbeit im Studio angesagt?

Immer so, wie es kommt, aber immer produktiv und vor allem immer mit einem Ziel. Sonst geht das nicht. Das war zum Beispiel die einzige gute Zeit der Pandemie, die Arbeit im Studio um viel Neues zu produzieren.

Was hast du aktuell für Projekte, über die du schon sprechen kannst?

Ich mache jetzt wieder ein paar Acid Nummern richtig Old School 303 mit dem Ramon Zenker von Hardfloor. Dann mache ich eine Nummer mit Watermät (Musikproduzent aus Frankreich, Anm. d. Red.), mit Paska, das ist der Bruder von Alog (elektronische Musikgruppe aus Schweden, Anm. d. Red.). Richtig viel Musik auf jeden Fall.

Was mich bei deinen relativ neuen Veröffentlichungen total überrascht hat, war die Nummer mit Dissolut „Adventures Of Babylon“. Ich habe echt erst gedacht, das ist was von Chase & Status aus England, so krass ist die Nummer.

Echt? (lacht) Ja, die Nummer fand ich einfach geil. Ich fand die Idee cool und ich mag das nicht, mir für alles irgendwie neue Namen zu geben, oder Projekte. Das bin ich ja halt, ich habe das ja gemacht. Wäre das jetzt Polka Rock oder Schlager, dann vielleicht nicht. Aber alles, was ich spielen kann, da kommt auch mein Name drauf.

Zum Thema Schlager kam tatsächlich eine Leserfrage. Könntest du dir vorstellen, Helene Fischer zu produzieren? Ich meine, Westbam hat damals Nena gemacht. Du dann Helene? (jetzt lachen wir beide…)

Würde ich machen. Warum nicht? Ich bin da nicht so. Es muss halt passen, die Idee muss stimmen.

Du hast quasi in allen Clubs und auf allen Festivals weltweit aufgelegt. Gibt es einen Ort, wo du immer wieder besonders gerne spielst?

Nature One! Das ist für mich wie mein Wohnzimmer. Da komme ich dann an auf die Mainstage und egal, ob da 50.000 oder 5.000 Leute stehen, vollkommen egal. Ich fühle mich da einfach sehr wohl. WOMB in Tokio ist auch einer meiner Lieblingsläden, wie aus Mad Max mit der Donnerkuppel, sieht der Club aus. Das absolute Highlight war jetzt vor kurzem in San Diego das Parq, das ist ein sehr geiler Club. Da habe ich gedacht: das gibt es ja gar nicht, das solche Clubs noch bestehen.

Du hast ja auch sechs Jahre in Santa Monica gelebt. Was ist anders an der amerikanischen Clubszene?

Ganz anders. Die sind da ein bisschen flotter drauf. Die wollen halt. Die kommen nicht abends gucken, ob Party ist, sondern die machen einfach Party!

Bestehen eigentlich Freundschaften über die Jahre unter DJs, beispielsweise bei dir die alte Kosmo Clique? Tom Novy, Andry Nalin, Tomcraft?

Gar nicht. Mit Tomcraft noch so ein bisschen, weil ich mit dem zwischenzeitlich eine Nummer gemacht habe (Tomcraft & Moguai feat. Ilira – Happiness 2020, Anm. d. Red.). Ansonsten kriege ich da nichts mehr mit. Ich weiß gar nicht, ob die überhaupt noch Musik machen. Ich hätte auch gedacht, dass man sich mal in Clubs oder auf Events trifft, aber irgendwie sind die alle wie weg. Ich weiß gar nicht, was die alle machen.

André, ich danke dir für das nette Gespräch.

Das Interview führte Bastian E., der selber mehrere Jahre als DJ Cooky in Münster, anderen Orten in NRW und in Berlin aufgelegt hat. Er ist Gewinner des Elevator DJ Contest Münster 2004 und war Gast-DJ bei Techno-Ikone Marusha in ihrer Radio-Sendung „Rave Satellite“.

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