„Zuversicht ist das Einzige, was mir bleibt“ Glen Heger ist 21 Jahre alt. Während andere Menschen in seinem Alter Party machen oder Sport treiben, kämpft er gegen CFS.

Glen Heger leidet seit einem Jahr unter CFS. (Foto: Bührke)
Glen Heger leidet seit einem Jahr unter CFS. (Foto: Bührke)

Glen Heger wirkt auf den ersten Blick wie viele Jugendliche seines Alters. Schlank, sportlich und aktiv. Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus, jede Treppe ist eine Herausforderung und wenn der 21-Jährige zum Studieren nach Osnabrück  fährt, ist er nach der Bahnfahrt so kaputt, dass er am liebsten erst ein paar Stunden schlafen würde. Glen Heger leidet unter dem Chronischen Fatigue-Syndrom, kurz CFS.

„Es gibt unterschiedliche Ursachen für CFS, oft tritt es nach Viruserkrankungen wie zum Beispiel Covid-19 auf. Allein in Deutschland leiden bis zu 400.000 Menschen unter den Spätfolgen einer Coronaerkrankung, etwa ein Drittel von ihnen entwickelt CFS“, wie der junge Mann berichtet. Angefangen hat alles vor etwa einem Jahr. „Es gab Tage, an denen ich müde und unkonzentriert war, an anderen ging es dann wieder. Eines Tages hatte ich dann ein Gefühl wie Nebel im Kopf, das aber über Nacht wieder verschwunden war.“ Anfangs begegneten viele Menschen der ständigen Mündigkeit Hegers mit Unverständnis, „ich hörte ständig, dass ich einfach länger schlafen oder mich mehr an der frischen Luft bewegen soll“, Ratschläge, die für den Studenten keine große Hilfe waren.

Während andere Menschen in seinem Alter Party machen oder sportlich aktiv sind, kämpft der 21-Jährige gegen seine chronische Erschöpfung. (Foto: Bührke)
Während andere Menschen in seinem Alter Party machen oder sportlich aktiv sind, kämpft der 21-Jährige gegen seine chronische Erschöpfung. (Foto: Bührke)

Inzwischen ist die Müdigkeit chronisch, das Kurzzeitgedächtnis ist fast verschwunden, „ich weiß oft nicht mehr, wo ich den Schlüssel vom Auto oder dem Fahrrad oder das Handy hingelegt habe.“ Zwei bis drei Mal pro Tag muss Glen Heger schlafen, um einigermaßen durch den Tag zu kommen. Wo genau die Ursache für seine Erkrankung liegt, weiß der 21-Jährige nicht. Wenn er eine Infektion mit Covid-19 durchlebt hat, dann war diese so unauffällig, dass er sie nicht bemerkt hat. In seinem Blut wurde das Epstein-Barr-Virus nachgewiesen, das Pfeiffersches Drüsenfieber auslösen kann, ebenfalls eine häufige Ursache für CFS. Das Problem ist, dass rund 90 Prozent der Bevölkerung dieses Virus in sich trägt, ohne dass es je zur Erkrankung kommt.

Glen Heger hofft auf einen Fortschritt bei der Erforschung von CFS. (Foto: Bührke)
Glen Heger hofft auf einen Fortschritt bei der Erforschung von CFS. (Foto: Bührke)

„Ich habe große Zukunftsängste“, wie Heger bedrückt berichtet, „was ist, wenn die Erkrankung schlimmer wird? Es gibt Menschen mit CFS, die sich nur noch im Rollstuhl bewegen können oder bettlägerig sind.“ Das chronische Fatigue-Syndrom ist wenig erforscht, auch Heilungsansätze gibt es bislang kaum, „Mein Haupttagesgeschäft besteht darin, nach Lösungen zu suchen. Zuversicht ist im Moment das Einzige, was mir bleibt!“ Diese Zuversicht gibt ihm ein Forschungsprojekt der Uniklinik Erlangen, bei dem vier Patienten mit Long Covid, die unter CFS litten, ein experimentelles Herzmedikament namens BC007 verabreicht wurde, mit Erfolg. Zwar beginnen jetzt in Erlangen dank einer Millionenförderung durch das Bundes-Forschungsministerium klinische Studien, doch ob diese erfolgreich sein werden, ist noch nicht abzusehen und ob das Medikament dann für CFS-Patienten freigegeben wird, ebenfalls nicht. Bis dahin bleibt Glen Heger nur die Hoffnung.

6 Kommentare

  1. Ich bin auch von ME/CFS betroffen (ich mag die Bezeichnung CFS nicht so gerne, denn sie klingt sehr verharmlosend). Bei ME/CFS handelt es sich um eine schwere Multisystemerkrankung. Nicht nur die extreme Fatigue ist belastend, sondern auch die Belastungsintoleranz (PEM), Reizempfindlichkeit, Schmerzen an Muskeln und Gelenken, POTS etc. Der Artikel beschränkt sich hier sehr stark auf die Erschöpfung – aber leider widerspiegelt es meiner Meinung die Krankheit nicht. Das Hauptsymptom von ME/CFS ist die Zustandsverschlechterung und starke Erschöpfung nach Aktivität (auch nach alltäglichen Aktivitäten wie zb Zähneputzen oder duschen). Die Krankheit führt zu einer starken Behinderung und ist nicht nur unerforscht, sondern unterliegt einer starken Stigmatisierung. Ich bin mittlerweile seit 10 Jahren erkrankt und kann nur sagen, dass es einfach sehr belastend ist, wie allein man mit dieser Krankheit gelassen wird. Wir Erkrankte brauchen mehr Unterstützung von der Politik – es kann nicht sein das 17 Millionen Menschen daran erkranken und kaum Ärzte diese Krankheit kennen. Im Jahr 22 empfinde ich das als inakzeptabel. Leider führt diese Krankheit oft zum Suizid – obwohl es sich hier um eine pathologische Erkrankung handelt. Aber durch die nicht vorhandene medizinische Versorgung und Stigmatisierung fühlen sich viele Patient:innen so sehr im Stich gelassen und hilflos, dass sie keinen anderen Ausweg mehr finden. Trotzdem vielen Dank für den Artikel.

    1. Hallo Irena, herzlichen Dank für Deinen umfassenden Kommentar! Möglicherweise gibt es das Krankheitsbild in unterschiedlichen Ausprägungen, unser Artikel ist ja ein Interview und beschränkt sich daher auf das Einzelschicksal von Glen Heger. Dennoch wollten wir mit unserem Beitrag tatsächlich dazu beitragen, das Krankheitsbild stärker ins öffentliche Bewusstsein zu tragen und einen weiteren Impuls zu liefern, sich stärker damit auseinanderzusetzen, auch auf Forschungsebene.

  2. Hallo Glen, ich bin 32 und kämpfe mit einer ähnlichen Leidensgeschichte.
    Bei mir wurde mit 27 Jahren das EBV festgestellt und das wird wohl der auslöser für meinen Gesundheitszustand sein.
    Ich kann dir aus meiner persönlichen Erfahrungen mitteilen, dass mein Zustand in den letzten Jahren eher besser wurde. Der Körper möchte gesund sein und nicht krank – Kopf hoch, irgendwann geht es wieder aufwärts.

  3. Hey Glen, ich bin 23, ebenfalls Student und leide seit 7 Monaten auch an ME/CFS (vermutlich nach EBV). Im Moment tut sich zu ME/CFS durch die ganzen LongCovid Fälle zum Glück einiges. Die meisten Aktionen oder News laufen dabei auf Twitter, dort sind auch viele Ärzte vertreten, wie z.B. Frau Dr. Hohberger, die jetzt die Studie zu BC007 bei LongCovid Patienten durchführt.

  4. Von Herzen alles Gute für Glen. Das ist auf vielen Ebenen sehr belastend und dass so eine Erkrankung nicht so „offensichtlich“ ist, macht es nicht einfacher. Alles Gute!

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