Wieder Neonazis – wieder Protest in Münster Der "Freundeskreis Siegfried Borchardt" ist beim dritten Aufmarsch in Münster wieder auf lautstarken Protest gestoßen – und will am 24. Dezember wieder kommen

Die Polizei war bemüht, beide Demo-Gruppen voneinander getrennt zu halten. (Foto: Carsten Bender)
Die Polizei war bemüht, beide Demo-Gruppen voneinander getrennt zu halten. (Foto: Carsten Bender)

Wieder einmal haben es die Neonazis um den „Freundeskreis Siegfried Borchardt“ und die rechtsextreme Partei „Heimat Dortmund“ geschafft, große Teile von Münsters Innenstadt lahm zu legen. Dabei waren es gerade mal um 60 Personen, die heute dem Aufruf der Dortmunder zum dritten Aufmarsch in Münster gefolgt waren. Ihnen stellten sich an verschiedenen Plätzen entlang des Demonstrationszugs nach unserer Wahrnehmung deutlich mehr als das zehnfache an Gegendemonstranten entgegen, die dem Aufruf des Bündnisses „Keinen Meter den Nazis“ gefolgt waren. 

Die Polizei war dabei vor allem bemüht, beide Gruppen voneinander getrennt zu halten – was bei dem heutigen Streckenverlauf deutlich schwieriger war als bei den beiden Demos im Juli. Denn diesmal führte der rechtsextreme Aufmarsch vom Bremer Platz über Wolbecker und Friedrichstraße zum Verwaltungsgericht in der Piusallee, wo einige Reden gehalten wurden. Von dort ging es zurück bis zur Warendorfer Straße, um über die Mauritzstraße in die Nähe der Polizeiwache Innenstadt zu kommen.

Gegenseitigen Provokationen

Immer wieder kam es zu gegenseitigen Provokationen. Es begann mit lautstarken Protesten der Gegendemonstranten, während die Rechtsextremen sich an ihrem geplanten Startpunkt an der Ostseite des Bahnhof so nach und nach einfanden. Daraus wurden auch schon mal höhnische Ausrufe, weil den vielen Gegendemonstranten so wenige rechte Demonstranten gegenüber standen („Wo ist euer Aufmarsch? Wo, wo, wo ist euer Aufmarsch?“). Schließlich wurden laut Polizei aus den Reihen der Gegendemonstranten Farbbeutel geworfen, worauf einige Rechtsextreme versuchten, die Absperrung zu stürmen. Das brachte die Einsatzleitung der Polizei auf den Plan, die bei Verstößen gegen ihre Auflagen damit drohte, die jeweilige Versammlung aufzulösen.

Weitere Farbbeutelwürfe gab es allerdings am Verwaltungsgericht an der Piusallee, wobei auch einige Polizeibeamte getroffen wurden. Das führte zu einigen Strafanzeigen, sechs Personen wurden „zur Verhinderung weiterer Straftaten bzw. zur erkennungsdienstlichen Behandlung in Gewahrsam genommen“, wie es in der abschließenden Polizeimeldung heißt. Dem bundesweit bekannten Neonazi Christian Worch waren die Farbbeutelwürfe aber offensichtlich zu wenig an Protest der Gegendemonstranten. Mehrmals betonte der 69-jährige, dass rechte Demos in Münster in früheren Jahren mit Steinen oder Flaschen beworfen wurden und mitunter sogar Fernsehgeräte und Kühlschränke aus Fenstern auf sie gestürzt worden wären.

Viele junge Rechte neben altbekannten Neonazis

Auffällig war aber, dass neben alten und altbekannten Neonazis wie Christian Worch, Dieter Riefling oder dem Dortmunder Thomas „Steiner“ Wulff sich sehr viele junge Menschen an dem rechten Aufmarsch beteiligte. Ihre rechtsextreme Gesinnung präsentierten sie oft plakativ mit entsprechenden T-Shirts, die bekannte nationalsozialistische Sprüche zeigten, wie „In unserem Willen liegt der Sieg“ und „Gelobt sei was hart macht“ oder Symbole wie die „Schwarze Sonne“, ein internationales Erkennungszeichen der rechtsextremen Szene.

Als einer ihrer Sprecher hatte Christian Worch die Stadt Dortmund und die nordrhein-westfälische Justiz für den dritten Auftritt der Rechtsextremen in Münster verantwortlich gemacht – und die Polizei von Münster. Denn wenn die Stadt Dortmund es zugelassen hätten, dass der als „SS-Siggi“ bekannte Siegfried Borchardt eine in ihren Augen „würdige Grabplatte“ bekommt, wäre ihre Klage nicht vorm Oberverwaltungsgericht Münster gelandet. Und würde dieses den Fall nicht verschleppen, wie sie meinen, dann hätten der „Freundeskreis Siegfried Borchardt“ nicht zur Demo in Münster am 5. Juli aufrufen müssen. Als größten Gegner haben die Rechtsextremen inzwischen aber die Polizei Münster ausgemacht, die sie mit immer neuen Auflagen schikanieren würde.

Münster zeigt klare Kante gegen Neonazis

Dass es sinnvoll ist, diesen rechten Demonstrationen in Münster immer wieder Gegenproteste entgegen zu setzen, betonte Carsten Peters in seiner Rede zu Beginn der Versammlung am Bremer Platz. Denn in Münster gibt es keine aktive Nazi-Szene und auch die AfD hat es bisher nicht geschafft, hier Fuß zu fassen. „Wo sie auftauchen, gibt es Proteste und demokratische Gegenwehr“, meinte der Sprecher des Bündnisses Keinen Meter den Nazis. Das sei nicht überall so. „Wir wissen um die Entwicklung in vielen anderen Städten, wo dies nicht gemacht worden ist. Daher: Lasst uns die Nazis so empfangen und begleiten, dass ihnen die Lust vergeht wieder nach Münster zu kommen“, munterte Peters die Gegendemonstranten zum vielfältigen Protest auf.

Dazu fühlten sich im Verlauf des rechten Aufmarsches auch immer wieder einzelne Passanten aufgerufen, die – ohne den Schutz einer größeren Menge von Demonstranten um sich zu haben – ihre Meinung lautstark kundtaten. Als moralische Verstärkung für den Gegenprotest war am Bremer Platz der inzwischen deutschlandweit bekannte Bus „Adenauer SRP+“ vom Künstlerkollektiv „Zentrum für Politische Schönheit“ anwesend. Und die Glocken der Erlöserkirche schlugen sicher nicht zufällig sehr laut, als die rechtsextreme Demo direkt neben ihr vorbei zog – zumal ein ihrer Wand ein großes Transparent mit der Aufschrift „Unser Kreuz hat keine Haken“ hing.

Wird dies auch bei der angedrohten nächsten Demo vom „Freundeskreis Siegfried Borchardt“ und „Heimat Dortmund“ so ähnlich sein? Wie die Polizei Münster auf Anfrage unserer Redaktion bestätigte, ist die ausgerechnet für den 24. Dezember angemeldet worden.

Unsere umfangreiche Berichterstattung vom Tag über die Instagram-Storys könnt ihr hier noch einmal anschauen.

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