Die Sängerin Zaz und ihre vielseitige Band lockten viele Liebhaber der französischen Lebensart in die Halle Münsterland. Begeistert wippten und tanzten fast alle zu ihren bekannten Liedern, wie „Les Passants“ oder „Je Veux“ und versuchten, hier und da mitzusingen.
Die zierliche, aber unglaublich energiegeladene Französin forderte die Zuschauer immer wieder zum Mitmachen auf. Und wenn sie das mit Worten tat, dann in ihrer Muttersprache. Dabei kam schnell heraus: das Publikum war zwar durchweg frankophil, aber nur zu einem Teil auch frankophon genug, um alle Ansagen zu verstehen. Da traf es sich gut, dass der Refrain von ihrem größten Hit „Je veux“ aus ganz viel „Papala Papapala“ besteht. Auch wenn daraus eher „La la la“ wurde, was die Sängerin zum herzhaften Lachen brachte. Ihren Wunsch, das Lied „La Pluie“ mit geklatschten Regengeräuschen zu begleiten, hat Zaz daher lieber kurz auf Englisch wiederholt. Das Ergebnis klang dann aber wirklich überzeugend – es entstand eine heimelige Atmosphäre zu dem eher ruhigen Pop-Walzer.
Im weiteren Verlauf hat sie es dann gelegentlich auf Deutsch versucht: „Lasst euch gehön!“ forderte sie auf. Nötig war’s nicht, dafür war das Programm schon mitreißend genug. Und vielseitig: auf Chanson-Klassiker wie „Sous Le Ciel De Paris“ folgten die moderne Soul-Grooves von „On ira“. Von Musette-Walzern und Jazz Manouche in der Tradition von Django Reinhardt & Co. brauchte die Band oft nur einen kurzen Schritt zu Elektro-Swing, Dubstep und anderen aktuellen Pop-Sounds zu gehen. Die schnellen und lauten Titel aus ihrem Repertoire kamen dabei viel häufiger zum Zug, als die leisen Töne von Chansons und Balladen, die sie ebenfalls beherrscht. Nur selten setzte Zaz sich alleine neben einen der beiden Gitarristen an ihren akustischen Instrumenten und ließ die anderen Musiker ruhen. Dafür gab es allerhand härtere Klänge zu hören, als so mancher erwartet hatte. So klang „Deterre“ von ihrem zweiten Album „Recto Verso“ überhaupt nicht mehr nach lässigem Jazz-Pop, sondern wie ein schneller Rocker aus den 80er Jahren. Dazu wurde passenderweise ein riesiger Tachometer auf die knallrot ausgeleuchtete Bühne projiziert, um das heftige Tempo des Liedes noch zu unterstreichen.
Überhaupt wurde den Zuschauern ein überbordendes Programm an Projektionen und Bühnendekoration geboten. Stimmige Filmchen oder Licht-Installationen begleiteten jedes Lied, manchmal erzählten sie eine eigene Geschichte. Dafür haben die Gestalter um den Regisseur und Grafiker Laurent Seroussi immer wieder auf die Bilderwelten von Comics zurückgegriffen. Schließlich werden in Frankreich „le cinéma“ und „la bande dessinée“, also die Film- und Comic-Kunst, schon lange wie selbstverständlich zum Kanon der hohen Künste gezählt, ebenso wie Musik und Architektur. Das Konzert von Zaz hat dies alles wundervoll verknüpft: es begann und endete wie einer der vielen romantischen Paris-Spielfilme in schwarz-weiß, in denen Maurice Chevalier ab 1929 auftrat. Tatsächlich wurde auf den Gaze-Vorhang vor der Bühne keine Schauspieler, sondern die Namen der Begleitmusiker von Zaz genannt. Im Abspann am Schluss kamen wie bei einem Film aber auch die vielen andern helfenden Hände hinzu. Dazu spielte der Pianist den Hit „Les Passants“ noch einmal instrumental, wie ein Begleiter zum Stummfilm.
Weitere Encores oder Zugaben gab es nicht, aber da hatten Zaz und ihre Band auch schon über zwei Stunden durchgespielt. Und die quirlige Sängerin, die eigentlich Isabelle Geffroy heißt, hatte sich zweimal umgezogen. Und auch ihr politisches und soziales Engagement unter Beweis gestellt: über ihr Projekt Zazimut sucht sie stets lokale Projekte, die sich zu unterstützen lohnen. In Münster war es der Verein Herzenswünsche e.V., der die Erlöse aus dem Merchandising dieses Abends erhalten sollte. Dass auch kleine Beiträge die Welt verbessern können, wollte Zaz mit der Geschichte vom Kolibri belegen, die sie auf deutsch vorlas: auch wenn der kleine Vogel mit seinem Schnabel nur wenig Wasser transportieren kann, trägt er doch seinen Teil zum Löschen des Feuers bei. Das darauf folgende Lied „Colibri“ erklang in dem swingenden Stil von Cab Calloway und seiner Big Band aus dem Cotton Club in Harlem, an dem sie sich immer wieder mal bediente. Dazu gehörte auch das typische Call and Response des „Hi-De-Ho-Man“, mit dem das Publikum wiederholt einbezogen wurde. Das verließ die Halle Münsterland durchweg zufrieden und glücklich. Erst im Sommer wird es wieder Gelegenheit geben, die Musik von Zaz live auf einer deutschen Bühne zu erleben, dann tritt sie auf den Freilichtbühnen von Dresden, Hamburg und Hannover auf. Überhaupt gibt es sie in Deutschland nur in kleinen Dosierungen zu sehen: diese Tournee machte nur in Fürth, Mannheim und Münster Station, auch im letzten November waren es nur drei Auftritte. Achtet also darauf, wenn Zaz in der Nähe angekündigt wird, diese Gelegenheit solltet ihr nicht verpassen!
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