Coronavirus: Jeder will sich schützen Atemschutz und Co. in Münster nahezu vergriffen / Onlinehändler nutzen Angst in der Bevölkerung aus

Babette Podlinski (l.) und Corinna Ruhland (r.) von der Hohenzollern Apotheke in Münster. Auch dort ist das Coronavirus ein großes Thema. (Foto: Michael Bührke)
Babette Podlinski (l.) und Corinna Ruhland (r.) von der Hohenzollern Apotheke in Münster. Auch dort ist das Coronavirus ein großes Thema. (Foto: Michael Bührke)

Babette Podlinski und Corinna Ruhland von der Hohenzollern Apotheke kommen seit Tagen aus dem Erklären nicht mehr heraus. Geschätzt jeder vierte Kunde fragt nach Händedesinfektionsmitteln oder Mundschutz, beides ist nicht nur in dieser Apotheke jedoch schon längst nicht mehr erhältlich. Der Grund dafür ist der Coronavirus.

Für die angekündigte Lieferung von Händedesinfektionsmitteln führt die Apotheke eine Liste mit Vorbestellungen, die bereits eine beachtliche Länge hat. Eine Lieferung von Mundschutz oder Atemschutzmasken ist nicht in Sicht. „Dabei ist es auch Quatsch, prophylaktisch in der Öffentlichkeit einen Mundschutz zu tragen, um sich vor den Viren zu schützen!“, wie die Pharmazeutisch-technische Assistentin Podlinski sehr deutlich formuliert. Auch das Desinfizieren der Hände ist nicht notwendig, „Regelmäßiges Händewaschen und einfach darauf aufzupassen, was man anfasst, bietet einen ausreichenden Schutz“, erklärt die stellvertretende Filialleitung Ruhland. Neben der Kasse ihrer Apotheke steht ein Aufsteller mit Hinweisen zum Thema Händehygiene, „Durch gründliches Händewaschen mit normaler Seife reduzieren Sie die Anzahl der Keime auf den Händen auf ein Tausendstel!“, erläutert die Apothekerin.

"Ausverkauft" - in vielen Drogeriemärkten in Münster. (Foto: Thomas Hölscher)
„Ausverkauft“ – in vielen Drogeriemärkten in Münster. (Foto: Thomas Hölscher)

Die Masken machen nur Sinn, um andere zu schützen, wenn man bereits infiziert ist, wie die Expertinnen wissen. Dann würde man aber vermutlich ohnehin unter Quarantäne stehen oder im Krankenhaus liegen. Erstaunlich ist, dass Atemschutzmasken zwar kaum noch erhältlich sind, auf der Straße aber nur selten Menschen mit Mundschutz zu sehen sind. „Ich vermute, dass die Leute die Masken im Keller lagern und da helfen sie nun wirklich niemandem!“, befürchtet Babette Podlinski und ärgert sich ein wenig darüber, dass die Masken den Menschen weggekauft werden, die diese tatsächlich benötigen, zum Beispiel weil sie nach einer Krebstherapie immungeschwächt sind. „Ich vermute, dass manche diese Masken beim Reisen tragen, zum Beispiel im Flugzeug“, nimmt die Apothekenmitarbeiterin an.

In diesem Regal eines münsterschen Baumarkts sind sonst Staubmasken zu finden. (Foto: Michael Bührke)
In diesem Regal eines münsterschen Baumarkts sind sonst Staubmasken zu finden. (Foto: Michael Bührke)

„Jeder will sich schützen, das ist verständlich. Aber man muss differenzieren, ob sich ein gesunder Mensch in der Straßenbahn schützen will – oder ob in einer Praxis oder Krankenhausambulanz ein Arzt mit Verdachtsfällen umgeht“, ergänzt Thomas Benkert, Vizepräsident der Bundesapothekerkammer. Auch das Robert-Koch-Institut gibt zu bedenken, dass es derzeit keine Erkenntnis gibt, „dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes das Risiko einer Ansteckung mit dem Coronavirus für eine gesunde Person, die ihn trägt, signifikant verringert.“ Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht noch einen Schritt weiter und warnt, dass die Nutzung solcher Masken ein falsches Sicherheitsgefühl erzeugen könne und verweist auf zentrale Hygienemaßnamen wie beispielsweise eine gute Händehygiene und eine korrekte Husten- und Niesetikette.

Ein Mundschutz könne dann sinnvoll sein, wenn ein Patient mit einer Atemwegserkrankung beispielsweise in einem Wartezimmer sitzt. Damit er effektiv ist, muss der Mund-Nasen-Schutz enganliegend getragen und bei Durchfeuchtung gewechselt werden. Außerdem sollte er nicht mit den Händen berührt werden. In den meisten Drogeriemärkten in Münster sind sie ausverkauft, ebenso wie Mittel zur Handdesinfektion und Einweghandschuhe. Atemschutzmasken mit eingebautem Filter (auch FFP-Masken genannt, die es in den Schutzklassen FFP1 bis 3 gibt), sollen hingegen zum Beispiel Ärzte beim Umgang mit erkrankten Patienten vor Infektionen schützen. Sie gehören zusammen mit einer Schutzbrille und Handschuhen zur professionellen Schutzkleidung.

Die Preise für Atemschutzmasken schnellen in die Höhe. (Foto: Screenshot idealo.de)
Die Preise für Atemschutzmasken schnellen in die Höhe. (Foto: Screenshot idealo.de)

Nicht erst seit der erste Fall in Münster aufgetreten ist, haben viele Menschen Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus. In vielen Baumärkten in der Stadt sind Staubmasken nahezu vergriffen und sogar die Nachfrage nach Maleranzügen ist groß. Den Markt haben auch Onlinehändler inzwischen für sich entdeckt und scheinen die Angst der Menschen auszunutzen. So haben viele Verkäufer von FFP-Masken die Kurse enorm angezogen: Preisanstiege zwischen 100 und 500 % waren in den vergangenen Tagen keine Seltenheit.

 

Aktuelle Informationen zum Coronavirus in Münster gibt es im Onlineportal der Stadt Münster unter www.muenster.de/coronaallgemeine Fragen beantworten die Erklärvideos der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA):

Helfen normale Atemmasken gegen Viren?

Die Atemmasken, die in den Drogeriemärkten, Apotheken und Baumärkten frei erhältlich sind, schützen üblicherweise gegen Partikel, die größer als 0,6 Mikrometer sind, Coronaviren sind hingegen nur 120 bis 160 Nanometer klein. Ein Beispiel verdeutlicht die Maßstäbe. Würde ein mittelgroßes Staubpartikel mit einer Größe von 10 Mikrometern so weit vergrößert werden, dass es die Größe der Türme des münsterschen Doms hätte, würde eine normale Atemmaske im selben Maßstab alles aufhalten, was größer ist als ein Elefant. Das Coronavirus wäre in diesem Gedankenspiel allerdings gerade mal so groß wie eine Dogge, könnte also problemlos durch die Fasern der Maske wandern wie sein Herrchen durch den Wald.

Warum schützt die Atemmaske dennoch vor einer Ansteckung? Die Coronaviren sind glücklicherweise nicht einfach so in der Luft unterwegs, sondern in den Tröpfchen, die beim Husten oder Niesen von den erkrankten Personen ausgestoßen werden. Diese Tröpfchen wären in unserem Vergleich mindestens halb so hoch wie der Dom und würden problemlos von den Fasern der Atemmaske aufgehalten werden. Dennoch ist der Einsatz von Atemmasken nur beim Betroffenen zum Fremdschutz und bei den Menschen im unmittelbaren Umfeld des Erkrankten zum Selbstschutz sinnvoll, also zum Beispiel bei Ärzten und Pflegenden.
Wir halten euch zum Thema "Corona" in unserem Nachrichtenticker auf dem Laufenden: www.allesmuenster.de/corona

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