In einem münsterschen Verlag (münstermitte medienverlag) ist im November ein Buch erschienen, das uns neugierig gemacht hat: Der Titel lautet „Interview mit einer Stadt“. – Wie bitte geht das? Die Autorin heißt Mona S. Terium? Lasst euch den Namen mal auf der Zunge zergehen, schreibt das „S“ und das „T“ klein und nehmt den Punkt raus! Na? Genau: Monasterium! Da schreibt doch jemand unter einem Pseudonym! Da haben wir mal recherchiert…
Schritt 1: Anfrage beim Verlag
Genau: In dem Buch wird Münster, die Grande Dame Westfalens, – wie auch auf der Umschlagseite erzählt – interviewt. Und ja, es handelt sich um eine Autorin, die unter einem Nickname schreibt. Das macht ja alles noch viel interessanter. Wir fragen, ob denn die Autorin für ein Interview zur Verfügung steht. Kurzes Zögern beim Verlag, aber nach einer halben Stunde ist der versprochene Rückruf da. Es klappt! Die „TelKo“ steht in einer Stunde.
Jetzt aber los! Interview ohne im Gesicht des Gegenübers etwas ablesen zu können! Sympathische Stimme, ich gehe von um die 40 plus aus, Günni sagt älter, so 50 aufwärts. Sollen wir fragen? Tun wir! Vielleicht erst einmal etwas versteckt.
Schritt 2: Telefoninterview
AM: Hallo Frau Terium! Fein, dass es so schnell mit uns geklappt hat. Erzählen Sie uns trotz Anonymität – warum eigentlich ein Pseudonym – etwas von sich? Ist Münster ihre Heimatstadt? Wie lange leben sie hier schon?
MST: Gerne! Nennt mich ruhig Mona! Mein Autorenname ist bei den Vertragsverhandlungen im Verlag entstanden. Es war meine Bedingung, dass ich nicht unter meinem wahren Namen schreibe. Es gibt zwei Gründe für mich, die ich aber nicht näher erläutern möchte, das ist einerseits mein Arbeitgeber und das sind – viel wichtiger – meine Kinder. Ich bin 57 und lebe seit 51 Jahren in Münster. Ich kenne die Stadt wie meine Westentasche, auch wenn ich darin manchmal etwas suche.
AM: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Interview mit Münster zu führen?
MST: Ich habe mir gedacht, dass es doch einmal ganz erfrischend sein kann, die Grande Dame Westfalens selbst zu Wort kommen zu lassen. Es wird sonst immer nur über sie geschrieben, aber sie zu personifizieren – Was denkt sie wirklich? Was fühlt sie? Woran hat sie Spaß? – darüber hat noch niemand nachgedacht. Und ich habe dann einen manchmal etwas vorlauten aber immer sehr interessierten Reporter zu ihr geschickt.
AM: Warum ein Mann? Sie hätten sich ihr doch auch gegenüber setzen können.
MST: Das stimmt! Und meine erste Idee ging auch in diese Richtung. Aber Frauen können sich viel leichter als Männer gegenseitig „hochschrauben“ und einen Zickenkrieg entfachen – auch über Nichtigkeiten. Und die Gefahr war auf jeden Fall gegeben. Schließlich lasse ich sie auch Tacheles reden. Da war es besser, die Position des Interviewers mit einer neutralen Person zu besetzen. In diesem Fall ein Mann!
AM: Das ist eine gute Geschichte zu der Geschichte! Wie sind sie eigentlich auf die Fragen gekommen, die der Grande Dame gestellt werden? Sie fragen sie, wann sie sich zum ersten Mal erwachsen gefühlt hat und wofür sie besonders dankbar ist oder worauf sie besonders stolz ist.
MST: Ja, das sind die Fragen im Prolog, sozusagen zum Warmwerden. Nachher geht es ja pointierter weiter.
AM: Und wir erfahren sehr interessante Sachen über die Grande Dame, z.B. wenn sie zugibt, dass sie durch die zahlreichen Sommer-Events ganz schön ins Schwitzen gerät oder die Gesandten des Westfälischen Friedens für Kindsköpfe hält und die nach dem Orkan „Kyrill“ gepflanzten Promenadenbäume viel zu klein findet. Sie ist ja außerdem auch sauer, dass Essen 2010 Kulturhauptstadt Europas wurde und nicht sie. So geht es von Ihren katholischen Wurzeln bis in die Zukunft.
MST: Ja, sie hat Albträume, wenn sie daran denkt, dass ihr Wiederaufbau auch ohne die Bogengänge am Prinzipalmarkt hätte erfolgen können. Aber sie ist auch stolz darauf, dass „sie neue Medien und Katholikentag kann“.
AM: Ein Feuerwerk zündender Ideen!
MST: Das Ziel war, sich so weit wie möglich von einem herkömmlichen Geschichtsbuch, wie es schon zu viele über Münster gibt, zu entfernen und die Stadt selbst sich auch im Hier und Jetzt ihre Gedanken machen zu lassen.
AM: Kleines Outing am Rande: Als wir die Werbung gesehen haben und dann das Cover, sind wir zunächst darauf reingefallen: 793-2071. Die letzte Jahreszahl haben wir für einen Druckfehler gehalten und waren ganz sicher, dass es 2017 heißen musste. Aber sie blicken mit Fug und Recht ja genau bis 2071 in die Zukunft. Eine geniale Idee!
MST: Dankeschön! Der Schreck wegen des Covers war natürlich gewollt! Aber bitte verraten Sie hier nicht den Zusammenhang!
AM: Sie haben viele Ereignisse in Ihrem Buch, die bestimmt auch alteingesessenen Münsteranern gar nicht bekannt sind oder aber längst vergessen sind und auch in den üblichen Geschichtsbüchern über die Stadt und in den Zeittafeln nicht zu finden sind. Münster war der erste Ort auf dem europäischen Festland, an dem die Rolling Stones aufgetreten sind. Ulrike Meinhof hat ihren ersten öffentlichen Auftritt im Mai 1958 auf dem Schlossplatz. Im April 1972 fand die erste Demonstration für die Rechte Homosexueller statt und 1981 war die Stadt Schauplatz des 1. Deutschen Hausbesetzerkongresses. Wie sind Sie darauf gekommen?
MST: Ich habe eine umfangreiche „Münster-Bibliothek“, zu großen Teilen noch von meinem Vater. Es war mir wichtig auch Fakten – wenn Sie so wollen – abseits des Mainstream aufzuzeigen und die Grande Dame anlässlich solcher Ereignisse zu fragen, wie sie sich in ihrer Haut gefühlt hat.
AM: Politik und katholische Wurzeln prallen ja einige Male zusammen.
MST: Oh ja! Genau wie im wahren Leben! Das hat die Geschichte Münsters ja immer wieder gezeigt.
AM: Warum spricht ihr Reporter die Stadt mit „Madame“ an? Französische Friedensgesandte, Belagerung durch französische Truppen ….?
MST: Viel simpler! Wenn Sie schreiben, haben Sie die Protagonisten ja irgendwie vor Augen. Auch wenn es hier eine Stadt ist, habe ich sie ja personifiziert und hatte daher ein gewisses Bild einer charmanten älteren Dame vor meinem geistigen Auge, mit hochgesteckten Haaren, gediegen, kompetent, reich an Erfahrung, aber – ganz wichtig – auch jung geblieben. „Gnädige Frau“ war mir als Anrede zu spießig. So bin ich auf „Madame“ gekommen. Ich finde, das passt genau!
AM: Die Kapitel aus der neueren Geschichte der Stadt über den Wiederaufbau „Wie Phoenix aus der Asche des Krieges“ und Kiepenkerl-Image und Kunstmetropole „Wachgeküsst von der Kunst“ sowie Münster im 21. Jahrhundert „Triumphe, Träume & Tragödien“ halten ja bis auf eine ganz traurige Ausnahme aus 2018 etliche launige Episoden bereit, an die sich viele gerne erinnern werden.
MST: Ja, aber auch Tränen und Tragödien gehören zum Leben der Stadt dazu. Auch hier gilt: Das Leben ist kein Ponyhof!
AM: Mona, vielen Dank für das Gespräch! Eins ist sicher: Mit diesem Interview haben Sie der Geschichte Münsters eine ganz neue, faszinierende und gleichzeitig fesselnde Facette gegeben.
Das Buch "Interview mit einer Stadt" gibt es überall im Buchhandel, in ausgewählten Geschäften, bei Amazon und unter muenstermitte-medienverlag.de.
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