„Das Thema ist mehr als problematisch!“ Immer wieder Ärger mit den Taxi-Transportscheinen

Taxifahrten sind praktisch, vor allem, wenn sie einen vom Krankenhaus nach Hause bringen. (Foto: Bührke)
Taxifahrten sind praktisch, vor allem, wenn sie einen vom Krankenhaus nach Hause bringen. (Foto: Bührke)

Thomas Zeuch ist sauer. Schon zum zweiten Mal lehnte ein Taxifahrer seinen Transportschein ab, mit dem er von einem mehrtägigen Krankenhausaufenthalt kostenfrei nach Hause gebracht werden sollte. Zähneknirschend bezahlte er die Fahrten aus eigener Tasche. Zu Recht fragt sich der Mittsechziger, warum er sich neben der Belastung durch den Krankenhausaufenthalt auch noch ärgerliche Diskussionen mit den Taxifahrern antun muss, wenn er doch eine Bescheinigung der Klinik in den Händen hält, die ihm die Notwendigkeit der Fahrt bestätigt. Wir fragten nach.

Für Sven Kessler vom Vorstand der Taxi-Zentrale Münster ist das Thema alle andere als neu und offenbar auch ein großes Ärgernis: „Laut Statistik des größten Abrechnungszentrums in Deutschland sind 60 bis 80 Prozent der Transportscheine von Seiten der Aussteller falsch ausgefüllt und damit nicht abrechnungsfähig. Da diese Zettel maschinell eingelesen werden, reicht es, wenn sich ein Kreuz nicht in der Mitte des Kästchens befindet.“ Warum sich Menschen, deren Beruf es mit sich bringt, laufend Formblätter, Akten und Kurven korrekt auszufüllen, so oft vertun, ist zunächst schwer zu erklären. Für Jens Kuschel, Sprecher der AOK Nord-West, liegen die Ursachen beim Formblatt selber: „Das so genannte Muster 4 – die ärztliche Verordnung von Krankenfahrten – ist aufgrund der komplexen Regelungen im Paragraphen 60 SGB V nicht immer leicht für die Beteiligten anzuwenden. Es kommt in Einzelfällen immer mal wieder zu Fehlern beim Verordnen durch die Arztpraxen oder zu Missverständnissen bei der Interpretation der Verordnungen aufgrund von Sprach- oder Schriftbarrieren bei einigen Taxi-Fahrerinnen oder -Fahrern.“

Kompliziertes Formular

Bei Fahrten vom Krankenhaus, so wie bei Thomas Zeuch, sieht die Sache allerdings einfacher aus: „Bei Fahrten im Zusammenhang mit einer vollstationären Leistung handelt es sich um genehmigungsfreie Fahrten. Der Arzt muss in der Verordnung unter 1a den Grund ‚voll-/teilstationäre Krankenhausbehandlung‘ ankreuzen. Unter Punkt 3 kann dann bei ‚Art und Ausstattung der Beförderung‘ zum Beispiel ‚Taxi/Mietwagen‘ angekreuzt werden. Mit diesen Angaben in der Verordnung kann ein Taxiunternehmen, das über einen Leistungsvertrag mit den entsprechenden Krankenkassen verfügt, den Patienten befördern und die Kosten mit der Krankenkasse abrechnen“, erklärt Tobias Klingen, Sprecher der BARMER Landesvertretung Nordrhein-Westfalen.

Aus Sicht von Hilmar Riemenschneider, Sprecher der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, könnte auch eine neue Verordnung für Verwirrung sorgen: „Es gelten seit Jahresbeginn neue Transportscheine, auf denen für die Abrechnung die Standortnummer des Krankenhauses eingetragen sein muss.“ Fehlt diese, wird der Schein nicht anerkannt.

Eigentlich kein Wunder, dass dieser Schein regelmäßig falsch ausgefüllt wird. (Datei: BARMER NRW)
Eigentlich kein Wunder, dass dieser Schein regelmäßig falsch ausgefüllt wird. (Datei: BARMER NRW)

Für Sven Kessler von der Taxi-Zentrale Münster gestaltet sich das als Thema voller Stolperfallen: „Das häufigste Problem sind ambulante Fahrten. Ambulante Fahrten werden seit mehr als 15 Jahren von den Krankassen nicht mehr bezahlt, allerdings gibt es Ausnahmen bei bestimmten Pflegestufen, oder mit einer separaten Genehmigung der Krankenkasse, die im Vorfeld der Fahrt beantragt werden und per Zettel im Taxi vorgelegt werden muss. Diese Genehmigung muss für jede einzelne Fahrt erstellt werden! Ganz verrückt wird es, wenn Sie zum Beispiel einen OP-Termin in einem Krankenhaus haben, aber dieser Termin aus irgendeinem Grund abgesagt wird und Sie am selben Tag wieder zurück fahren wollen. Das gilt als ‚ambulant‘ und wird nicht bezahlt. Grundsätzlich muss bei jeder Krankenfahrt ein Eigenanteil von mindestens 5 Euro bezahlt werden. Auch da gibt es wieder Ausnahmen, die aber dem Fahrer nachgewiesen werden müssen. Wir als Taxi Genossenschaft rechnen pro Jahr ca. 4,5 Millionen Euro im Auftrag der Unternehmen mit den Krankenkassen ab. Man kann also nicht sagen, dass diese Transportscheine grundsätzlich abgewiesen werden, aber das Thema ist mehr als problematisch.“

Was kann man tun?

Was können also Thomas Zeuch und andere Patientinnen und Patienten unternehmen, um die Fahrten bezahlt zu bekommen? „Ich bitte die Kunden immer, uns den jeweiligen Transportschein im Vorfeld der Fahrt zu schicken, per Mail, Fax oder wie auch immer. Dann können wir ihn prüfen und damit den Fahrer entsprechend anweisen. Die Alternative ist, in Vorleistung zu gehen, sich eine Quittung ausstellen zu lassen und den Schein selber bei der Krankenkasse einzureichen.“

Krankenhausaufenthalte sind meist schon belastend genug. (Foto: Bührke)
Krankenhausaufenthalte sind meist schon belastend genug. (Foto: Bührke)

Jens Kuschel von der AOK setzt auf allseitige Information: „Für die Arztpraxen bieten wir zum Beispiel Schulungen und Informationsmaterial an. Für die Taxi-Unternehmer halten wir ebenso Unterlagen bereit und beraten diese bei auftretenden Fragen sehr intensiv. In Münster waren wir erst kürzlich bei Taxiunternehmen vor Ort, auch auf den Treffen der Taxiverbände, zuletzt Taxi-NRW, zu denen auch die Zentrale in Münster gehört. Unseren AOK-Versicherten raten wir darauf zu achten, dass die Verordnung möglichst korrekt ausgestellt wird, soweit dies möglich ist. Sofern der Taxi-Unternehmer die Verordnung nicht annimmt, sollte der Versicherte die Gründe dafür erfragen. Eine reine Ablehnung der Fahrt ist aufgrund der Verträge nach Paragraph 133 SGB V ausgeschlossen und führt hin bis zu Vertragsstrafen. Ist die Ursache in der fehlerhaften Verordnung zu suchen, ist die Arztpraxis möglichst um Korrektur zu bitten.“

Die meisten Krankenkassenvertreterinnen und -vertreter, bei denen wir angefragt haben, teilten uns mit, dass das Problem für Münster unbekannt sei oder nur aus Einzelfällen bestehen würde. Das könnte bedeuten, dass es entweder tatsächlich nur sehr selten auftritt, oder die Kundinnen und Kunden resignieren und die Fahrt selber bezahlen, ohne ihre Kasse darüber zu informieren. Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem Thema?

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