Neues aus der Talentschmiede Base-Berlin. Gestern Abend präsentierte das 11-köpfige Ensemble das aktuelle Programm „Back to Base“ im GOP.
Als Käpt’n der Laune, so stellt er sich selber vor, führt Showmaster Hieronymus durch den Abend. „Da haben Sie jetzt Pech, denn umschalten können Sie nicht“. Doch das haben sich höchst wahrscheinlich nicht mal die Gäste der ersten Reihe gewünscht, obwohl diese immer wieder unfreiwillig in die Gags des ernsten Komikers implementiert werden. Ganz vorne: „Böse Plätze“ eben, weiß Hieronymus. Mit derber und trockener Art springt das Publikum dennoch schnell auf ihn an.
Die erste akrobatische Einlage des Abends macht Kontorsionistin Vanessa Baier. Leicht bekleidet und nicht weniger grazil wird sich verbogen und spagatet was das Zeug hält. Für das Publikum sieht das alles verblüffend leicht aus. Kein Wunder, so lernte die 19-Jährige bereits mit 14 Lenzen ihr Handwerk an der Staatlichen Artistenschule in Berlin. Vanessas Showpartner Sven Böker verbiegt sich auf ihrem gestrecktem Bein.
Eine durchaus seltenere Darbietung im klassischen Varietéprogramm zeigt Florian Blümmel. Auf seinem Kunstrad zeigt er, dass seine Leeze wie von selbst fährt – mit ihm turnend oben auf. Auf Blümmels Konto gehen zahlreiche Titel im Kunstradfahren: 3x deutscher Meister, 1x Europameister und 2x Vizeweltmeister. Das Varieté ist neues Terrain für den 29-Jährigen und durchaus eine Umstellung: „Die klassiche Wettkampffläche beim Kunstradfahren misst 11×14 Meter, so groß sind Varietébühnen nur selten.“ Aber die Erfahrung macht sich bezahlt, „irgendwann spürt man, wann auf der Bühne Ende ist“, erzählt uns Brümmel nach der Show. Seine Titel sind ihm übrigens nicht wichtig, „viel mehr wert sind die Erinnerungen an diese Zeit“.
Was darf im Varieté nicht fehlen? Richtig, eine Hula Hoop Nummer. Diese zeigt im „Back to Base“ Programm Michele Clark. Mit höchster Präzision aber dennoch scheinbarer Leichtigkeit präsentiert die amerikanische Artistin ihre völlig eigene Interpretation des modernen Hula Hoops.
Vor der Pause erleben wir zwei weitere Akrobaten von der Artistenschule Berlin. Zu Musik der „Kings of Leon“ zeigt Andalousi Handstandakrobatik auf seinem mitgebrachten Sessel: Körperbeherrschung par excellence vermischt mit Elementen des Expressionistischen Tanzes, während die 20-jährige Elisabeth Schmidt im Anschluss mit kraftvoller Eleganz am Vertikaltuch brilliert.
Der Käpt’n der guten Laune scheint nach der Pause wie ausgewechselt. Er grins und lacht. Für kurze Zeit, dann ist er wieder ganz der Alte und zaubert was das Zeug hält. Einen Trick verrät er sogar.
Das Duo Complice aus Frankreich, bestehend aus Clélia Grélier und Fabien Milet, tanzt zum Klassiker „Mack the Knife“ in der Senkrechten an der Vertikalstange, als wäre es das Normalste auf der Welt. In ihrer Nummer scheint die Schwerkraft aufgehoben.
Wer kennt es nicht. Bevor man zweimal läuft, riskiert man lieber, dass alles runterfällt. So auch Komiker Daniel Forlano aus den Staaten. Beim Versuch, seinen schier riesigen Bücherstapel von links nach rechts zu bewegen, werden gleichzeitig die Lachmuskeln des Publikums zu Höchstleistungen animiert – Nahkampf-Slapstick pur.
Gänsehautfeeling pur liefert dann zum Abschluss der Afrikaner Jade Lee Petersen zu „Over the Love“ von „Florence + the Machine“. Eher selten in einer doch eher frauenlastigen Varieté-Sparte zeigt der Schlangenmensch, wozu der menschliche Körper – zumindest seiner – in der Lage ist.
Ein fulminantes Finale, bei dem jedes Ensemblemitglied in Kurzform abermals zeigt, was in ihm steckt, rundet „Back to Base“ mehr als angenehm ab: Ehrensache, dass Regisseur Pierre Caesar jedem Künstler seiner Mannschaft per Abklatschen dankt.
Eine Fotostrecke zu „Back to Base“ gibt es hier.
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