Für die einen sind sie die idealen Fortbewegungsmittel, um unkompliziert kurze Strecken innerhalb der Stadt zurückzulegen, für andere ein ewiges Ärgernis, das fortlaufend im Weg steht oder im Straßengraben liegt, die E-Scooter. An den Start gegangen sind deren Anbieter im Juni 2019, heute gibt es in Münster drei Firmen zur Auswahl, Lime, Tier und als neuestes Familienmitglied Bolt aus Estland. Wer eher seiner eigenen Muskelkraft als der eines Elektromotors vertraut, hat in Münster noch das lokale Start-Up tretty zur Auswahl. Diese haben vor einiger Zeit ihre Flotte aus Tretrollern um muskelbetriebene Fahrräder erweitert. Ein Schritt, den vor kurzem auch der Anbieter Tier gegangen ist, allerdings der Firmenphilosophie folgend mit elektrisch unterstützten Pedelecs.
Dass dies nicht nur eine Reaktion auf die Vorlieben der Münsteranerinnen und Münsteraner für Zweiräder ist, betont Florian Anders, Pressesprecher des Mobilitätsanbieters aus Berlin: „Wir haben nicht nur in Münster unser Angebot von E-Scootern um E-Bikes erweitert. Auch in München, St.Gallen, Stockholm, Utrecht und vielen anderen europäischen Städten haben wir bereits Pedelecs im Angebot. In Köln, Berlin, Hamburg und anderen Städten stehen den Nutzerinnen und Nutzern auch E-Mopeds zur Verfügung.“ Damit soll bei Tier allerdings noch lange nicht Schluss sein: „Im nächsten Jahr wollen wir unser multimodales Angebot weiter ausbauen und auch in vielen anderen deutschen und europäischen Städten unser Angebot erweitern. Welche Fahrzeugtypen künftig in welchen Städten verfügbar sein werden, können wir aber zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht genau sagen.“
Optisch erinnern die wenig filigranen Pedelecs von Tier an die große Zeit der Mofas in den 1980ern, wobei der Anbieter nicht auf Modelle von der Stange zurückgegriffen hat: „Die E-Bikes, die in Münster im Einsatz sind, haben wir in enger Zusammenarbeit mit einem der führenden Anbieter entwickelt. Der Hersteller hat dabei unsere Anforderungen und Wünsche berücksichtigt und die Fahrzeuge nach unseren Vorgaben produziert. Neben der Benutzerfreundlichkeit haben wir großen Wert auf das Thema Nachhaltigkeit und speziell die Langlebigkeit gelegt“, so Anders. Offenbar haben die Anbieter hierbei auf einen der größten Kritikpunkte reagiert, die den E-Scootern anhaftet, den des kurzlebigen Wegwerfproduktes. Warum Tier und auch andere Anbieter ihre Fahrzeugflotten um Pedelecs oder elektrisch betriebene Mopeds erweitert hat, erläutert Florian Anders: „E-Scooter sind ideal für kurze Strecken von zwei bis zweieinhalb Kilometern. Für längere Strecken oder für den Transport von Einkäufen oder Gepäck bieten wir nun eine weitere Option, sich nachhaltig und flexibel durch die Stadt zu bewegen. In Münster kommen zudem die sehr gut ausgebaute Infrastruktur und fahrradaffine Nutzerinnen und Nutzer hinzu. Geteilte Mobilität ist oftmals spontane Mobilität und wir hoffen, dass viele Münsteranerinnen und Münsteraner unsere E-Bikes nutzen, wenn das eigene Fahrrad gerade nicht verfügbar ist.“
E-Scooter stehen nicht nur in Münster unter Kritik, vielen sind sie ein Dorn im Auge, auch manchen Stadtvätern und -müttern. So haben auch in Münster einige Ratsfraktionen im September angekündigt, eine Sondernutzungsregelung mit dem Ziel einzuführen, Auflagen und Gebühren für E-Scooter und sogenannte Free-Floating-Fahrräder einzuführen. Dass die Bereitstellung von Pedelecs eine Reaktion auf diese Ankündigung sei, dementier der Pressesprecher: „Nein, keinesfalls. Die E-Bikes für Münster waren schon länger in Planung und stehen in keinem Zusammenhang mit dem Thema Sondernutzung.“ E-Scooter finden neben vielen Fans auch eine ganze Reihe von Kritikern, die vor allem das „wilde“ Abstellen der Fahrzeuge auf Geh- und Radwegen kritisieren. Auch das Versenken zahlreicher E-Scooter im Rhein bei Köln hat Kritiker auf den Plan gerufen. Will Tier diesem Verhalten mancher Nutzer mit der Einführung der schwereren, größeren und optisch wertigeren Pedelecs entgegenwirken? Auch hier bestreitet der Pressesprecher einen Zusammenhang: „Die E-Bikes sollen unser bestehendes Angebot von E-Scootern ergänzen. Einen Zusammenhang zum Vandalismus in Köln besteht nicht, denn auch in vielen anderen deutschen und europäischen Städten haben wir in diesem Jahr unsere multimodale Flotte ausgebaut und um E-Bikes erweitert.“
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