Gesundheitsampel auf rot

„Für eine Änderung des Lebensstils ist es nie spät“, sagt Prof. Ulrich Keil. (Foto: S. Meijerink)

Bei Rot bitte innehalten: In einer farbcodierten Tabelle können Männer und Frauen im Alter zwischen 40 und 65 Jahren ablesen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für sie ist, innerhalb der nächsten zehn Jahre an Herz-Kreislauf-Krankheiten wie  Herzinfarkt und Schlaganfall zu sterben. Rauchverhalten, Cholesterinspiegel und Blutdruck sind in der Tabelle als wichtigste Risikofaktoren berücksichtigt. Ein Forscherteam hat diese SCORE-Risikotabelle zur Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Krankheiten (HKK) für die Bevölkerung in Deutschland jetzt veröffentlicht.

Ein Beispiel: Ein 60 Jahre alter Raucher mit hohem Cholesterinspiegel (310 mg/dL) und hohem Blutdruck (180 mmHg) hat  ein Risiko von 22 Prozent, binnen zehn Jahren an einer Herz-Kreislauf-Krankheit zu sterben; das Tabellenfeld ist tiefrot. Das Risiko für einen gleichaltrigen Nichtraucher mit niedrigem Cholesterinspiegel (150 mg/dL) und niedrigem Blutdruck (120 mmHg) liegt bei nur zwei Prozent – ungewöhnlich niedrig für die Altersgruppe, in der Tabelle gelb hervorgehoben. Das Risiko tödlich verlaufender HKK ist bei Männern höher als bei Frauen, und mit dem Alter steigt es an. Dagegen sind wir machtlos. Aber: Unseren Blutdruck und unseren Cholesterinspiegel können wir durch einen gesünderen Lebensstil beeinflussen, und wer Zigaretten und Zigarren abschwört, hat bessere Karten für ein langes Leben.

Zehn-Jahres-Risiko für tödliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Quelle: SCORE)

„Die Tabelle soll zum Nachdenken über die eigene Gesundheit anregen“,  erläutert Prof. Dr. Ulrich Keil, Gründer und – bis 2009 – langjähriger Direktor des Instituts für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Münster. „Es ist nie zu spät, Gewohnheiten zu ändern. Selbst wer sich in einem hellgrünen oder gelben Tabellenfeld findet, kann von Verhaltensänderungen profitieren. Denn Werte, die im Alter von 40 Jahren in der Tabelle noch harmlos erscheinen, können im Alter zu einem deutlich erhöhten Risiko führen.“

SCORE ist von der European Society of Cardiology (ESC) für Europa entwickelt worden, die Abkürzung steht für systematische Herzinfarktrisikobewertung (engl. Systematic Coronary Risk Evaluation). Die Risikotabelle für Deutschland wurde im Jahr 2005 erstmals von Keil und weiteren Forschern im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht. „Damals lag die Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Krankheiten in Deutschland deutlich höher“, sagt Keil. „Der starke Rückgang wurde durch bessere Vorbeugung und Therapie möglich. Alte SCORE-Tabellen geben das Risiko tödlicher HKK dadurch zu hoch an. Deshalb müssen wir sie regelmäßig neu kalibrieren. Zuletzt ist das 2005 geschehen. Die neue Version basiert auf Daten aus dem Jahr 2012.“ Für Menschen, die bereits einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt erlitten haben, gilt  die Tabelle nicht – bei diesen Personen ist das Risiko erhöht.

Ein Fachartikel mit der Tabelle erschien kürzlich im internationalen Fachjournal PLOS ONE. Da es sich um eine sogenannte Open-Access-Veröffentlichung handelt, kann jeder Interessierte kostenfrei über das Internet auf den Artikel zugreifen:

Rücker, Victoria et. al (2016): Predicting 10-Year Risk of Fatal Cardiovascular Disease in Germany: An Update Based on the SCORE-Deutschland Risk Charts. In: PLOS ONE 11(9). doi:10.1371/journal.pone.0162188, URL: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0162188

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