Ein Forschungsteam der Universität Münster hat im Rahmen eines vierjährigen Projekts untersucht, wie Kränkungen und mangelnde gesellschaftliche Teilhabe bei Musliminnen und Muslimen Ressentiments fördern – und wie diese Ressentiments im Zusammenspiel mit anderen Faktoren zu einer Radikalisierung beitragen können.
Wie es in einer Medienmitteilung der Universität heißt, empfinden etwa 20 Prozent der insgesamt rund 1.900 befragten Musliminnen und Muslime in Deutschland solche Ressentiments. Die Wissenschaftler betonen jedoch, dass diese Haltung nicht automatisch zu Extremismus führt. „Nicht jeder Radikale verspürt ein Ressentiment – und nicht jeder Mensch mit einem Ressentiment muss sich radikalisieren“, so das Team um Prof. Mouhanad Khorchide vom Zentrum für Islamische Theologie (ZIT) und Religionssoziologe Prof. Detlef Pollack.
Möglicher Risikofaktor
Die Studie zeige jedoch, dass solche Gefühle anfällig machen für islamistische Ansprachen, die gezielt Menschen mit Kränkungs- und Ausgrenzungserfahrungen ansprechen, um sie gegen die deutsche Gesellschaft zu mobilisieren. Ressentiment definieren die Forscher als verfestigtes Kränkungsgefühl, das positive Erfahrungen abwertet und zu einem einseitig negativen Weltbild beiträgt. „Ein positives Selbstbild wird dann oft nur durch die Abwertung anderer möglich“, erklärt Pollack. Diese Haltung gehe häufig mit Empörung, mangelnder Selbstkritik und geringer Lernbereitschaft einher.
Differenzierte Reaktionen auf Diskriminierung
Die Studie basiert auf quantitativen und qualitativen Erhebungen. Zwischen Juli 2023 und April 2024 befragte das Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas) im Auftrag der Universität knapp 1.900 Muslime mit Migrationshintergrund ab 18 Jahren. Die Befragten bewerteten unter anderem Aussagen wie „Wertvorstellungen von Leuten wie mir werden immer unwichtiger“ oder „Der Westen ist schuld daran, dass es vielen islamischen Ländern nicht gut geht“. Außerdem wurden mehr als 160 leitfadengestützte Interviews mit Personen aus türkisch- und arabischstämmigen Milieus geführt.
Dabei zeigte sich eine gemischte Gefühlslage: Viele reagierten differenziert auf Diskriminierungserfahrungen, besonders wenn sie sich auf persönliche Situationen bezogen. Pauschale Abwertungen gegenüber dem Islam lösten hingegen häufiger Ressentiments aus. Besonders anfällig dafür seien Menschen mit wenigen Kontakten zu Nicht-Muslimen und fundamentalistischen religiösen Überzeugungen.
Gesellschaftliche Teilhabe als Prävention
Prof. Khorchide fordert auf Basis der Studienergebnisse gezielte Maßnahmen, um das Zugehörigkeitsgefühl von Musliminnen und Muslimen zur Gesamtgesellschaft zu stärken. Dazu zählten etwa der Ausbau islamischen Religionsunterrichts an Schulen oder Initiativen in den sozialen Medien, die konstruktive Erzählungen über das Zusammenleben in einer pluralen Gesellschaft fördern. Auch Moscheegemeinden seien gefragt, um positive Erfahrungen von Muslimen in Deutschland sichtbarer zu machen.
Veröffentlichung im August geplant
Die vollständige Studie soll im August 2025 im Springer-Verlag veröffentlicht werden. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in der Förderlinie „Gesellschaftliche Ursachen und Wirkungen des radikalen Islam in Deutschland und Europa“ finanziert.
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